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Langzeitstudie Was Menschen auszeichnet, die 100 Jahre alt werden

Langzeitstudie: Eine alte Frau
© misu / Adobe Stock
Möglichst alt zu werden, steht für viele Menschen weit oben auf ihrer Wunschliste fürs Leben. Ein schwedisches Forschungsteam hat in einer umfangreichen Langzeitstudie untersucht, was Personen kennzeichnet, für die dieser Wunsch in Erfüllung geht.

Was vor einigen Jahrhunderten unvorstellbar war, ist heute für viele Menschen eine realistische Möglichkeit: 100 Jahre lang leben. Oder länger. Wer heute 100 Jahre alt ist, hat miterlebt, wie Kutschen von Autos abgelöst wurden. Wie sich Leute über Filme austauschten, die sie im Kino angeschaut haben, und später plötzlich alle über Fernsehshows sprachen. Wie es vielerorts zur Selbstverständlichkeit wurde, dass es alle paar Hundert Meter nicht nur Milch, Butter und Eier zu kaufen gibt, sondern Ananas, Sojawürste und Cookie-Dough-Schokolade. Und dass sich alles über Apps bestellen lässt, wenn man nicht vor die Tür gehen möchte. Wer heute geboren wird und 100 Jahre lang lebt, wird von Veränderungen erzählen, die wir uns heute nicht vorstellen können. 100 Jahre bedeuten viel Leben für einen Menschen. Wieso wird diese mittlerweile realistische Möglichkeit – noch? – nicht für alle Menschen Wirklichkeit?

Dieser Frage widmen sich seit Jahren Wissenschaftler:innen mit unterschiedlichen Ansätzen und ihre Arbeit hat uns bereits zahlreiche interessante Erkenntnisse geliefert. So wissen wir, dass Einsamkeit und chronischer Stress einem langen Leben im Weg stehen und dass es, wenn wir das Glück haben, nicht durch Unfälle, Infektions- oder Krebserkrankungen frühzeitig zu sterben, vor allem auf unsere Herz- und Gefäßgesundheit ankommt, wie alt wir werden. Ein Forschungsteam aus Schweden hat nun in einer umfangreichen Analyse ermittelt, ob sich bei langlebigen Menschen die Biomarker im Blut von Personen mit einer kürzeren Lebensspanne unterscheiden. So viel vorweg: Die Antwort lautet ja.

Blutproben von 45.000 Menschen untersucht

In die Untersuchung flossen Daten, unter anderem aus Blutproben, von rund 45.000 Menschen ein, die zu Beginn der Studie zwischen 64 und 99 Jahre alt waren und gegebenenfalls bis zu 35 Jahre daran teilnahmen. Im Laufe dieser Zeit starben von den Proband:innen 13,1 Prozent vor ihrem 80. Geburtstag (5851 Personen), 47,6 Prozent zwischen 80 und 90 Jahren (21.234), 36,6 Prozent zwischen 90 und 100 Jahren (16.327 Menschen) und 2,7 Prozent wurden älter als 100 (1224 Personen). Während die Forschenden in den Proben derjenigen, die ihren 100. Geburtstag erreichten, höhere Werte von Cholesterin und Eisen dokumentierten, fielen bei ihnen gleichzeitig im Vergleich niedrige Spiegel von Glukose, Kreatinin und Harnsäure auf. Letztgenannte Werte weisen insbesondere auf eine gesunde Nieren- und Leberfunktionalität hin. Abgesehen von den signifikanten Unterschieden in den Blutproben bemerkten die Wissenschaftler:innen in den Gruppen der früher Verstorbenen durchschnittlich eine größere Überernährung als unter den besonders langlebigen Menschen. 

Die untersuchten Marker und Daten können einerseits Aspekte der Lebensführung reflektieren, etwa Ernährungsweise, Beanspruchung des Organismus durch Bewegung, Beschaffenheit der Umgebung, und andererseits anzeigen, wie gut bestimmte Organe funktionieren. Beides hängt miteinander zusammen, allerdings lassen sich eindeutige Regeln à la "wer jeden Tag Haferflocken ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit alt" nicht ableiten. Zwar legen diese Daten zum Beispiel die Vermutung nahe, dass eine zuckerarme Ernährung ein langes Leben begünstigen könnte, oder eine Essroutine, die eher am Hungergefühl orientiert ist als an Tageszeiten. Doch letztendlich sind die Zusammenhänge in jedem Einzelfall zu komplex, um aus Durchschnittswerten zuverlässige Empfehlungen zu formulieren, die für alle Menschen gelten. 

Fazit

Bis wir mit Sicherheit wissen, was nötig ist, damit mehr Menschen ein ganzes Jahrhundert erleben, werden Wissenschaftler:innen noch einige Daten sammeln und auswerten müssen. So lange kann es kaum schaden, gewonnene Erkenntnisse in unsere Lebensweise mit einfließen zu lassen, um vielleicht bis zu einem Jahr durchzuhalten, in dem wir Mahlzeiten in Druckern zubereiten oder durch einen Gedanken unsere Heizung einschalten können. Doch ehe wir uns mit dem Versuch, möglichst lange zu leben und dafür alles richtig zu machen, allzu sehr stressen und dabei die Qualität unseres Lebens mindern, können wir es all den Generationen gleich tun, die vor uns gelebt haben, und damit bereits weit genug kommen: Unserem Gefühl vertrauen.

Verwendete Quellen: "Blood biomarker profiles and exceptional longevity: comparison of centenarians and non-centenarians in a 35-year follow-up of the Swedish AMORIS cohort" in "GeroScience", focus.de

sus Brigitte

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