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Erfahrungsbericht Vor den Wechseljahren: Willkommen im Zwischenreich

Erfahrungsbericht: Vor den Wechseljahren: Willkommen im Zwischenreich
© Everett Collection / Shutterstock
Die Zeit vor den Wechseljahren – die Prämenopause. Der Zyklus wird unregelmäßig, die Blutung stärker. "Was passiert mit mir?", fragt sich BRIGITTE-Autorin Karin Peschka.

Seit Anfang vergangenen Jahres spielt mein Körper in einer anderen Liga. Begonnen hat es mit schlichten Zyklusstörungen, das Gleichmaß der 30 Jahre davor war vorbei. Mittlerweile habe ich eine Curettage, eine Ausschabung der Gebärmutter, hinter mir. Gestern bin ich nach Hause gekommen, nach einer Nacht im Krankenhaus. Jetzt sitze ich in einem Café auf der Donauinsel, halte meine Nase in die Sonne und erhole mich. Die Luft ist warm, Boote tuckern vorbei, und das Leben sieht wieder freundlich aus.

"Ich habe nach 50 Tagen meine Tage bekommen"

Im Juli machte ich mich auf den Weg nach Oberösterreich, um meine Eltern zu besuchen. Ruhe, Einsamkeit, nur ich und die Autobahn. Zeit, sich zu entspannen und nachzudenken. Und nachzurechnen. Meine letzte Menstruation war mehr als 50 Tage her. Seit Wochen schleppte ich ein prämenstruelles Bäuchlein mit mir herum und die übliche Extraportion Wasser in den Beinen. Keine schlimme Sache. Trotzdem unangenehm. Am Abend stand ich mit meiner Mutter barfuß im Vorgarten. In meinem Bauch zog es verdächtig. Es geht los, dachte ich und freute mich auf ein Stück Normalität.

Eine Woche später und zurück in Wien, rief ich Andrea, meine allerbeste Freundin, an. "Tröste mich", sagte ich, als sie sich meldete. "Ich habe nach 50 Tagen meine Tage bekommen." - "Gratuliere", sagte Andrea, "und?" -"Sie hören nicht mehr auf", stöhnte ich. Im Gegenteil. Sie wurden immer stärker. Mir ging es schlecht, ich war müde. Ich war traurig. Ich wusste nicht, warum.

Adieu – zyklische Wellenbewegung

Bevor ich morgens aufwachte, wachte diese Blutfabrik namens Gebärmutter auf, um mit der Produktion zu beginnen. Ich trug alles, was es an Damenhygieneartikeln zu kaufen gibt, am oder im Leib. Das machte mir Angst. 30 Jahre war ich eins mit meinem Zyklus gewesen. Zuverlässige Ankunft zwischen dem 24. und dem 27. Tag. Ein Tag Warm-up zur Einstimmung, dann ein bis zwei Tage großes Kino mit allem Drum und Dran, danach, quasi zum Ausklang, noch zwei Tage Abschlussarbeiten. Auf Wiedersehen. Ein regelmäßiges Auf und Ab, eine zyklische Wellenbewegung. Und jetzt?

"Es ist nicht nur das Blut, das ich verliere", sagte ich. "Jugend. Kraft. Energie. Form. Ich verliere meine Zuversicht." - "Nein", sagte Andrea. "Nein", sagte ich. Natürlich nicht. Ein Teil ist ja schon weg. Die Jugend zum Beispiel. Da muss man sich mit 45 nichts mehr vormachen. Obwohl natürlich alles relativ ist.

Der Besuch beim Gynäkologen

Am nächsten Tag gewährte mir mein Gynäkologe einen samstäglichen Sondertermin. Er gab dem, was in meinem Körper vorging, einen Namen: Hypermenorrhoe. Seine Frau und Assistentin tätschelte mir das Knie, während ihr Mann zwischen meinen gespreizten Beinen abtauchte. Ich betrachtete das auf die Decke geklebte Mosaik, eine stilisierte Frauenfigur mit angedeuteter Mitte.

"Hm", sagte der Arzt, "das gefällt mir gar nicht." Wir waren beim Ultraschall angekommen. Es ging um einen Zyklus von 50 Tagen und eine Regelblutung, die schon eine volle Woche dauerte und heftig war. Eigentlich sollte die Gebärmutter längst mit dem Großreinemachen fertig sein. War sie aber nicht. "Hm", wiederholte der Arzt und dann: "Aha! Eine Zyste." Wahrscheinlich hingen die Zyste und der lange Zyklus und ein erhöhter Östrogenspiegel mit der starken Blutung zusammen. Um sie einzudämmen, bekam ich Tabletten verschrieben. Und weil ich nicht genug davon gelassen hatte, nahm der Arzt mir noch Blut ab. Raus, dachte ich, nur raus.

