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Umwelthormone Schon mal von Umwelthormonen gehört?

Umwelthormone: Gemüse eingepackt in Plastikfolie
© Olga Miltsova / Shutterstock
Ob in Kosmetik, Käseverpackungen oder Outdoorjacken – in vielen Alltagsprodukten stecken Substanzen, die unseren Körper durcheinanderbringen können. Was lässt sich dagegen tun?

Wir verbauen sie in unseren Häusern, kleiden uns in Stoffe, die mit ihnen behandelt wurden, benutzen Kosmetika, denen sie als UV-Filter, Haltbarmacher oder günstiger Füllstoff zugesetzt sind. Außerdem lösen sie sich aus Plastikverpackungen oder Konserven und gehen so in unsere Nahrung über und werden in Pestiziden auf Obst und Gemüse gespritzt.

Fast jeder hat ein Grundrauschen dieser Stoffe im Körper. Laut Umweltbundesamt fanden sich zum Beispiel im Blut und Urin von Kindern und Jugendlichen fast durchgehend Phthalate, Bisphenole, Parabene oder Perfluoroctansäuren.

Aber was genau bedeutet das für uns? Tatsächlich ist die Bandbreite möglicher Auswirkungen groß. Studien deuten zum Beispiel darauf hin, dass Umwelthormone unseren Stoffwechsel so stören, dass wir leichter Fett einlagern und mit höherer Wahrscheinlichkeit Diabetes entwickeln. Sie können Spermien oder Eizellen schaden, sodass es schwerer wird, Kinder zu bekommen, und weibliche Körper so beeinflussen, dass sie früher in die Pubertät kommen und auch zeitiger in die Menopause. Einige der Schadstoffe könnten das Risiko von Krebs in Hoden, Eierstöcken oder der Brust erhöhen.

Gibt es Zusammenhänge?

Diese Zusammenhänge sind für den Menschen nicht bewiesen, aber sie gelten als ausreichend plausibel. Selbst wenn sich also nie mit absoluter Sicherheit sagen lässt, dass eine bestimmte Chemikalie eine bestimmte Krankheit oder Funktionsstörung verursacht, stellt sich die Frage: Wie können wir diese Schadstoffe, zumindest so gut es geht, vermeiden?

Ob ein Apfel von der heimischen Streuobstwiese oder einer aus Südafrika, ob frisch gekochtes Mittagessen oder eines zum Aufwärmen in der Mikrowelle, ob selbst gemachtes Pesto aus Bio-Basilikum oder fertiges aus dem Glas – wer darauf achtet, was er isst, macht schon viel richtig. Biolebensmittel werden nicht mit potenziellen Umwelthormonen behandelt, sie sind konventionellen vorzuziehen. Das gilt vor allem für Aprikosen, Birnen, Erdbeeren, Feldsalat, Kirschen oder Grünkohl, die häufiger Rückstände aufweisen als andere Gemüse oder Früchte. Auch sind konventionelle Lebensmittel aus Nicht-EU-Ländern eher mit Schadstoffen belastet, da dort oft nicht so streng kontrolliert wird und bei uns verbotene Chemikalien eingesetzt werden können.

Zudem kommt es auf die Hülle an: Unverpackte Lebensmittel sind weniger riskant als verpackte. Die Forschungsgruppe PlastX etwa ermittelte in Alltagsprodukten aus Kunststoff mehr als 1000 verschiedene Chemikalien. In rund drei von vier untersuchten Produkten wie Joghurtbechern oder Trinkflaschen fanden sich schädliche Substanzen. In einer Studie, in der die Teilnehmenden fünf Tage lang Dosensuppe essen sollten, stieg das Bisphenol A-Level (BPA) in ihrem Blut um mehr als 1000 Prozent. Glaskonserven sind schon mal besser als solche aus Metall.

Gibt es Alternativen?

Unverpackte Alternativen wären natürlich die beste Wahl, sind jedoch nicht überall leicht zu bekommen. Aber auch im herkömmlichen Supermarkt kann man die schädlichsten Plastiksorten mit folgendem Reim umgehen, der sich auf die Recyclingcodes der Plastikverpackungen – das sind die aus drei Pfeilen aufgebauten Dreiecke – bezieht: "4, 5, 1 and 2, all the rest are bad for you." Wichtig: Auch Take-away-Boxen können mit Umwelthormonen belastet sein.

Bei Kosmetika hilft es, sie mit der App "Codecheck" auf bedenkliche Inhaltsstoffe zu prüfen. Polymere, Parabene, Benzophenon und Triclosan sollten vermieden werden. In Naturkosmetik sind viele umstrittene Inhaltsstoffe verboten. Putz- und Waschmittel lassen sich ebenfalls über die App checken oder – für jene, die mehr Zeit investieren möchten – selbst aus Zitronensäure, Natron, Soda und Kernseife herstellen.

Auch im Fußbodenbelag aus PVC, im neuen Sofa oder Teppichboden können sich Umwelthormone befinden, die dann eingeatmet werden. Produkte im Baumarkt oder Möbelhaus, die stark chemisch riechen, also besser nicht kaufen. Wer auf Holzfußböden oder Fliesen setzt und dazu seine Wände mit Kalk- oder Lehmfarbe streicht, kann sinnvoll Schadstoffe reduzieren. Und allgemein gilt: Wer weniger Neues kauft, nutzt, was er hat, und repariert, was kaputt ist, schont nicht nur die Umwelt, sondern holt sich auch weniger Umwelthormone ins Haus.

Störfaktoren

Die auch als Endokrine Disruptoren bezeichneten Stoffe gaukeln dem Körper zum Beispiel vor, sie seien Hormone – etwa durch einen ähnlichen chemischen Aufbau. Hormone steuern als Botenstoffe viele wichtige Prozesse in unseren Körpern. Sie treiben zum Essen und Trinken an oder steuern die kindliche Entwicklung. Umwelthormone können derartige Signale verstärken, abschwächen oder blockieren und so das körpereigene Nachrichtensystem durcheinanderbringen. Aktuell, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), gibt es rund 800 solcher Substanzen.

Buchtipp:

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Brigitte

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