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Chiko

Sex, Gewalt und Drogen: Schonungslos erzählt "Chiko" vom Aufstieg und Fall eines Dealers im Hamburger Vorstadt-Ghetto. Mit dabei: Moritz Bleibtreu als Kiez-Größe und Skandal-Rapperin Lady "Bitch" Ray als Prostituierte

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Wenn du der Beste sein willst, musst du dir Respekt verschaffen. Und das funktioniert im Vorstadt-Ghetto nur, wenn du nichts und niemanden respektierst. Nach diesem Motto lebt der junge Türke Chiko (Denis Moschitto). Mit großer Klappe und noch größerem Ego will er ganz nach oben. Raus aus der grauen Hochhaussiedlung, raus aus seiner schäbigen Ein-Zimmer-Wohnung. Der Weg zu Macht und Geld führt über Drogenboss Brownie (Moritz Bleibtreu). Kurzerhand prügeln Chiko und sein bester Freund Tibet (Volkan Özcan) Brownies Handlanger von der Bildfläche, um selbst zum Zug zu kommen.

Chiko

Beten, Baggern, Ballern

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Der Dealer ist beeindruckt - und gibt den beiden eine Chance: Wenn sie es schaffen, in zehn Tagen zehn Kilo Gras zu verkaufen, dürfen sie weiter für ihn arbeiten. Die Geschäfte laufen gut, bis Brownie merkt, dass Tibet ihn betrügt. Die Rache des Dealers trifft nicht nur Tibet, auch Chikos Traum vom großen Geld droht zu platzen.

Regisseur Özgür Yildirim, selbst in einem Hamburger Problemviertel aufgewachsen, zeigt Chico als zerrissene Figur: Zum Beten geht der gläubige Moslem in die Moschee, und um die kranke Mutter seines Kumpels kümmert er sich aufopferungsvoll. An ein Geburtstagsgeschenk für seine kleine Tochter aber, die bei seiner Ex-Freundin wohnt, denkt er nicht. Selbst die Freundschaft zu Tibet scheint er aufs Spiel zu setzen, um seine Ziele zu erreichen. Durch Brownies Einfluss gerät er in einen Strudel aus Gewalt, Sex und Drogen. Dabei spielt auch die Prostituierte Meryem (Reyhan Sahin) eine wichtige Rolle.

Harter Hip-Hop-Sound

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Wie einen Video-Clip inszeniert Regisseur Yildirim Chikos sozialen Aufstieg, unterlegt Bilder vom Mercedes mit Goldfelgen, teuren Klamotten und einer schicken neuen Wohnung mit harten Hip-Hop-Beats. Überhaupt ist der Sound aus dem Vorstadt-Ghetto allgegenwärtig. So gibt auch die Bremer Rapperin Lady "Bitch" Ray alias Reyhan Sahin in "Chiko" ihr Schauspiel-Debüt.

Bisher war sie eher für laute Töne bekannt: In der Talkshow "Menschen bei Maischberger" plädierte sie im knappen Outfit für die "vaginale Selbstbestimmung" der Frau, auch in den Texten ihres Porno-Raps geht es eher derbe zu. Als Schauspielerin setzt sie auf subtilere Mittel und überzeugt in ihrer Rolle als starke, aber verletzliche Frau.

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Nicht zuletzt dank origineller Charaktere und der sehr authentischen Sprache gelingt dem Regisseur mit "Chiko" eine Milieustudie, die das raue Klima im sozialen Abseits nicht verklärt, sondern schonungslos aufzeigt. In dieser Welt kann man niemandem vertrauen - letztendlich ist der Film aber ein Plädoyer für die Freundschaft.

Die Geschichte von Aufstieg und Fall eines Drogen-Dealers ist freilich nicht neu, und so erinnert "Chiko" bisweilen an den Hollywood-Streifen "Blow". Sehenswert ist Yildirims Erstlingswerk, das von Erfolgsregisseur Fatih Akin produziert wurde, aber allemal. Zartbesaitete seien jedoch vorgewarnt: Es wird gekokst, geprügelt und gemordet, was das Zeug hält.

Fotos: Maria Krumwiede/corazón international

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