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Antibiotika im Trinkwasser - wie gefährlich ist das?

Antibiotika im Trinkwasser - wie gefährlich ist das?
© Tina_Rencelj/iStock/Thinkstock
Sommer, Hitze, Trinken - ran an den nächsten Wasserhahn. Doch wie gesund ist unser Trinkwasser? Wie problematisch sind Mikroplastik und Antibiotika-Rückstände? Wir fragten Dr. Ingrid Chorus vom Umweltbundesamt.

Frau Dr. Chorus, unser Trinkwasser gilt als gesund und unbedenklich. Andererseits werden die Abwässer zunehmend mit Medikamentenrückständen belastet. Wie groß ist das Problem?

Dr. Ingrid Chorus: Rückstände von Arzneimitteln in Trinkwasser kommen punktuell mal vor, aber die Mengen sind extrem gering und für die Gesundheit nicht relevant. Tatsächlich ist die Wasserqualität in Deutschland sehr gut. Die Wasserversorger messen sehr viel umfangreicher als das Gesetz vorsieht.

Trotzdem schrecken uns immer wieder Meldungen über Antiobiotika-Rückstände in Grundwasser auf ...

Wenn Antibiotika gefunden werden, dann meist im Grundwasser in der Nähe von Tierhaltungsbetrieben und in Gebieten, wo große Mengen an Gülle gelagert und auf Felder ausgebracht werden. Grundwasser aus diesen Regionen wird aber nicht für Trinkwasser verwendet. Das ändert allerdings nichts an dem Schaden, der für die Umwelt entsteht: In Gewässern in der Nähe von Klärwerksabläufen oder intensiv genutzten Weideflächen hat man beobachtet, dass männliche Fische und Schnecken durch den Wirkstoff in der Antibabypille verweiblichen.

Ingrid Chorus
Die promovierte Biologin ist Abteilungsleiterin für Trink- und Badebeckenwasserhygiene beim Umweltbundesamt. Auch privat ist sie dem Wasser zugetan, sie paddelt und rudert gern.
© Umweltbundesamt

Auch Mikroplastik, das in Zahncreme, Peeling- und Duschprodukten steckt, soll schon in Trinkwasser gesichtet worden sein.

Ein weiteres Aufregerthema. Aber es gibt bisher keine Belege, Mikroplastik mengenmäßig nachzuweisen ist schwierig, wir suchen derzeit nach geeigneten Methoden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Teilchen dieser Größe bei der Filtration im Boden oder im Wasserwerk nicht entfernt werden.

Woher stammt das Trinkwasser in Deutschland?

Rund 70 Prozent kommt aus Grundwasser, meist aus tiefen, gut geschützten Schichten, die nicht von Abwasser und Medikamenten beeinflusst werden. Ein kleiner Teil wird aus Talsperren gewonnen, die oft ähnlich gut geschützt sind. In Flüssen allerdings können Arzneimittel in geringen Konzentrationen vorhanden sein. Dort, wo in Deutschland aus Flüssen Trinkwasser gewonnen wird, wird das Flusswasser gut aufbereitet und filtriert, so dass viele Stoffe, so auch Arzneimittel, zu einem großen Teil entfernt werden. Was dann noch gefunden wird, liegt im Bereich von wenigen Mikrogramm pro Liter und gilt als gesundheitlich unbedenklich. Doch unser Ziel und Leitbild ist es, dass Trinkwasser frei sein soll von Belastungen durch Wirkstoffe, Schadstoffe und Krankheitserreger.

Wenn sich im Haus noch Bleileitungen befinden, setzen die am Ende dem Trinkwasser zu. Sind auch Kupferleitungen riskant?

Kupfer verträgt sich nicht mit jedem Säuregehalt und Härtegrad des Wassers. Leitungen müssen darauf abgestimmt werden. Seriöse Installateure holen sich entsprechende Informationen beim örtlichen Wasserversorger. Fragen Sie den Installateur, ob er dort gelistet ist – das sollte er sein. Sind noch Bleileitungen im Haus, haben Mieter einen gesetzlichen Anspruch auf Abhilfe, sobald das Wasser mehr als 10 Mikrogramm Blei pro Liter enthält. Hier haben eine Mietminderung oder eine Klage durchaus schon Erfolg gehabt.

In einigen Gegenden Deutschlands wird Trinkwasser gechlort. Kann das bei empfindlichen Personen zu allergischen Reaktionen führen?

Dies ist bislang nicht beobachtet worden. Etwa die Hälfte der Versorger chlort das Wasser mit sehr geringen Mengen, von denen am Wasserhahn allerdings fast nichts mehr ankommt, so dass man in der Regel nichts riecht oder schmeckt.

Wie lange reichen die Wasservorräte in Deutschland? Müssen wir uns Sorgen um die Zukunft machen?

Nein. Wasser wird nicht verbraucht, sondern gebraucht. Wir müssen aber darauf achten, dass das gebrauchte Wasser – also Abwasser - wieder möglichst sauber in die Umwelt entlassen wird, und die Wasserressourcen vor Verunreinigungen geschützt werden.

Was kann jeder selbst tun, um die Qualität des Trinkwassers langfristig zu sichern?

Arzneimittelreste sollten nicht ins Klo geworfen sondern in der Apotheke abgeben werden. Ist das nicht möglich, dann gehören sie in den Müll, wo sie unschädlich entsorgt werden. Patienten aber auch Ärzte sollten sich bewusst sein, dass Arzneimittel sowohl über unsere Ausscheidungen in die Umwelt gelangen, also auch beim Duschen, wenn es sich um Gele und Cremes handelt. Daher sollte nur so viel davon verwendet werden, wie therapeutisch wirklich geboten ist. Gut wäre, wenn die Pharmaindustrie bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe deren Abbaubarkeit in der Umwelt zu beachten hätte.

Ausführliche Informationen zu Herkunft, Kreislauf und Verbrauch von Trinkwasser bietet die Broschüre "Rund um das Trinkwasser", die Sie über die Website des Umweltbundesamtes kostenlos herunterladen können.

Teaserbild: istock/Thinkstock

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