Edge of Love
Schön, wenn die eigene Mutter Fähigkeiten hat, die man für seine Karriere nutzen kann (und wir reden hier nicht vom Bügeln der Vorstellungsgesprächsbluse): Keira Knightley zum Beispiel hat das Glück, dass ihre Mutter Sharman Macdonald eine gute Drehbuchautorin ist (sehr großes Glück, wenn man die Geschichte glaubt, dass Papa Knightley ein zweites Kind - und damit Keiras Existenz - nur unter der Voraussetzung erlaubte, dass seine Frau ein erfolgreiches Drehbuch schriebe. Was sie prompt tat).
Im Kino: Che, Edge of Love und Salami Aleikum
25 Jahre später hat sich Macdonald nun bemüht, ihrer Tochter einen schönen Film für die harte Post-"Fluch-der-Karibik"-Zeit zu schreiben. Ausgangspunkt ist die wahre Menage à trois um den walisischen Dichter Dylan Thomas, der im zweiten Weltkrieg mit Ehefrau Caitlin (Sienna Miller) und Jugendfreundin Vera (Keira Knightley), Wohnung, Geld und Freundschaft teilt.
Leicht, aber langweilig wäre es gewesen, sich jetzt ausschließlich auf das selbstzerstörerische, verschwenderische Leben des Poeten zu konzentrieren. In "Edge of love" spielt er aber nur die betrunkene Nebenrolle (wenn auch eine sehr charismatische). Im Vordergrund steht die intensive Frauenfreundschaft zwischen Vera und Caitlin, die - obwohl sie allen Grund dazu hätte - sich nicht im Kampf um den begehrten Mann aufreibt, sondern tiefer geht als alle sexuellen Beziehungen.
Zwar pustet Sienna Miller ihre Freundin Keira Knightley charismatechnisch mit jedem Augenaufschlag weg - trotzdem funktionieren die beiden als intensives Duo am Rand der Liebe. Mutti kann jedenfalls stolz sein.
Che - Guerilla
Letzten Monat haben wir mit Benicio del Toro als Che Guevara noch erfolgreich Kuba erobert; im zweiten Teil begeben wir uns mit ihm auf sein letztes Revolutionsabenteuer nach Bolivien. Auch dort träumt der Argentinier von der revolutionären Befreiung der unterdrückten Massen.
Wieder bildet er im Dschungel Rekruten aus und mobilisiert die Revolutionstruppen - doch diesmal kann der Rebell die bolivianische Bevölkerung nicht von seinem Vorhaben überzeugen. Zeigte Regisseur Steven Soderbergh Che in Che - Revolución, dem ersten Teil seines Guevara-Epos', noch als beinah unfehlbaren Gutmenschen, lässt er in "Guerilla" die Fassade bröckeln: Frust und Erschöpfung zehren deutlich an dem Commandante. Auch wenn man weiß, dass das alles nur schlecht ausgehen kann, erzeugt der Film eine hypnotische, fast traumhafte Stimmung, die einen bis zum bitteren Ende gefangen hält. Übrigens: Franka Potente sammelt hier nach Johnny Depp und Matt Damon ihren dritten Auftritt neben einem schönen Hollywoodmann ein.
Salami Aleikum
Mohsen (Navid Akhavan) ist Ende zwanzig und wohnt zuhause bei seinen Eltern in Köln. Sein Vater, stolzer Iraner, will Mohsen zum Nachfolger in seiner Metzgerei machen. Einziges Problem: Mohsen kann kein Blut sehen, keine Tiere schlachten. Lieber flüchtet er sich in Tagträume oder strickt. Alles, was er erlebt, "verstrickt" er in einem endlos langen Schal wie eine Art Tagebuch. Als er seinen kranken Vater vertritt und am Ende ohne Fleisch dasteht, bekommt er ein, wie er glaubt, todsicheres Angebot. Schafe aus Polen. Also macht sich Mohsen auf den Weg, um die Schafe zu holen und seinem Vater so zu beweisen, dass auf ihn Verlass ist.
In der tiefsten ostdeutschen Provinz angekommen, versagt jedoch der Motor. Mohsen wird in das nächste Dorf geschleppt, wo er Ana (Anna Böger) kennenlernt, die sein Auto wieder flott macht. Um seiner Angebeteten, die Vegetarierin ist, zu gefallen, gibt er vor, die Schafe der Wolle wegen zu kaufen und ein Textilerbe zu sein. Was sich aus dieser Notlüge entspinnt, übersteigt schnell die Möglichkeit, wieder zurückzurudern und Mohsen kommt in Erklärungsnot: Er gilt als Hoffnung eines ganzen Dorfes, eine ostdeutsche Textilfabrik soll gerettet werden, und der engstirnige Vater von Ana entpuppt sich als Vorbild für Toleranz.
Von komikartigen Animationen über zunächst platte Klischees bis hin zu einem Bollywood-Finale verknüpft Regisseur Ali Samadi Ahadi sämtliche Kleingeschichten zu einem charmanten Film. Alle im Film aufgebauten Vorurteile werden zum Ende hin gebrochen und für obsolet erklärt. Allerdings: Trotz einiger Längen im Film kommt die Liebesgeschichte zwischen der großen, zupackenden Ana und dem zarten, verträumten Mohsen leider glatt zu kurz.