Max Strohe – Kochen am offenen Herzen
Max Strohe, 40, hat ein Sterne-Restaurant in Berlin (das tolle "tulus lotrek"), den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, TV-Ruhm aus diversen Kochsendungen – und echtes Talent zum Schreiben, das er in diesem schonungslosen, wilden Memoir über seine "Lehr- und Wanderjahre" zeigt: Schule abgebrochen, Lehre im Gasthaus in Sinzig, Streifzüge mit seinem exzentrischen Vater, den er erst mit 15 kennenlernt, jede Menge Drogen, noch mehr (expliziten) Sex und viel, viel Herz.
256 S., 22 Euro, Tropen
Ulrike Herrmann – Das Ende des Kapitalismus
Für die Journalistin Ulrike Herrmann ist das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, keine Frage, sondern die einzige Möglichkeit, den Klimawandel aufzuhalten und somit unser Überleben auf dieser Erde zu sichern. Fakten- und kenntnisreich stellt sie dar, warum sie die oft von Ökonom:innen geäußerte Hoffnung auf ein "grünes Wachstum" für illusorisch hält und stattdessen "grünes Schrumpfen" angesagt ist. Das Buch zum Thema der Stunde, mit viel Futter (und Zündstoff) für politische Debatten.
352 S., 24 Euro, KiWi
Patrick Radden Keefe – Imperium der Schmerzen
In den Kunstmuseen der Welt stößt man immer wieder auf den Namen Sackler, die amerikanische Unternehmerfamilie aus der Pharmabranche war großzügige Spenderin vieler Werke. Hier aber wird brillant, erschütternd und fesselnd erzählt, wie die Sacklers zu ihren Reichtum kamen und wie sie ihn ins Unermessliche mehrten: mit der aggressiven Vermarktung und bewussten Verharmlosung eines Schmerzmedikaments, eines Opioids, das in den USA Millionen Menschen in Abhängigkeit, Verelendung und Tod getrieben hat.
Ü: u. a. Gregor Runge, 640 S., 36 Euro, hanserblau
Dan McCrum – House of Wirecard
Ein deutscher Zahlungsdienstleister, an der Börse so hoch bewertet, dass tatsächlich mal im Raum stand, er könne die Deutsche Bank übernehmen, entpuppt sich als betrügerische Klitsche, deren Erfolg vor allem auf Bilanzfälschungen beruht. Aufgedeckt hat diesen Finanzskandal der britische Journalist Dan McCrum, der gegen etliche Wände laufen musste und selbst bedroht wurde, bevor ihm irgendjemand geglaubt hat. Ein super spannender Wirtschaftskrimi – nur leider wahr.
Ü: Ulrich Mihr, 465 S., 25 Euro, Econ
Samantha Harvey – Das Jahr ohne Schlaf
Ist das wirklich noch ein Sachbuch? Die Schriftstellerin Samantha Harvey kann nicht mehr schlafen. Sie weiß nicht, was der Auslöser ist. Vielleicht spielt der plötzliche Tod ihres jungen Cousins eine Rolle, der sie auf einmal jede Nacht wach liegen und über das eigene Leben, die Arbeit, Liebe und Reue, Verzweiflung und Hoffnung nachgrübeln lässt. Ein langer innerer Monolog zwischen Verstand und Unterbewusstsein, Traum und Realität, literarisch wuchtig und am Ende tröstlich.