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Psychologie Was ein bedeutsames von einem glücklichen Leben unterscheidet

Frau auf kleinem Boot in einem ruhigen Fluss
© Jorm Sangsorn / Adobe Stock
Ein glückliches und ein bedeutsames Leben gehen oft Hand in Hand – aber eben nicht immer, erklärt Psychologe Roy Baumeister.

Ein Leben in Saus und Braus, in dem wir jedem unserer Gelüste nachgehen – und nachgehen können – wann immer es uns beliebt. Dieses Leben dürfte ein wahrlich glückliches sein, dafür würden wir schließlich selbst sorgen. Doch wäre es ein bedeutsames Leben? 

Auf die Straße zu gehen, für die eigene und die Freiheit von anderen zu demonstrieren, sich der Tyrannei eines Staates entgegenzustellen und dafür verprügelt, festgenommen und gefoltert zu werden. Dieses Leben hätte wohl eine große Bedeutung, wenn die eigenen Opfer irgendwann ihren Teil dazu beitragen würden, tiefgreifende Veränderungen eines ganzen Landes anzuregen. Doch wäre dieses Leben voller Entsagungen, Herabwürdigungen, Gewalt und Verfolgung ein glückliches?

Was macht uns glücklich im Leben, was macht unser Leben bedeutsam? Das sind Fragen, die sehr tief gehen können – und die vor allem auch sehr individuell beantwortet werden können. Gerade deswegen lohnt es sich aber, sich damit auseinanderzusetzen. Denn was uns persönlich Glück und Sinn bringt, sind letztlich die Dinge, in die wir unsere Energie stecken sollten.

Was Glück und Bedeutsamkeit überhaupt meinen

Was ist denn aber eigentlich "Glück"? Ein Begriff, bei dem viele Menschen instinktiv wohl eine ungefähre Vorstellung im Kopf haben mögen, die letztlich allerdings auch etwas recht abstraktes beschreibt. Nicht umsonst beschäftigen sich Glücksforscher:innen auf der ganzen Welt mit dem Thema Glück und Zufriedenheit. Man spricht in der Forschung von einem subjektiven Wohlbefinden, Psycholog:innen beschreiben es als häufiges Auftreten glücklicher Gefühle im Gegensatz zum seltenen Auftreten negativer Emotionen. Im selben Atemzug warnen sie allerdings vor sogenannter "toxischer Positivität", also dem Ignorieren oder Überspielen vermeintlich negativer Emotionen wie Trauer und Wut.

Glück kann man kaufen – so sagen zumindest unterschiedliche Studien: Eine kommt zu dem Schluss, dass Geld das persönliche Glück bis zu einem Jahresverdienst von 75.000 Dollar steigern kann, eine aktuelle aus 2023 sieht das Ende eher bei weit über 200.000 Dollar. Das sei auch von dem einzelnen Menschen abhängig und sowieso habe sich auch gezeigt, dass Geld allein nicht glücklich mache: Es gibt sehr wohl Menschen, die finanziell gut aufgestellt und unglücklich sind. Eine umfangreiche Harvard-Studie sieht den Ursprung von Glück auch ganz woanders: In den Beziehungen, die wir mit anderen Menschen pflegen und vor allem der Tiefe dieser Verbindungen.

Und wie ist es mit der Bedeutsamkeit eines Lebens? Viele Menschen sehen laut unterschiedlichen Untersuchungen den größten Sinn des Lebens vor allem in der Familie. Besonders hervorgehoben wird in dem Zusammenhang die Beziehung zu den Eltern, Geschwistern, Kindern und Enkelkindern sowie auch die Zeit, die man mit der Verwandtschaft verbringt, dem Stolz auf die Errungenschaften der Verwandten und auch der Wunsch, eine bessere Welt für die Nachkommen zu hinterlassen. Auch Karriere hat einen hohen Stellenwert für viele Menschen – wie so oft kommt es hierbei aber auch auf die Kultur an: In Italien haben beispielsweise fast die Hälfte der Befragten (43 Prozent) der Arbeit einen hohen Sinnwert zugeschrieben – im Gegensatz zu Südkorea (6 Prozent).

Was ein glückliches und bedeutsames Leben voneinander unterscheidet

Mit einer Studie, die die Unterschiede zwischen einem glücklichen und einem bedeutsamen Leben herausarbeitet, beschäftigten sich Roy F. Baumeister und seine Kolleg:innen – und zogen damit einige mediale Aufmerksamkeit auf sich. Muss man sich wirklich entscheiden zwischen beiden Arten von Leben? Ein glückliches und ein sinnvolles Leben würde oft Hand in Hand gehen, so das Ergebnis der Studie – aber eben nicht immer. 

  1. Glückliche Menschen befriedigen ihre Bedürfnisse – doch für ein sinnvolles Leben scheint das laut der Studie keine Bedeutung zu haben. Meint: Gesundheit, Reichtum und Leichtigkeit im Leben stehen mit Glück in Verbindung, aber nicht mit Sinn.
  2. Glück bedeutet, dass wir uns im Hier und Jetzt befinden – und daran etwas Schätzenswertes finden. Anders bei Sinnhaftigkeit, die sich mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt und der Beziehung zwischen ihnen. Weiterhin wird Glück als etwas Flüchtiges betrachtet, nicht aber Sinn, der länger andauert.
  3. Sinnhaftigkeit entsteht durch das, was wir anderen Menschen geben – Glück entsteht daraus, was sie uns geben. Beides hat zwar mit sozialen Beziehungen zu tun, doch während Glück eher mit den Vorteilen in Verbindung gebracht werden, die man als Individuum aus diesem Miteinander (beispielsweise Freundschaften und Romanzen) zieht, wird Sinnhaftigkeit mehr damit in Verbindung gebracht, was wir anderen geben, zum Beispiel die Erziehung unserer Kinder.
  4. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Sinnhaftigkeit mit einem höheren Maß an Sorgen, Stress und Ängsten in Verbindung gebracht wird. Die Beschäftigung mit herausfordernden und schwierigen Situationen, die über die eigene Person und das eigene Vergnügen hinausgeht, fördert also die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens – nicht unbedingt aber das Glück.
  5. Zuletzt wird Selbstverwirklichung als wichtig betrachtet für den Lebenssinn, nicht aber unbedingt für das Glück. Dinge zu tun, um sich selbst auszudrücken – beispielsweise die eigene persönliche, kulturelle, geschlechtliche Identität – gibt dem Leben Sinn, macht es aber nicht unbedingt glücklicher. 

Verwendete Quellen: ardalpha.de, greatergood.berkeley.edu, pnas.org, pewresearch.org, tandfonline.com

csc Brigitte

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