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Späte Mütter: Risiko Schwangerschaft?

Schwangere Frau auf Bett schaut sich Ultraschallbild an
© Natalia Deriabina / Shutterstock
Beim ersten Kind schon über 40 - nicht nur unter Promis kommt das immer öfter vor. Welche gesundheitlichen Risiken die späte Schwangerschaft wirklich birgt.

Was haben Nicole Kidman, Selma Hayek, Geena Davis und Christina Plate gemeinsam? Sie sind mehr oder weniger prominent und wir kennen sie aus dem Fernsehen. Besonders beliebte Fotomotive waren sie in letzter Zeit aber nicht wegen ihrer neuen Rollen/Sendungen/Kleider, sondern wegen ihrer Babybäuche. Sie alle sind Mutter geworden - und über 40.

Hollywood-Star Nicole Kidman (42) ist seit einem Jahr stolze Mutter. Auch ihre Kollegin Selma Hayek (43) bekam vor zwei Jahren ihre Tochter. US-Schauspielerin Geena Davis (53) bekam ihr erstes Kind sogar erst mit 47, die Zwillinge Kian und William folgten vor fünf Jahren.

Ab wann heißt es "späte Mütter"?

Doch nicht nur Promis entscheiden sich erst jenseits des 40. Geburtstags für Kinder. Immer mehr Frauen sind so genannte Spätgebärende. Etwa ein Viertel der Schwangeren in Deutschland ist heute über 35 Jahre alt. Aber ab wann gilt man eigentlich als "späte Mutter"? Ab 35, ab 40 oder noch später? Das hängt immer davon ab, was die anderen so machen. In den 60er Jahren bekamen Frauen durchschnittlich mit 23 ihr erstes Kind, in den 70ern mit 25. Wer erst mit 30 zum ersten Mal schwanger wurde, galt schon als Spätgebärende.

Heute werden Frauen in Deutschland durchschnittlich in diesem Alter Mutter, Akademikerinnen noch einige Jahre später. Bis zu ihrem 35. Lebensjahr bleiben laut Statistischem Bundesamt 62 Prozent der Hochschulabsolventinnen kinderlos. Gerade bei ihnen sehen die Demografen einen deutlichen Trend zur "späten Mutterschaft" mit Ende dreißig, Anfang vierzig. Städterinnen bekommen übrigens später Kinder als Frauen, die auf dem Land wohnen, hat das Statistische Landesamt von Baden-Württemberg festgestellt.

Die Sache mit der Fruchtbarkeit

Zwar ist die weibliche Lebenserwartung im letzten Jahrhundert um circa dreißig Jahre gestiegen, aber die Wechseljahre treten nach wie vor durchschnittlich um den 50. Geburtstag ein. Und auch die Jahre davor sind alles andere als fruchtbar, denn die Blutungen werden unregelmäßiger und damit auch der Eisprung. Was nicht heißt, dass man über 40 nicht mehr schwanger werden kann. Aber es kann womöglich lange dauern.

Die Natur hat für uns ein ideales Gebäralter zwischen 20 und 25 vorgesehen.Dann sind wir am fittesten, können die Strapazen von Schwangerschaft und Geburt am besten wegstecken. Biologisch gesehen. Denn an lange Ausbildungszeiten und Männer, die sich noch wie Jungs benehmen, hat die Natur dabei nicht gedacht.

Schon ab dem 30. Geburtstag nimmt die Fruchtbarkeit langsam ab. Ab 40 liegt die Wahrscheinlichkeit, pro Zyklus spontan schwanger zu werden, noch bei fünf Prozent. Was dagegen hilft? Erst mal das Übliche: gesund leben, genug schlafen. Wer etwas nachhelfen will, kann mit Urinteststäbchen den genauen Zeitpunkt des Eisprungs bestimmen (z.B. von Clearblue, ca. 20 Euro, Apotheke). Dann ist die Chance auf eine Schwangerschaft am höchsten. Findet kein regelmäßiger Eisprung statt, kann der Frauenarzt ihn mit Hilfe von Hormonen stimulieren.

