Anzeige

"Feel Good Five"-Interview Was bedeutet Mindfulness, Sarah Desai?

"Feel Good Five"-Interview: Was bedeutet Mindfulness, Sarah Desai?
© Shutterstock
In unserem Interview-Format "Feel Good Five" sprechen wir mit spannenden Frauen und Männern, die im Wohlfühl-Kosmos zuhause sind und stellen ihnen fünf Fragen. Dieses Mal sprechen wir mit Sarah Desai, Coach für persönliche und spirituelle Weiterentwicklung.

Sarah Desai beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema Achtsamkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Mit ihrem Buch "Leb das Leben, das du leben willst", ihrem Podcast "The Mindful Sessions" und durch ihre Arbeit als Coach verhilft sie auch anderen Menschen, ihren Alltag ausgeglichener, entspannter und mit mehr Selbstliebe zu leben. 

Im "Feel Good Five"-Interview: Sarah Desai

Brigitte: Wann hast du dich für einen achtsameren Lebensstil entschieden? Gab es einen besonderen Schlüsselmoment?
Sarah Desai: Den Schlüsselmoment hatte ich tatsächlich schon vor 15 Jahren. Häufig ist es ja so, dass man sich mit solchen Themen wie Achtsamkeit oder Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt, wenn um einen herum alles gut ist. Als ich mich dazu entschlossen hatte, mein Leben umzukrempeln und bewusster zu leben, war es bei mir genau andersherum. Zu diesem Zeitpunkt war mein Leben schwierig, der Druck von Außen war damals sehr hoch. Daraufhin habe ich mich in diese Thematiken eingelesen, Erfahrungen gesammelt, Ausbildungen absolviert und mich weitergebildet. Vor vier oder fünf Jahren hat das Thema Persönlichkeitsentwicklung in meinem Leben soviel Raum eingenommen, dass ich meinen alten Beruf gekündigt habe. Eine Entscheidung, die ich in den ersten sechs Monaten immer wieder anzweifelte. Doch ich habe dieses Gefühl ausgehalten.

Ein Gefühl aushalten: Ist das etwas, was du auch anderen empfehlen würdest? 
Auf jeden Fall. "To hang in there", also diesen zum Teil sehr unangenehmen Moment auszuhalten, führt dazu, dass wir uns viel besser kennenlernen. Denn das, was in solchen Momenten dann in uns hochkommt, gibt so viele Informationen darüber, wie wir selbst konditioniert sind, was wir für Befürchtungen haben. Die meisten von uns haben diesen Plan im Kopf, was häufig auch auf ein Sicherheitsdenken zurückzuführen ist, bei dem man von einer Station zur nächsten lebt.

Ich hatte allerdings keine nächste Station und dieses Gefühl habe ich ausgegessen.

Ich bin währenddessen auf Weltreise gegangen – auch dort kamen immer wieder Zweifel auf: Ich war an den schönsten Orten der Welt und ich habe geheult. Aber ich habe es ausgehalten. Danach erst, etwa vier Monate später, hat sich der Raum aufgetan und es kam eins zum anderen. Aber ich musste mich mit diesem Gefühl erst einmal auseinandersetzen, mir eine Veränderung erlauben und meinen Horizont erweitern. 

Man spricht in diesem Zusammenhang auch immer wieder von Mindfulness. Was genau verstehst du unter dem Begriff?
Mindfulness bedeutet aufmerksam sein, genau hinschauen, genau hinfühlen – sozusagen das beobachten, was unter der persönlichen Gefühlsoberfläche, dem Stress oder der Konfusion liegt. Bei mir war es beispielsweise dieser Glaubenssatz "Ich genüge nicht". Ich genüge nicht, um mich jetzt einfach so zu entscheiden und etwas Neues zu machen. Andere denken, dass sie es allen immer Recht machen müssen, um gemocht zu werden. Oder, dass alles, was sie machen, perfekt sein muss.

Durch Mindfulness werden die Ängste aufgedeckt, die unter diesen Glaubenssätzen liegen. Das geschieht beispielsweise durch einen achtsamen Blick nach Innen oder durch eine Meditation. 

Warum glaubst, fällt es uns so schwer, diesen Blick nach Innen zu richten? 
Wir alle sind geprägt von 20, 30, 40 oder 50 Jahren Leben. Wir sind konditioniert auf Meinungen und Erwartungen anderer, einem Bild, wie das Leben und wie wir selbst sein müssen. Oder auch Prägungen, die wir durch unsere Kindheit erfahren haben. All diese Faktoren haben einen so großen Einfluss auf uns, die wir uns allerdings in den meisten Fällen nicht anschauen. Stattdessen kämpfen wir mit uns und mit anderen, verrennen uns. Dabei sollten wir eins ganz dringend machen:

Schauen, worum es wirklich geht – sowohl im Alltag, als auch bei großen Lebensentscheidungen. Denn erst dann können wir langfristig etwas verändern. 

Gibt es auch eine kurzfristige Möglichkeit das Hier und Jetzt zu kontrollieren, sozusagen einen SOS-Tipp, wenn Stress oder ein Gefühl uns fest im Griff hat?
Unser Körper reagiert auf zwei Ebenen. Die eine Ebene sind unsere Gedanken, die Botenstoffe an unseren Körper schicken. Dieser erwidert das mit einem bestimmten Körpergefühl, wie zum Beispiel ein flacher Atem oder ein erhöhter Puls. Diese Symptome führen bei den meisten dann erneut zu sorgenvolle Gedanken. Wenn wir also einen gestressten Gedanken haben, dann ist mein Körpergefühl auch gestresst – eine Negativspirale, die es mit einem Blick nach Innen und der Frage an uns selbst, worum es hierbei wirklich geht, zu durchbrechen gilt. 

In SOS-Situationen haben wir da allerdings nicht unbedingt den Kopf dafür. Deswegen gehen wir nicht über unsere Gedanken, sondern direkt über das Körpergefühl, bzw. über den Atem. Dafür atme ich ganz tief ein – und das ein paar mal hintereinander. Wenn ich das zwei oder drei Minuten mache, senkt sich die Pulsfrequenz und wir kommen aus diesem Angriffs- bzw. Fluchtmodus raus. Stattdessen wird der Parasympathikus angesprochen und wir gelangen in eine sogenannte "Rest and Digest", also eine Ruhe- und Regenerationsphase. Dadurch dass sich also das Körpergefühl verändert, können wir auch unsere Gedanken beeinflussen. Vielleicht nicht unbedingt Gedanken wie "Hey, es ist alles super", aber zumindest so etwas wie "Mir passiert nichts, ich bin sicher". 

Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel