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Ein Neuanfang für Julia Karnick

Fast acht Jahre lang hat Julia Karnick für BRIGITTE Kolumnen geschrieben. Nun möchte sie nicht mehr. Lesen Sie hier ihren letzten Text zum Abschied - und wie es weitergeht.

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Vorhin, bevor ich aus dem Haus ging, musste ich einen Blumenstrauß und einen Dankesbrief überreichen und dabei ein bisschen weinen. Ich musste mich von Olga verabschieden, die jahrelang bei uns geputzt hat - heute das letzte Mal. Olga hat gekündigt. "Es tut mir leid, Sie sind so nette Familie, ich war immer sehr, sehr gern bei Ihnen, aber jetzt möchte ich nicht mehr putzen." Olga hat sich zur Masseurin fortbilden lassen: "Nicht böse sein, bitte." Wieso sollte ich böse sein? Ich war verzweifelt. Ich fuhr ins Büro, ich sagte: "Etwas Furchtbares ist passiert, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll." - "Dein Mann hat dich verlassen", sagte eine Kollegin. "Schlimmer", sagte ich, "meine Putzfrau will sich trennen." - "Ach du Scheiße", sagte die Kollegin, "gute Putzfrauen gibt's noch seltener als gute Männer."

Auch heute Nachmittag werde ich ein bisschen weinen müssen. Ich muss mit meiner Tochter Abschied feiern von den Lehrerinnen, in deren Klasse sie drei Jahre lang ging. Drei Jahre lang ist meine Tochter Morgen für Morgen fröhlich zur Schule gegangen - es sind wirklich gute Lehrerinnen, von denen sie sich nun verabschieden muss. Sie hat einen rührenden Abschiedsbrief geschrieben. Meine Tochter hat gesagt: "Ich will nicht in die Siebte, es soll alles immer so bleiben wie es ist!" - "Ich kann dich verstehen", habe ich gesagt, "andererseits: Stell dir vor, mit 16 gehst du das sechste Mal in die sechste Klasse. Auch doof, oder? Freu dich über die schöne Zeit, die ihr zusammen hattet, aber freu dich auch auf die Zukunft: Egal, was sie bringt, es werden tolle Sachen dabei sein!"

Auch während ich diese Kolumne schreibe, muss ich fast ein bisschen weinen, es ist nämlich eine Abschieds Kolumne. Ich habe es wie Olga gemacht und ebenfalls gekündigt. Fast acht Jahre lang habe ich Kolumnen geschrieben, ich habe das sehr gern gemacht, Sie sind so nette Leserinnen, aber jetzt möchte ich nicht mehr. Wenn man alle zwei Wochen über sich selbst schreibt, bedeutet das, dass man den Alltag permanent nach unterhaltsamen Szenen und sein Inneres nach originellen Gedanken abgrasen muss: Ich will mal wieder ohne schlechtes Gewissen langweilig sein dürfen. Manche werden denken: "Endlich, die Alte ödet mich schon ewig an!" Manche werden voller Bedauern sein, wenige vielleicht verzweifelt: "Eine gute Kolumnistin ist noch viel schwerer zu finden als eine gute Putzfrau!" Erstens: Niemand ist unersetzlich. Unsere Neue heißt Patrycja, sie ist 24 und aus Polen, ich mag es, dass sie so jung und fröhlich ist. Zweitens: Eine gute Putzfrau ist mehr wert als eine gute Kolumnistin. Drittens: Wenn Sie meine Facebook-Freundin werden, freue ich mich sehr und gebe Ihnen sofort Bescheid, wenn ich mich genug gelangweilt und neue Ideen habe. Und viertens: Freuen Sie sich auch in Zukunft auf BRIGITTE. Denn egal, was sie bringt, es werden tolle Sachen dabei sein.

Möchten Sie Julia Karnick zum Abschied noch etwas sagen? Schreiben Sie einen Kommentar!

Text: Julia Karnick Foto: Christina Körte Ein Artikel aus der BRIGITTE, Heft 18/2012

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