Risikoschwangerschaft - ist wirklich alles so gefährlich?

Ab dem 35. Lebensjahr hört man immer wieder den Begriff "Risikoschwangerschaft". Klingt gefährlicher, als es ist, und führt leider in die Irre. Denn der Frauenarzt fragt insgesamt 25 Faktoren ab, die theoretisch (!) ein erhöhtes Risiko in der Schwangerschaft bedeuten können (z.B. familiäre Vorbelastungen wie Bluthochdruck, aber auch Allergien, Übergewicht, usw.). Das Alter von über 35 ist nur einer davon. Dann entscheidet der Arzt anhand des Faktorenkatalogs, ob die Schwangerschaft im Mutterpass als Risikoschwangerschaft vermerkt wird.

Die allermeisten Schwangerschaften jenseits des 35. Geburtstags verlaufen so komplikationslos wie bei jüngeren Frauen, auch wenn das statistische Risiko für manche Erkrankungen und Probleme mit dem Alter steigt. "Außer einem erhöhten Risiko für Chromosomenstörungen ist keine besondere Gefahr zu befürchten", sagt Prof. Dr. Eva Maria Grischke von der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.

Fehlgeburt

Je älter wir sind, desto älter unsere Eizellen. Denn die werden bei Frauen schon angelegt, während sie noch als Embryos im Mutterleib herumschwimmen - und danach nicht erneuert. Eine über 40 Jahre alte Eizelle ist wie ein Gebrauchtwagen: Sie kann noch gut in Schuss sein, aber auch schon ein paar Mängel haben. Manche befruchtete Eizellen schaffen es deswegen nicht mehr, sich dauerhaft in der Gebärmutter einzunisten.

Bei zu großen "Mängeln" wie Erbgut-Störungen startet der Körper ein natürliches Ausleseprogramm: die Fehlgeburt. Ab Anfang 40 endet fast jede dritte Schwangerschaft mit einer Fehlgeburt, bis zum 30. Lebensjahr nur jede zehnte. Klingt bitter, ist aber eigentlich eine Hilfe der Natur. Denn die "aussortierten" Embryos wären gar nicht lebensfähig.

Behinderungen

Viele Frauen über 35 haben Angst, dass ihr Kind aufgrund eines Erbgut-Defektes behindert sein könnte. Die häufigste Chromosomenstörung ist die Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt. Tatsache ist: Sie tritt bei älteren Frauen häufiger auf. Das Risiko steigt aber ab 35 nicht sprunghaft an, sondern ganz langsam. So ist bei 35-jährigen Müttern statistisch ein Kind von 350 betroffen, bei den 40-Jährigen ist es eins von 100, bei den 44-Jährigen eins von 14. Anders gesagt: Knapp 93 Prozent der Kinder sind selbst in diesem Alter der Mutter gesund.

Eine eindeutige Diagnose liefern während der Schwangerschaft nur so genannte invasive (innerliche) Verfahren wie die Fruchtwasseruntersuchung. Dabei besteht aber auch die Gefahr, dass eine Fehlgeburt ausgelöst werden kann. Außerdem sagt das Ergebnis nichts über den Grad der Behinderung aus. Manche Kinder kommen mit schweren Herzfehlern zur Welt, bei anderen fällt die Behinderung kaum auf und sie können ein annähernd normales Leben führen.

Viele Frauenärzte und Berater für Pränataldiagnostik raten den Schwangeren deswegen, sich vor den Untersuchungen die Frage zu stellen, ob sie mit einem behinderten Kind leben könnten. Wer das nicht auf sich nehmen möchte, sollte die Pränataldiagnostik nutzen.

Schwangerschaftsdiabetes

Bei Frauen über 35 kommt der schwangerschaftsbedingte Diabetes - der nichts mit Altersdiabetes zu tun hat - statistisch gesehen häufiger vor. Der Körper braucht während der Schwangerschaft zwei- bis dreimal so viel vom körpereigenen Hormon Insulin wie sonst, um den Blutzuckerspiegel im Griff zu behalten. Da Insulin in der Schwangerschaft schwächer wirkt, muss die Bauchspeicheldrüse jetzt mehr davon produzieren. Etwa zehn Prozent der Schwangeren können diesen Mehrbedarf nicht selbst liefern.

