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Fußballerin Giulia Gwinn "Vor acht Jahren trug niemand ein Trikot von uns"

Giulia Gwinn
Giulia Gwinn
© Heiko Richter, Heimat TBWA
Grade erst wurde sie deutsche Meisterin mit den Fußballerinnen vom FC Bayern München, in Länderspielen übernimmt sie auch schon mal die Kapitänsbinde von Alexandra Popp. Giulia Gwinn ist nicht nur auf dem Platz eine Schlüsselspielerin, sie ist auch ein echtes Vorbild in Sachen Empowerment. Wir haben mit ihr darüber gesprochen.

Noch bis zum 25. Juli müssen sich die deutschen Fußballfans gedulden: Dann findet das erste Gruppenspiel der Frauennationalmannschaft bei den olympischen Spielen in Paris statt. Mit dabei natürlich: Giulia Gwinn, 24. Die Rechtsverteidigerin gilt auch als absoluter Social Media-Profi, 610.000 Menschen folgen ihr. Gegen den Begriff "Influencerin" wehrt sie sich allerdings – es gehe um viel mehr, als nur aus ihrem Leben zu posten. Deshalb ist sie auch das aktuelle Gesicht der Persil-Kampagne "Weil du immer dein Bestes gibst". Gemeinsam mit dem Unternehmen möchte sie auf all diejenigen aufmerksam zu machen, die täglich im Hintergrund ihr Bestes geben, damit ihre Leistung auf dem Platz erst möglich wird. Ihr Bestes will Giulia spätestens bei den Olympischen Spielen dann wieder einem Millionenpublikum zeigen.

Giulia Gwinn im BRIGITTE-Interview

BRIGITTE: Giulia, du gibst ja immer dein Bestes. Was ist dein ultimativer Motivationsspruch?
Giulia Gwinn: Der lautet „write your own story“, also schreib deine eigene Geschichte. Anfangs wollte meine Mama nicht, dass ich Fußball spiele. Sie hätte mich als kleines Mädchen lieber in anderen Sportarten gesehen. Ich bin dann heimlich ins Training gegangen und konnte sie dann schnell von meiner Leidenschaft überzeugen. Bis ich mit 16 in die Bundesliga gewechselt bin, war ich immer das einzige Mädchen unter Jungs. Da lernt man, auch mal die Ellenbogen auszufahren und sich durchzusetzen. Mir war von Anfang an klar, dass ich für den Traum, Nationalspielerin zu werden, immer mein Bestes geben und zugleich auf viel verzichten muss. Fußball nur als Hobby und dazu Party, das kam für mich nie in Frage. Ich mache das nicht, sagte ich mir. Und ich war immer glücklich mit meinem Weg.

Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich für ein besseres Miteinander. Was findest du daran besonders beeindruckend?
Ohne diese Mega-Menschen geht es nicht. Mich beeindruckt vor allem, dass genau diese Personen nie über zu viel Arbeit oder schlechte Umstände klagen. Ihr Antrieb kommt von innen, sie leben das Miteinander, sie brauchen selbst kein Rampenlicht. Ich selbst versuche hin und wieder in meiner Freizeit bei Fußballcamps in der Heimat ohne große Ankündigung vorbeizuschauen und mit den Kids vor Ort zu trainieren. Sie spielerisch zu stärken, macht mir dabei große Freude.

Giulia Gwinn
Giulia Gwinn beim Kicken
© Heiko Richter, Heimat TBWA


Sich gegenseitig zu stärken ist auch unter Frauen ein wichtiges Thema, das weißt du auch als Spitzensportlerin. Was bedeutet Female Empowerment für dich?
Vielleicht ein kurzer Rückblick dazu: Als ich vor acht Jahren Profi geworden bin, gab es bei unseren Spielen nur wenige Zuschauer und so gut wie niemanden, der ein Trikot von uns trug. Die wenigsten kannten unsere Namen. Aber wir Mädels untereinander haben immer geglaubt, im Team gemeinsam wachsen zu können. Wir hatten diesen Glaube: Das kann groß werden, es liegt nur an uns. Wir haben uns gegenseitig gestützt und unsere Stimmen immer lauter werden lassen – weil wir gemerkt haben, dass wir viele sind. Noch immer befinden wir uns auf einen Weg. Aber wenn ich jetzt gelegentlich die Spiele der FC-Bayern-Männer in der Münchner Allianz-Arena besuche, sehe ich immer wieder Fans mit unseren Namen auf den Trikots. Bei den Männern! Und bei uns sind die Top-Spiele mittlerweile schnell ausverkauft. Das wirkt dann manchmal mehr nach als ein Sieg am Wochenende auf dem Fußballplatz.


