Selbstliebe – ein Begriff, der in den sozialen Netzwerken immer häufiger zu sehen ist, denn wir sprechen mehr denn je über unsere mentale Gesundheit. Oftmals wird die Liebe zu einem Selbst mit Egoismus oder gar Narzissmus verwechselt, – doch sie ist genau das Gegenteil. Denn Selbstliebe bedeutet, sich selbst mit all seinen Stärken und Schwächen zu akzeptieren und auf sich und seine Bedürfnisse einzugehen. Es geht dabei nicht darum, jeden Tag in sich selbst verliebt zu sein, sondern vielmehr für sich zu sorgen und sich selbst liebevoll zu behandeln.
Selbstliebe gibt uns die Stärke, die wir brauchen
Die Liebe zu uns selbst gibt uns auch die Kraft, konstruktiv mit unseren Fehlern umzugehen und sie zu reflektieren. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen verändern sich, denn mit einer gesunden Portion innerer Liebe sind wir weniger abhängig von anderen Menschen. Wir benötigen keine Bestätigung oder Zuwendung, um uns liebenswert zu fühlen, da wir unseren Wert selbst kennen und schätzen können. Viele Psycholog:innen sind der Überzeugung, dass Selbstliebe die Basis bildet, um für seine Mitmenschen überhaupt wahrhaftige Liebe zu empfinden.
Zur Selbstliebe finden
Selbstliebe und somit die Fähigkeit, einfühlsam mit sich selbst zu sein, ist der Grundbaustein für ein glückliches Wohlbefinden. Doch wie erreichen wir diese Liebe? Besonders die eigenen Schwächen zu akzeptieren, scheint in der digitalen Welt voller Perfektion unvorstellbar zu sein. Sei es die ästhetischen Instagram-Beiträge oder sämtliche TikTok-Trends der Selbstoptimierung, wir vergleichen Social-Media permanent mit unserem eigenen Leben. Ein fataler Fehler, – denn die sozialen Netzwerke sind nicht die Realität.
Autorin Chiara Maiorino schafft einen sicheren Ort für Gefühle und Gedanken
Die Autorin Chiara Maiorino präsentiert ihrer Online-Community allerdings keine makellose Welt, sondern teilt ihre verletzliche Seite und all ihre Unsicherheiten auf Instagram und TikTok. Ihre Gedichte über Feminismus, Selbstliebe und Mental Health gehen auf den sozialen Netzwerken viral, denn sie geben einen sicheren Raum für echte Gefühle und Gedanken. Mit ihrem neuen Buch "Denk Mal Laut: Stärkende Poesie zum Mitfühlen und Reflektieren" lädt die junge Schriftstellerin zum Austausch ein und schafft einen Ort ohne Vergleich und künstlicher Perfektion. Es erscheint am 7. September 2023 im Malia Verlag.
3 Fragen zum Thema Selbstliebe an Chiara
Wir haben Chiara drei Fragen zu ihrem Buch und das Thema Selbstliebe gestellt.
BRIGITTE: Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Buch über Selbstliebe zu schreiben?
Chiara Maiorino: Selbstliebe ist ein großer Begriff, der mittlerweile fast inflationär benutzt und deswegen teilweise auch belächelt wird. Für mich beinhaltet er viele verschiedene Aspekte, die ich in meinem Buch anspreche. Zum einen die Selbstfürsorge: Gut zu sich zu sein, indem man sich mit seinen Gedanken und Gefühlen auseinandersetzt. Genau wie seinen Körper gut zu versorgen und zu schätzen, was er jeden Tag für uns tut, statt ständig an ihm herumzumäkeln - Ich selbst habe mich viele Jahre sehr hasserfüllt betrachtet. Litt lange Zeit unter einer Ess- und Körperbildstörung.
Das Wort Selbstliebe hört sich für viele so an, als müsste man sich jeden Tag mit einer rosaroten Brille betrachten. Mit meinen Texten möchte ich zeigen, dass es in Ordnung ist, nicht jeden Tag verliebt in sich zu sein, aber dass das Konzept viel tiefer geht und Körper und Geist betrifft. Es ist total in Ordnung, sich an manchen Tagen nicht zu mögen und sich an anderen ziemlich gut zu finden. Vor ein paar Jahren startete ich meine Selbstakzeptanz-Reise und begann mir selbst kleine Botschaften aufzuschreiben. Ich veröffentlichte diese in den sozialen Netzwerken - einige Zeit passierte nicht viel. Dann gingen einige Videos viral und mein Account wuchs innerhalb von ein paar Monaten auf 50.000 Follower:innen an und ich erhielt wahnsinniges Feedback: "Ich fühle mich durch deine Texte gehört und gesehen.", "Dieser Account fühlt sich an wie ein safe space", "deine Seite ist Therapie." Meine Follower:innen waren es auch, die mich fragen, aus welchem Buch ich in meinen Videos vorlas - es war mein Notizbuch. So entstand die Idee für "Denk mal laut". Ein Buch, das sich anfühlt wie ein sicherer Ort, an den man sich zurückzieht und seinen Gedanken lauscht oder Worte für die eigenen Empfindungen findet, wenn man gerade keine für sie hat.
Was ist dein Lieblingszitat aus deinem Buch und wieso?
Mich hier zu entscheiden, fällt mir schwer, aber 'selbst lieben' passt gut in diesem Zusammenhang gut, weil es verschiedene Aspekte aufgreift: Zum einen den der Autonomie - ein Wert, der mir sehr wichtig ist. Dinge für uns zu tun und nicht unser Leben zu stoppen, weil uns ein:e Partner:in oder eine Freund:in fehlt, um unsere Wünsche und Ziele zu verfolgen oder uns geliebt zu fühlen. Zum anderen hinterfragt es auf subtile Weise gesellschaftliche Bilder, die uns mitgegeben werden und die zwangsläufig jede*n von uns prägen. Jede*r darf und sollte sich fragen, ob der 'traditionelle' Weg der richtige für ihn oder sie ist. Drittens regt der Text an zu hinterfragen und zu reflektieren, wie sich Liebe anfühlt: Ich glaube, ganz häufig sind wir nur in die Idee verliebt, verliebt zu sein.
Warum ist es so wichtig, dem Thema Selbstliebe mehr Aufmerksamkeit zu schenken?
Durch meine eigene Geschichte weiß ich, dass man sich selbst und die Menschen um sich herum ganz anders behandelt, wenn man sich selbst mit einem wohlwollenden Blick betrachtet. Ein positives Mindset verändert - und das klingt cheesy, aber es stimmt - alles. Mit mehr Selbstliebe und Selbstakzeptanz verändern sich unsere Beziehungen zum Positiven, weil wir nicht mehr glauben, andere müssten uns glücklich machen. Wenn wir uns stärker mit uns selbst auseinandersetzen, erkennen wir unsere Trigger, finden heraus, woran wir arbeiten müssen und schenken uns selbst mehr Aufmerksamkeit. Auch gehen wir insgesamt gelassener durchs Leben: Dinge regen einen viel weniger auf, wenn man erkennt, dass die meisten Worte, die einem andere an den Kopf schmeißen, Botschaften an den/die Sender:in selbst sind. Selbstliebe kann also die Welt verändern (lacht).
Verwendete Quellen: aok.de, dak.de, barmer.de, instyle.de