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Anna Böger über das Groß-sein

Große Frau und kleiner Mann vor Sonnenuntergang
© Christian Vinces / Shutterstock
Im Film "Salami Aleikum" spielt Anna Böger eine große Frau neben einem kleinen Mann. Wie sieht es im wahren Leben aus? BRIGITTE.de sprach mit der Schauspielerin über das Groß-Sein, Vorurteile und Erwartungen

Kritik zum Kinofilm "Salami Aleikum"

BRIGITTE.de: Sie sind 1,87m. Die Durchschnittsfrau ist 1,67m. Interessiert Sie eine solche Statistik?

Anna Böger: Ach, eigentlich nicht. Aber im Zuge des Films und der Interviews hab ich mir tatsächlich selber gestern diese Statistik mal angesehen und da ist dann die Problematik, wenn man so will, erst wieder hochgekommen.

BRIGITTE.de: Das heißt, eigentlich ist das kein Thema für Sie?

Anna Böger: Nein, gar nicht. Ich bin so groß, seit ich 16 Jahre alt bin. Für mich ist das normal.

BRIGITTE.de: Sie haben sich dran gewöhnt!

Anna Böger: Ja, genau. Ich weiß um meine Größe und mein Erscheinungsbild und deshalb hat es einfach keine Brisanz für mich.

BRIGITTE.de: War es denn schwer sich daran zu gewöhnen?

Anna Böger: Klar. Gerade in der Pubertät, wo man sich eh erstmal finden muss. Man lotet aus, wer man ist, wer man sein will. Da war das schon schwierig. Aber das sind das Erwachsen- und auch Frauwerden ja immer.

BRIGITTE.de: Und als Kind, waren Sie da auch schon größer als die anderen?

Anna Böger: Ja, das schon. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass es irgendwelche Hänseleien gab.

BRIGITTE.de: Und wie empfinden Sie das heute? Gibt es Vorurteile? Im Film "Salami Aleikum" werden ja eine Menge Klischees bedient, um dann im Laufe des Films wieder gebrochen zu werden...

Anna Böger: ... Ja, das stimmt. Groß zu sein als Frau heißt tatsächlich, dass die Menschen eine Menge Erwartungen an einen stellen, die meist, oder oftmals, gar nicht zutreffen. Wie ja auch bei der Ana im Film.

BRIGITTE.de: Zum Beispiel?

Anna Böger: Na ja, so Dinge wie: Groß sein heißt immer den Überblick zu haben oder auch durchsetzungsfähiger zu sein. Aber im Endeffekt hat ja jeder so sein Päckchen zu tragen. Die schöne Frau wird oft als Prinzessin wahrgenommen, der kleine Mann muss um seine Stellung vielleicht mehr kämpfen als ein großer und die kleine, zarte Frau wird oftmals unterschätzt.

BRIGITTE.de: Moshen im Film verliebt sich in Ana, weil sie ist, wie sie ist. Wie sieht das im wahren Leben mit Männern aus - spielt da auch oft die Erwartungshaltung mit rein, dass sie so selbstbewusst sein müssten ob ihrer Größe?

Anna Böger: Ja, allerdings ist auch das eine Erfahrung, die ich eher früher, in der Pubertät gemacht habe. Da hat ein Freund mal zu mir gesagt: "Wenn du redest, hab ich das Gefühl, ich spreche mit meiner Mutter!" Das war hart. Das will kein Mädchen mit sechzehn Jahren hören.

BRIGITTE.de: Allerdings nicht. Und wie sieht das heute aus?

Anna Böger: Sehr unterschiedlich. Ich hatte Partner, die waren größer als ich und welche, die waren kleiner.

BRIGITTE.de: Und in ihrem Freundeskreis?

Anna Böger: Auch sehr unterschiedlich. Aber ich habe eine Freundin, Mechthild, die ist genauso groß wie ich. Sie arbeitet als Coach und da tut es ganz gut, sich ab und an mal zu treffen und auszuloten, wie man auf andere wirkt, wie das Fremdbild ist. Und vor allen Dingen, sich auch auszutauschen mit Erfahrungen.

BRIGITTE.de: Was sind denn das für Erfahrungen, die Sie als große Frau so machen?

Anna Böger: Zum Beispiel letztens: Da hab ich am Theater gespielt und mein Kollege war größer als ich. Das war total ungewohnt, hochgucken zu müssen. Ich hab mich so daran gewöhnt, runter zu gucken! Und Mechthild hatte letztens ein ähnliches Erlebnis. Der Postbote klingelte und sie guckte wie selbstverständlich runter - konnte da aber nur den Krawattenzipfel sehen. Der Postbote war riesig! Über zwei Meter!

BRIGITTE.de: Man gewöhnt sich also dran, runter zu gucken und nicht hoch und empfindet es als nicht komisch.

Anna Böger: Genau. All diese Dinge. Dass man eher immer runtergucken muss oder auch, dass alle erstmal gucken, wenn man einen Raum betritt.

BRIGITTE.de: Stört Sie das manchmal?

Anna Böger: Nein. Wie gesagt, ich hab mich daran gewöhnt. Ich weiß um meine Größe und meine Erscheinung...

BRIGITTE.de: Und wie sieht es mit hohen Schuhen aus? Tragen Sie die lieber nicht, sondern liebe flache Schuhe?

Anna Böger: Da denk ich mir dann immer: Diese fünf Zentimeter machen dann auch keinen Unterschied mehr. Ich liebe hohe Schuhe. Nur leider gibt es in meiner Schuhgröße kaum was anderes als schwarz. Die Auswahl ist wirklich sehr begrenzt.

BRIGITTE.de: Aber die Menschen werden doch allgemein immer größer...

Anna Böger: ... die Erfahrung habe ich nicht gemacht. Ganz oft hört man in den Geschäften, dass es sich nicht lohnen würde, Schuhe in Größe 43 zu führen.

BRIGITTE.de: Und wo finden Sie die dann?

Anna Böger: Im Internet gibt es einige Foren, da tauschen sich große Frauen aus und geben sich Tipps. Manchmal kaufe ich auch Herrenschuhe, die dann vielleicht leicht „metrosexuell“ aussehen und einmal war ich auch in einem Laden für Transvestiten.

BRIGITTE.de: Wie bitte?

Anna Böger: Ja, ich hatte einfach mal Lust auf Schuhe, die nicht einfach nur schwarz sind. Das ist mir zu langweilig, ich will auch mal Sommerschuhe. Und da gibt es alles Mögliche. Und da hab ich mir weiße Plateauschuhe gekauft, mit einem sieben Zentimeter hohen Absatz. Die hatte ich auch schon ein paar Mal an. Und der Verkäufer war vielleicht auch ganz froh, mal eine Frau zu bedienen.

Interview: Catharina Swantje Muuß

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