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Laut Wissenschaft Ist eine Online-Therapie genauso hilfreich wie eine vor Ort?

Frau mit Laptop auf dem Sofa
© Yauhen / Adobe Stock
Eine Studie hat untersucht, ob eine internetbasierte Therapie ausreichen kann oder wir doch den direkten Kontakt benötigen. Könnte die digitale Form von Vorteil sein?

Eine Therapie zu beginnen, fällt vielen schwer. Manche Menschen kostet der erste Anruf bereits Überwindung – und bis Betroffene nach einem Erstgespräch an einen Platz kommen, dauert es oft Monate. Dann soll die Therapie am besten noch in den Arbeitsalltag passen, heißt: am besten ist der Weg nicht zu lang, damit uns nicht zu viel Zeit abhanden kommt – denn sonst ist die Person unter Umständen zusätzlich gestresst.

Wenigstens dieser Part fällt bei einer Online-Therapie schon einmal weg – aber es gibt noch weitere Vorteile.

“Die tatsächlichen Kosten mentaler Gesundheit kommen nicht davon, dass die Bedingungen behandelt werden, sondern davon, dass sie nicht behandelt wurden"

, zitiert "Scientific American" Ana Catarino, Direktorin für klinische Gesundheit am Ieso Digital Health Institut im Vereinten Königreich. Sie ist Co-Autorin einer neuen Studie, die die Wirksamkeit einer digitalen Therapie gegenüber einer vor Ort untersucht hat.

Was eine Online-Therapie bietet

Der entfallende Weg ist offensichtlich ein Plus der Online-Therapie; aber auch in der Sicherheit des eigenen Zuhauses anstatt in einer fremden Umgebung zu sein. Das kann es beispielsweise einfacher machen, Gefühle zuzulassen. Und auch wenn es sicherlich einige Personen bevorzugen sich persönlich zu treffen, ist es nicht unbedingt notwendig. Da eine professionelle Distanz gewahrt werden soll, wird ein körperlicher Kontakt mit dem:der Therapeut:in eher nicht stattfinden.

Welche Vorteile sieht die Studie?

Laut der Studie sind die Wartezeiten auf einen digitalen Platz kürzer als auf einen in einer Praxis. Was wiederum einen großen Vorteil für die mentale Gesundheit darstellt: Denn je länger ein psychischer Zustand sich verschlechtert, desto länger dauert oftmals die Behandlung – schneller an Hilfe zu gelangen, ist nicht nur wichtig für den:die Patient:in, sondern reduziert auch Krankheitskosten oder Krankheitstage. Beides nimmt laut Angaben von Wissenschaftler:innen im Zeitverlauf zu.

Laut dgppn, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V., erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutschland die Kriterien einer psychischen Erkrankung im Zeitraum eines Jahres. Die häufigsten Krankheitsbilder: Angststörungen, Depression und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentengebrauch. 

Wie es online funktionieren kann

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler:innen vor allem die Wirkung einer bestimmte Form der Online-Therapie: Eine textbasierte kognitive Verhaltenstherapie über einen Chat mit einem:einer Therapeut:in. Sozusagen 1:1-Sessions – allerdings online. Die Ergebnisse von 27.540 Patient:innen mit Depression oder Angststörung wurden genauer untersucht. Dafür wurden reale Daten aus dem Gesundheitssystem des Vereinigten Königreichs genutzt und Faktoren wie Wartezeit, Zeit der Behandlung, klinische Diagnose sowie Ausprägung der Symptome vor und nach Ende der Behandlung einbezogen. 

Das Ergebnis: Die online stattfindende kognitive Verhaltenstherapie habe einen ähnlichen Effekt wie die Face-to-Face-Variante. Die Wissenschaftler:innen untersuchten die Veränderung der Symptomatik über einen zweijährigen Verlauf, inklusive monatlicher Updates. Die Kosten für die chat-basierte Form mit Therapeut:in seien ebenfalls geringer als beim klassischen Angebot – dies machten die Forschenden daran fest, dass durch den schnelleren Zugang weniger andere Gesundheitsangebote genutzt wurden, um die Symptomatik zu verbessern und dass die Lebensqualität der Menschen zunahm.

Weniger gut schnitten Therapieformen ohne fachkundige Person ab. Beispielsweise ein Online-Selbsthilfeangebot wie ein Workshop, der ohne eine:n Therapeut:in durchgeführt werde. Die Abbruchrate sei bei solchen Angeboten höher und könnten eher bei milder Symptomatik helfen, so die Wissenschaftler:innen.

Warum textbasierte Verhaltenstherapie sinnvoll sein kann

Fazit der Studie: Eine niedrigere Wartezeit sowie eine effizientere Behandlung seien besonders wichtig, um eine Angst-Störung oder Depression zu behandeln. Die internetbasierte Therapieform könne teilweise in der Hälfte der Zeit einer klassischen Therapie absolviert werden, da die Wartezeit geringer sei, so die Forschenden. Im Chat könne es außerdem von Vorteil sein, dass die Patient:innen schrieben, da es die Selbstreflexion möglicherweise besser verinnerliche. Generell seien vor allem Therapieformen mit einer fachkundigen Person hilfreich, um stärkere Symptome einer Angst-Störung oder Depression zu behandeln – Selbsthilfeformate seien eher bei milder Symptomatik sinnvoll.

Verwendete Quellen: scientificamerican.com, dgppn.de, ikkev.de, nhs.uk

lkl Brigitte

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