Manchmal gibt man sein Bestes und es reicht nicht. Wie gehst du mit Niederlagen um? 
Früher haben mich Niederlagen viel mehr beschäftigt und mitgenommen. Nicht falsch verstehen: Ich verliere immer noch äußerst ungern, aber nach zwei Kreuzbandrissen habe ich für den Fußball nochmal eine ganz andere Wertschätzung bekommen. Wenn man täglich auf dem Platz steht, vergisst man manchmal auch, wie schön es ist, dass man das Hobby zum Beruf machen durfte. Und wenn man zweimal jeweils ein Jahr raus war, dann spürt man, wie schlimm es ist, wenn man das auf einmal nicht mehr hat. Daran erinnere ich mich, wenn es mal nicht so gelaufen ist. Es geht am Ende auch immer um eine gesunde Einordnung. Und ich bin einfach dankbar dafür, nach zwei Knie-Operationen ohne Probleme auf dem Platz stehen zu können.


Wer hat dich immer unterstützt?
An allererster Stelle meine Eltern. Sie mussten mich früher viermal die Woche von Friedrichshafen nach Ravensburg ins Training fahren. Dann noch zu den Spielen und Turnieren. Manchmal hat mich meine Mama von der Mittagsschule abgeholt und mir einen Teller mit Essen mitgebracht, den ich dann auf dem Weg zum Training auf dem Beifahrersitzt gegessen habe. Meine Geschwister, ich habe zwei ältere Brüder und eine ältere Schwester, mussten für mich damals oft zurückstecken. Dafür dass sie das so akzeptiert haben, bin ich ihnen rückblickend enorm dankbar. Neben der Familie bedarf es aber natürlich auch sportliche Förderer. Eine besondere Bindung habe ich zu meinem ersten Trainer – Michael 'Migo‘ Fischer. Migo hat gesagt, ich soll immer Spaß am Fußball haben. Er hat sich bei der TSG Ailingen dafür eingesetzt, dass ich mich wohlfühle, super von den Jungs aufgenommen werde und zu Spielzeiten komme. Er hat schon zu dem frühen Zeitpunkt etwas in mir gesehen. Wir sind über all die Jahre in Kontakt geblieben, weshalb ich mich sehr gefreut habe, ihn im Rahmen meiner Partnerschaft mit Persil nun wieder mal persönlich zu treffen und ihm meine Wertschätzung auszudrücken.


Wer ist dein Vorbild?
Privat, ganz ehrlich, meine Eltern – aus eben genannten Gründen. Sportlich eifere ich keiner Person nach, aber versuche schon, mir gewisse Dinge abzuschauen. In der jüngeren Vergangenheit habe ich das vor allem bei Joshua Kimmich gemacht, der aktuell ja auch wieder auf meiner Position spielt. Diesen unbändigen Willen, immer gewinnen zu wollen, die Mannschaft mitzureißen, finde ich ganz besonders. Man sieht ihn nie aufgeben, er hat immer die Gier nach mehr. Sein Ehrgeiz ist beeindruckend. Seine offensiven Vorstöße und Flanken habe ich auch in mein Spiel zu integrieren versucht.


Du bist auch für viele ein Vorbild. Welche Werte möchtest du weitergeben und vorleben? 
Das musste ich erstmal verstehen, dass ich mit meinem Weg für junge Mädchen und Jungen eine Inspiration sein kann. Mit diesem Bewusstsein versuche ich mittlerweile noch mehr darauf zu achten, was ich zum Beispiel bei Instagram poste. Mir ist es wichtig, nicht einen bestimmten Weg vorzugeben, sondern einfach zu motivieren, der eigenen Leidenschaft zu verfolgen. Ganz wichtig ist: Es muss Spaß machen und aus einem selbst kommen. Ich sage zu den Leuten gerne: Du musst es für dich wollen, nicht für andere. So erklärt sich vielleicht auch mein anfangs erwähntes Motto, das mich nach wie vor antreibt: Write your own story.

lgo Brigitte

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