Aisha Abdel Gawad – Zwischen zwei Monden
Wie es ist, in Brooklyn als Muslimin nach der Zeitenwende vom 11. September aufzuwachsen, beschreibt die Amerikanerin Aisha Abdel Gawad in ihrem Romanerstling: Die Zwillinge Amira und Lina müssen einen schweißtreibenden Ramadan-Monat in Bay Ridge, der großen muslimischen Community, überstehen. Als ihr Bruder aus dem Gefängnis kommt, kippt die mühsame Balance, die die beiden zwischen Familie und dem Leben draußen versuchen. (Ü: Henrietta Zeltner-Shane, 416 S., Blumenbar)
Vigdis Hjorth – Die Wahrheiten meiner Mutter
Eine fast 60-jährige Tochter kehrt aus dem Ausland zurück und versucht, sich ihrer entfremdeten Mutter anzunähern. Die preisgekrönte Autorin Vigdis Hjorth schreibt schon lange, bisher wenig auf Deutsch übersetzt, über dysfunktionale Familien. Das hat in ihrer Heimat Norwegen für Debatten gesorgt: Was darf autofiktionale Literatur? Denn Hjorths Familie fühlte sich literarisch verunglimpft. Kein Wunder: Ihre Romane brennen wie Salz in einer offenen Wunde. (Ü: Gabriele Haefs, 400 S., S. Fischer)
Dana Vowinckel – Gewässer im Ziplock
In Deutschland wird gern geklagt, dass die angelsächsische Literatur viel unkomplizierter mit schweren Themen umginge, leichter zu lesen sei und trotzdem den Tiefgang nicht vermissen lasse. Nun, dieses Debüt von Dana Vowinckel erfüllt alle diese Sehnsüchte. Ob es daran liegt, dass sie selbst, so wie ihre Heldin, zwischen Berlin und Chicago aufgewachsen ist? Jedenfalls erzählt Vowinckel ohne zu straucheln vom wohl kompliziertesten Thema der deutschen Literatur: der jüdischen Identität. Es geht um die 15-jährige Margarita, die mit ihrem Vater, einem Vorbeter in einer Synagoge, in Berlin lebt. Diesen Sommer soll sie von ihrem jährlichen Besuch bei ihren Großeltern in den USA noch zu ihrer Mutter nach Israel reisen, auch wenn sie zu der gar kein Verhältnis hat, verschwand sie doch kurz nach Margaritas Geburt. Bei dieser Reise lernt Margarita einiges über ihre Wurzeln, und nicht nur sie wird in diesem wunderbaren Buch erwachsenen. (362 S., Suhrkamp Nova)
Valery Tscheplanowa – Das Pferd im Brunnen
Valery Tscheplanowa ist eigentlich Schauspielerin, und zwar nicht irgendeine. Jüngst sprang sie bei den Salzburger Festspielen ein – als Nathan der Weise. Genauso außergewöhnlich ist auch ihr Roman, der von vier Frauen erzählt. Tanja, Nina, Lena und Walja. Vier Generationen, und jede auf ihre Weise absorbiert von diesem Moloch von einem Land, das die Sowjetunion war, das Russland ist. Ein funkelndes Debüt, voller sprachlicher Eigenheit und einzigartiger Beobachtungen. (192 S., Rowohlt Berlin)
Maxim Biller – Mama Odessa
Maxim Billers Mutter Rada schrieb auch für BRIGITTE. Eine Kolumne über eine fehlgeschlagene weihnachtliche Karpfenschlachtung ist legendär, genauso wie ihre gelegentlichen Anrufe in der Redaktion. In diesem Roman setzt Biller ihr nun ein Denkmal, auch wenn es eine fiktionalisierte Geschichte ist. Das sind seine Romane, die gern seine Familie zum Thema haben, immer. Doch die Liebe zu den Menschen darin leuchtet mit ehrlicher Flamme, genau wie seine Prosa. (240 S., Kiepenheuer & Witsch)