"Dieser Zustand zwischen Jung und Alt"

Es war ein heißer Tag, die Sonne knallte, ich ging auf der Schattenseite. Die Hitze war mir zu viel. Auch das war neu. Mit dem Rezept in der Hand suchte ich die nächste Apotheke mit Wochenenddienst. Im diesem Moment hätte ich alles geschluckt, um die Blutung zu stoppen. Der Apotheker drückte mir eine weiße Schachtel in die Hand. Mit den Tabletten kam die Zuversicht. Dass das nur jetzt so wäre. Dass alles wieder anders werden würde. Dass man mit Mitte 40 so sein darf. Angeschlagen, angezählt. Dass ich mich nur ausruhen müsste, dann würde sich der Rest schon finden.

Ich setzte mich in ein Café am Wiener Ring. Dort starrte ich in die Luft und dachte nach. Ich versuchte, dieses Zwischenreich zu begreifen, das sich da auftat. Dieser Zustand zwischen Jung und Alt, nicht mehr voll funktio-nierend, bezogen auf die Möglichkeit, schwanger zu werden. Noch nicht unfruchtbar. Das ist nicht der eigentliche "Wechsel", hatte der Arzt gesagt. Sondern der Beginn der Prämenopause. Das Vorklimakterium. Dauert mal mehr, mal weniger Jahre. Kann sich wieder beruhigen, "regeln", meinte er. Eine Phase mit normalen Zyklen und Blutungen, die nicht den Eisenspeicher innerhalb zweier Tage leeren, wäre möglich. Eventuell. Vielleicht. Eine Aussage, die nicht wirklich auf Fels gebaut war.

Das, was jetzt ist, überlegte ich mir, was ist das eigentlich? Eine Chance? Muss man überall Chancen sehen? Muss man ein Fazit ziehen, einen Zwischenstand? Ich saß damals noch eine ganze Weile und dachte nach. Antworten fand ich keine.

"Ausschabung der Gebärmutter, wie das klingt. Nach Schlachter, nach Schmerzen"

Neun Wochen vergingen. Die Tabletten, die mir der Arzt verschrieben hatte, hatte ich nicht besonders gut vertragen. Aber sie nahmen der Blutung die Wucht. Die Gebärmutterschleimhaut war viel zu dick gewesen, der Östrogenspiegel enorm erhöht. Das hatte auch einen Vorteil, ich musste mir die Beine nicht so oft epilieren. Nach einer Woche wurde kontrolliert: Die Schleimhaut war dünner, der Östrogenwert niedriger, der Weg der richtige, so mein Arzt. Also nicht mehr so viele Tabletten nehmen, nach ein paar weiteren Tagen sollte wieder alles im Lot sein.

Nach ein paar weiteren Tagen wurde die Blutung wieder stärker, von leichten Krämpfen begleitet. War das die normale Regelblutung? Ich telefonierte mit dem Arzt, wir beschlossen, abzuwarten. Im September war ich mit den Nerven am Ende. Ich blutete heftig, verlor gleichermaßen Kraft und Zuversicht, heulte am Telefon, lag ewig im Bett und war doch ständig müde. Wieder ein Termin in der Praxis. Wir sprachen über die Curettage, die ich bei allen Terminen zuvor heftig verweigert hatte. Ausschabung der Gebärmutter, wie das klingt. Nach Schlachter, nach Schmerzen. Diesmal lehnte ich sie nicht mehr ab, fragte nur: "Wann?"

Willkommen im Zwischenreich

Der Eingriff sollte zwei Wochen später stattfinden. Das fühlte sich an wie eine Mischung aus Erleichterung, Versagen und Ausgeliefertsein. Einer Entwicklung ausgeliefert, die sich nicht kontrollieren lässt. Wenn ich mich bisher auf etwas hatte verlassen können, dann auf meine körperliche Fitness. Nach einer Zeit schwerer Krankheit in jungen Jahren hatte sich an dieser Fitness, am Leben an sich und am Heranwachsen meines Sohnes mein Geist beruhigt. Wenn ich mit mir selbst im Reinen bin, kann ich mich besser treiben lassen, wohin auch immer.

Und jetzt konzentrierte sich meine ganze Aufmerksamkeit seit Wochen auf mich, jeder Gang auf die Toilette war zu einer Statusanalyse geworden: mehr oder weniger Blut, flüssig, klumpig? Jawohl, ich lief aus, im wörtlichen Sinn. Das musste gestoppt werden. Die Curettage war keine große Sache. Am anstrengendsten war die Narkose, aber auch davon erholte ich mich schnell.

Danach ging es mir besser: keine starken Blutungen mehr, Kraftpegel steigend. Eine Antwort darauf, was jetzt gerade in mir und mit mir passiert, habe ich noch immer nicht gefunden. Ich weiß nur eines: Ich bin in einem Zwischenreich angekommen. Und das schaue ich mir an. So gelassen und neugierig wie möglich. Vielleicht darf ich das ja auch, mal eine Zeit lang auf mich schauen. Vielleicht ist das die Botschaft, wenn es denn eine gibt.

Brigitte

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