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Sicko

Echt krank: Wer in den USA nicht privat versichert ist, bleibt besser gesund. Aber selbst mit Krankenversicherung kann es einem schlecht gehen, wie Michael Moore in seiner neuesten Dokumentation zeigt.

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Mit Michael Moore ist es wie mit Oliver Pocher - man liebt ihn oder man hasst ihn, dazwischen gibt es fast nichts. Seine Filme ("Bowling for Columbine", "Fahrenheit 9/11") sind Kassenknüller, aber sie alle haben ein Problem: Sie sprechen nur Zuschauer an, die ohnehin schon Moores Meinung sind. Seine Gegner konnte er bisher nicht überzeugen.

Für seinen neuen Film "Sicko" hat sich Moore auf ein Thema gestürzt, bei dem sich eigentlich alle einig sein sollten: die Gesundheit. Schließlich möchte jeder bei Unfall oder Krankheit bestmöglich verarztet werden.

Diese Versorgung ist in den USA nicht selbstverständlich - dort gibt es kein staatliches Gesundheitswesen. Wer krank wird, muss sich für seine Behandlung oft verschulden. Aber selbst diejenigen, die eine Versicherung haben, sind nicht automatisch besser dran. Die Versicherungsunternehmen wollen Profit machen, und das geht nur auf Kosten der Patienten.

In seiner gewohnt sarkastischen Art zeigt Moore an drastischen Beispielen die Folgen: Ein Mann muss sich entscheiden, welchen seiner zwei abgeschnittenen Finger er retten möchte - leisten kann er sich nur einen. Eine nicht versicherte, geistig verwirrte Patientin wird von einem Rettungswagen heimlich mitten in der Stadt ausgesetzt. Eine Mutter verliert ihr Kind, weil es erst in ein von der Versicherung genehmigtes, billigeres Krankenhaus gebracht werden muss und die Verzögerung nicht überlebt.

Im Kontrast dazu zeigt Moore, wie vergleichsweise gut es Patienten in England, Frankreich und Kanada geht. Dank staatlicher Versorgung dürfen sie jederzeit zum Arzt, ohne dafür extra zu bezahlen. Gewohnt überspitzt stellt er am Ende die These auf, dass man besser auf Kuba als in den USA krank werden sollte, weil man dort selbstverständlich kostenlos behandelt wird.

Das ist natürlich, wie immer bei Michael Moore, polemisch und nicht ganz korrekt (Kuba ist kein Paradies, und die Gesundheitsversorgung in England und Frankreich auch nicht ohne Probleme). Aber dennoch ist "Sicko" ein Film, der wütend macht und die Betroffenen hoffentlich aufrüttelt.

Als Europäer kann man sich allerdings beim Blick aufs kranke US-System entspannt zurücklehnen. Bei allem Ärger hierzulande über Krankenkassen und Praxisgebühren wird deutlich: Wirklich jede staatliche Gesundheitsversorgung ist besser als gar keine.

Henning Hönicke Fotos: Senator

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