Der Blutzuckerspiegel ist deshalb krankhaft erhöht. Viele merken aber nichts davon. Erste Hinweise sind ständiger Durst und häufige Pilzinfektionen in der Scheide. Jede Schwangere sollte deshalb nach der 20. Woche einen Diabetes-Bluttest beim Frauenarzt machen (kostet ca. 25 Euro, wird von vielen Kassen leider nicht übernommen). Vorher kann der Körper den Mehrbedarf an Insulin ganz gut selbst ausgleichen. Die Urintests aus den Vorsorgeuntersuchungen reichen nicht aus, um eine Schwangerschaftsdiabetes sicher festzustellen. Nach der Geburt reguliert sich der Stoffwechsel fast immer wieder von selbst.

Bluthochdruck

Werte über 140/90 mmHG sind auffällig und sprechen für einen schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck. Die betroffenen Frauen spüren ihn meist gar nicht, er fällt aber durch das regelmäßige Messen bei den Vorsorgeuntersuchungen auf. Eiweiß im Urin sowie Wasseransammlungen im Gesicht und an den Händen sind weitere Warnsignale. Geschwollene Füße sind im letzten Drittel der Schwangerschaft dagegen normal.

So beugen Sie vor: Häufig steckt ein Nährstoffmangel hinter dem hohen Druck. Ernähren Sie sich ausgewogen, essen Sie viel gekochtes Obst und Gemüse. Reis bevorzugen, Kartoffeln reduzieren. Auch Stress kann den Blutdruck nach oben treiben. Übernehmen Sie im Job keine neuen Projekte. Auch die Wohnung muss nicht renoviert und perfekt ausgestattet sein, wenn das Baby kommt. "Schon bevor man eine Schwangerschaft plant, sollte ein Hochdruck internistisch abgeklärt und eventuell mit Medikamenten behandelt werden", rät Prof. Dr. Grischke.

Natürliche Geburt - oder Kaiserschnitt?

Ganz klar - die sicherste Geburtsmethode für das Kind ist der Kaiserschnitt. "Nicht selten hat das späte Wunschkind einen ganz besonderen Stellenwert für die Schwangere, so dass man sich für die schonendste Form der Geburt für das Kind und damit den Kaiserschnitt entscheidet", sagt Prof. Dr. Grischke.

Für die Mutter ist ein Kaiserschnitt allerdings mit höheren Risiken verbunden - egal wie alt sie ist. Denn es handelt sich um einen großen operativen Eingriff mit möglichen Komplikationen wie Entzündungen, Verletzungen der Harnleiter und Problemen beim Stillen oder weiteren Schwangerschaften. Wer gesund ist und eine komplikationslose Schwangerschaft erlebt, kann ohne Bedenken in die natürliche Geburt gehen.

Warum späte Mütter auch im Vorteil sind

"Reifere Mütter gehen oft bewusster in die Schwangerschaft und kümmern sich intensiv um ihren Körper und das Ungeborene", hat Prof. Dr. Grischke festgestellt. Sie verzichten frühzeitig aufs Rauchen, ernähren sich gesund, nehmen alle Vorsorgeuntersuchungen wahr.

Auch finanziell müssen sich viele keine Sorgen machen: Sie haben in der Vergangenheit gut verdient, im Job viel erreicht und bekommen im ersten Jahr immerhin bis zu 1800 Euro Elterngeld pro Monat. Sie wissen, dass sie vieles können und schon einiges erreicht haben. Warum nicht auch eine gute Mutter sein und das neue Leben mit Kind genießen? Denn eines bringt das Alter in jedem Fall mit sich: Selbstsicherheit und Gelassenheit.

Text: Bettina Laude Foto: iStockphoto

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