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Das Ende der Diddl-Maus - ein persönlicher Abschied

Das war’s dann also – die Diddl-Maus ist tot, der Vertrieb wird demnächst eingestellt. Damit geht für die Kinder der 80er und 90er Jahre eine Ära zu Ende. Unsere Auszubildende Vivien Raßbach machte die Grinsemaus zur Dealerin. Eine Erinnerung.

Ich gebe zu: Ich habe gedealt. Mit Diddl-Maus-Papier. Vielleicht war es Schicksal. Bereits vor der Einschulung suchte ich mir einen gelben Scout-Schulranzen aus, der mit reichlich Käse und Mäusen geschmückt war. Damit war die Richtung vorgegeben.

Und als wäre ein bis zum Anschlag bepackter Rucksack und der farblich abgestimmte Turnbeutel für ein kleines Mädchen nicht schon schwer genug, musste auch noch ein dicker Ordner mit – voll mit Diddl-Maus-Papier. Um Geschäfte zu machen.

Es muss ungefähr in der zweiten Klasse gewesen sein, die Viertklässler gaben die Trends auf dem Pausenhof vor. Wir Kleineren konnten uns nicht erlauben zu ignorieren, was die cool fanden. Im Nachhinein kann ich mir selbst nicht so richtig erklären, was sonst der Grund für so viel Hingabe an eine unproportionierte, dödelige Maus gewesen sein sollte. Es herrschte Massenmaushysterie.

Jedenfalls wurde auf dem Grundschulgelände nach dem Pausengong nicht mehr um die Nestschaukel oder den Fußballplatz gekämpft. Nein, wir haben bunte Diddl-Ordner aufgeschlagen und die Inhalte getauscht. Fein säuberlich sortiertes Papier mit unterschiedlichen Mausmotiven – von steigender nach sinkender Priorität geordnet, nach Schönheit sortiert und in Schutzfolien verpackt. In allen denkbaren Größen, Formen und Farben, mit und ohne Glitzer. Einige Zettelmotive hatte ich als ganzen Block. Die tauschte ich natürlich gerne. Andere wiederum hatte ich nur in einfacher Ausführung – da musste schon einiges her für einen Handschlag. Geweint wurde nie, denn die Regeln waren klar: Qualität für Qualität. Bei guten Freunden drückte man auch mal ein Auge zu und tauschte Quantität gegen Qualität.

Vivien Raßbach hat auch heute noch einen Diddl-Ordner im Regal stehen
Vivien Raßbach hat auch heute noch einen Diddl-Ordner im Regal stehen
© privat

In den verrücktesten Zeiten wurde selbst meine Mutter eingebunden, die im Internet Schlachten um Unikate auf Plattformen wie eBay führen musste. Nach erfolgreichem Kampf legte sie einzelne Blätter unter den Weihnachtsbaum. Sie haben mir große Freude bereitet.

Vom Dealen bin ich losgekommen, in meinem Leben hat es sich längst ausgediddlt. Überdimensional große Mäusefüße wurden mittlerweile von einem überdimensional großen Katzenkopf abgelöst: Hello Kitty hat nicht nur in den Kinderzimmern Einzug gehalten. Aber ich bin froh, dass Diddl mir etwas sehr Wichtiges beigebracht hat: Mit mir zu verhandeln, ist kein Kinderspiel. Heute würde ich zwar auch Diddl-Blätter verschenken, aber versuchen Sie bloß nicht, mir mein Lieblingsmotiv abzuschwatzen – da müssten Sie schon einiges auf den Tisch legen ...

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