Forscher wissen mittlerweile ziemlich genau, dass Angst, Depressionen und chronischer Stress Entzündungsprozesse im Körper verursachen und das Immunsystem schwächen: Bei Menschen, die an Einsamkeit leiden, ändert sich zum Beispiel die Genaktivität, so dass mehr entzündungsfördernde weiße Blutkörperchen zirkulieren. Aber gilt auch der Umkehrschluss: Glückliche Menschen sind gesünder?
Es sieht so aus. Der amerikanische Psychologe Sheldon Cohen hat Menschen Fragebögen über ihren Gemütszustand ausfüllen lassen und sie anschließend Schnupfenviren ausgesetzt. Das Ergebnis: Deutlich weniger Probanden bekamen eine Erkältung, die sich selbst als glücklich, zufrieden und entspannt einschätzten. "Glück ist ein wissenschaftlich schwer fassbarer Begriff", sagt Manfred Schedlowski, Professor für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen. "Im Prinzip geht es darum, wie gelassen und ruhig wir durchs Leben gehen, wie wir also Stress verarbeiten."
Jede hat ihre Methode, den Alltagsdruck abzubauen. Nachweislich hilfreich für innere Ruhe und Wohlbefinden sind neben regelmäßigem Sport und ausreichend Schlaf Entspannungsmethoden wie Yoga oder Meditation, aber auch die Pflege von Beziehungen. Denn soziale Unterstützung durch Freunde und Familie erhöht nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Abwehrkraft, zeigen Studien.
Besonders gilt das für Menschen, die unterschiedliche Beziehungen pflegen: also etwa zu Verwandten, Freundinnen, Patenkindern, Nachbarn, Kolleginnen, Sportsfreunden und Sandkastenlieben. Und natürlich spielt auch die Qualität der Beziehung für unser Wohlbefinden eine Rolle: Wenige gute Freunde sind wichtiger als ein großer, aber lockerer Bekanntenkreis.
"Schlaf wirkt wie ein Verstärker auf das Immunsystem", sagt Dr. Tanja Lange, Schlafforscherin an der Universität Lübeck. Die Zellen finden leichter an den Ort ihrer Arbeit und können sich leichter teilen. Das Stresshormon Cortisol, das die Immunabwehr bremst, kreist jetzt nur noch reduziert im Körper. Im Schlaf schütten wir außerdem das Wachstumshormon aus, das auch für die Wundheilung gebraucht wird. Das Immunsystem arbeitet in Schichten: Während es tagsüber vor allem mit der schnellen Abwehr von Erregern beschäftigt ist, festigt sich nachts sein Gedächtnis.
Zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe hat Tanja Lange festgestellt, dass eine Impfung erfolgreicher ist - gemessen an der im Körper gebildeten Menge spezifischer Antikörper -, wenn man in der Nacht nach dem Piks ausreichend schläft. Selbst ein Jahr später war bei dieser Gruppe die Zahl der Antikörper immer noch doppelt so hoch wie bei der Vergleichsgruppe, die in der Nacht nach der Impfung wach geblieben war.
Guter Schlaf hilft zudem dabei, gar nicht erst krank zu werden. Das zeigten Forscher aus Pittsburgh, die Probanden ein Schnupfenvirus verabreichten. Mit dreimal höherer Häufigkeit bekamen diejenigen eine Erkältung, die in den zwei Wochen zuvor durchschnittlich weniger als sieben Stunden pro Nacht geschlafen hatten. Auch bei älteren Menschen wird ein Zusammenhang vermutet zwischen dem sinkenden Schlafbedürfnis und der schwächer werdenden Abwehr.
Der Schlafbedarf ist individuell verschieden. Als Faustregel gilt: Wer sich tagsüber fit fühlt, schläft genug. Doch zu oft neigen wir dazu, die Müdigkeit zu ignorieren, weiterzuarbeiten, fernzusehen, Kaffee zu trinken - anstatt ihr einfach öfter nachzugeben. Wichtig für Impfungen: Achtet in der Nacht danach auf ausreichend Schlaf.
"Wer regelmäßig Sport treibt, senkt sein Infektrisiko mindestens um die Hälfte", sagt Dr. Karsten Krüger, Sportmediziner an der Universität Gießen. Während bei untrainierten Frauen jede Zweite in den Wintermonaten erkältet ist, trifft es bei sehr fitten Frauen nicht mal jede Zehnte. Denn das Training aktiviert Killerzellen und Leukozyten: Antikörper werden so schneller gebildet. Regelmäßige Bewegung kann außerdem Stress abbauen (auch das kommt unserer Widerstandskraft zugute), die Alterung der Körperabwehr verlangsamen und Entzündungen im Körper mindern.
Vor allem Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen, Langlaufen, aber auch Krafttraining stimulieren das Immunsystem. Sport wirkt wie ein positiver Stressor auf den Körper - zu viel Anstrengung reizt die Abwehr jedoch übermäßig. Das richtige Maß sind zwei- bis dreimal pro Woche 30 bis 45 Minuten Training in moderater Intensität. Nach sehr großer körperlicher Belastung, wie etwa einem Marathon, muss man sich dagegen bis zu zwei Wochen lang vor möglicher Ansteckung besonders hüten, weil die Infekt-Abwehr jetzt erst einmal geschwächt ist.
Wichtig: Auch mit einem leichten Schnupfen kann man trainieren. Sport sollte aber immer dann tabu sein, wenn man wirklich krank ist, Fieber hat oder sich insgesamt abgeschlagen fühlt. Und auch wer gerade erst genesen ist, sollte sicherheitshalber noch einen Tag mit dem Training aussetzen. "Sonst müssen die Zellen an zwei Fronten kämpfen. Oft verschlimmert das den Infekt", sagt Sportmediziner Krüger. Für starke Abwehrkräfte ist es außerdem günstiger, morgens nicht mit nüchternem Magen zu trainieren: Der verbliebene Kohlenhydratspeicher wird sonst für die Anstrengung benötigt - und dem Immunsystem fehlt es an Energie.
Alles, was wir essen, schiebt sich über kurz oder lang durch den Darm, das größte Immunorgan des Körpers. 70 Prozent der Immunzellen sammeln sich hier. Kein Wunder also, dass die Ernährung Einfluss auf unsere Abwehrkraft hat. Vor allem Nährstoffe wie die Vitamine C, B, E und A, Spurenelemente wie Zink und Selen und sekundäre Pflanzenstoffe, die in allen pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommen.
Nicht einzelne Stoffe seien entscheidend, sagt Professor Bernhard Watzl von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung in Karlsruhe, sondern vielmehr die Menge an Obst und Gemüse, die wir täglich verzehren - nämlich jene fünf Portionen, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Wichtig ist auch der Genuss möglichst vielfältiger Sorten, auch sollten Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse dabei sein. Wer sich gesund ernährt, braucht keine extra Dosis an Nährstoffen. Nur wer unter hohem Stress steht oder einen fiebrigen Infekt hat, sollte besonders auf Vitamin-C-haltige Lebensmittel achten (etwa Kohl, Paprika, Zitrusfrüchte).
Bei Vitamin D aber besteht oft Mangel: Die Häufigkeit von Atemwegsinfekten geht mit dem Vitamin-D-Spiegel im Blut einher. Deswegen empfiehlt es sich, mindestens einmal pro Woche eine Portion (150 g) fetten Fisch zu essen - zum Beispiel Lachs, Hering, Aal. Die wichtigste Quelle zur Bildung ist aber die UV-Strahlung, deshalb sollten wir gerade im Winter um die Mittagszeit täglich eine halbe Stunde raus.