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Nach Brustkrebs: "Schaut auf meine Narben - sie sind das geringste Problem"

Christi Salcedo zeigt offen die Narben ihrer Brustamputation - um auf ein viel schlimmeres Problem aufmerksam zu machen.

"Schaut mich ruhig an!"

Christi Salcedo möchte ihre Narben nicht verstecken. Im Gegenteil: Mit diesem Selfie möchte sie gezielt den Blick auf ihre Brustkrebserkrankung lenken, die sie ihre Brüste gekostet hat.

Darunter erklärt sie, warum sie sich gegen Brustprothesen entschieden hat:

Appell gegen Verharmlosung: "Krebs ist hässlich!"

"Die Zeit ist reif für mich, das hier zu sagen. Guckt euch meinen Brustkorb so lange und gründlich an, wie ihr wollt. Ihr müsst euch dabei nicht komisch fühlen. Hier gibt es nichts Heiliges oder Sexuelles zu entdecken.

Was es für euch zu sehen ist, ist eine ausgehöhlte Achselhöhle. Brustkrebs breitet sich als Erstes in den Lymphknoten im Unteram aus. Meiner war unter dem linken Arm, also entfernten sie alle Lymphknoten und viel Gewebe. Euch fällt vielleicht auch ein etwas missratener Einschnitt auf, weil diese Stelle nach der Operation immer wieder aufging.

Ich kann verstehen, dass solidarische Gesten wie pinke Brustkrebs-Schleifen manchen Menschen Trost spenden, aber ich will, dass du weißt: Brustkrebs ist hässlich. Es ist keine einfache oder glamouröse Krebsart, an der man erkrankt. Für mich sind alle Krebsarten gleich. Zellen außer Kontrolle, ein Immunsystem an der Grenze.

"Ich wollte endlich wieder stark für meine Kinder sein"

Der Krebs hat mir einen kostbaren Teil meiner selbst genommen, mit dem ich einst meine Kinder ernährt habe. Es hat mir einen Teil meiner sexuellen Identität geraubt. (...)

Es gab viele Gründe, warum ich mich gegen Rekonstruktion entschieden habe. Vor allem, weil meine Kinder mich lange genug ganz unten gesehen haben. Ich wollte, dass sie mich endlich wieder stark erleben. Ich wollte, dass sie wieder die Mutter haben, die sie kannten."

Transgender-Debatte in den USA schadet auch Krebspatientinnen

Und dann kommt Christi zum eigentlichen Grund für das Foto: Sie ist Opfer einer Problematik geworden, die mit ihrer Krebserkrankung gar nichts zu tun hat. In den USA tobt aktuell ein ideologischer Kampf darum, wer öffentliche Toiletten betreten darf, und wer nicht. Mehrere Gesetze untersagen Transgendern bereits, auf die Toiletten zu gehen, die ihrem Selbstverständnis entsprechen. Und auch da, wo es solche Gesetze nicht gibt, fühlen sich "besorgte Bürger" dazu berufen als freiwillige "Waschraum-Polizei" genau zu kontrollieren, wer durch welche Tür geht - und "falsche" Männer und Frauen sofort zu stoppen.

Das ist nicht nur anmaßend und diskriminierend, sondern greift auch all diejenigen an, die auf den ersten Blick nicht eindeutig männlich oder weiblich "genug" aussehen. Eine Frechheit, bei der Christi der Kragen platzt:

"Das tut uns Krebs-Überlebenden weh!"

"Und bis vor kurzem war ich mit der Entscheidung sehr zufrieden. Aber ... die große Toiletten-Debatte von 2016 schadet nicht nur der Transgender-Community.

Sie tut auch uns Krebs-Überlebenden weh. Seit Kurzem stelle ich fest, wie immer mehr Augen versuchen, mich zu durchschauen. Im Supermarkt, in Restaurants - bei Wal-Mart war es am schlimmsten. Ich möchte schreien: JA! Du siehst richtig! Das ist Brustkrebs! Bitte, gucken sie nur selbst nach! Aber stattessen blicke ich zurück in ihre Augen, fast darum bittend, dass sich das, was aus unserer Gesellschaft geworden ist, wieder auflöst."

"Du musst mir nicht zustimmen, ich muss dir nicht zustimmen."

"Ich persönlich bin überzeugt, dass kein Transgender irgendwelchen Ärger auf öffentlichen Toiletten anzetteln will. Die Leute wollen einfach auf Toilette gehen. Schon vor dieser Debatte sind furchtbare Dinge auf öffentlichen Toiletten geschehen. Darum lasse ich meine Kinder auch nicht alleine auf öffentliche Toiletten gehen. Du musst mir nicht zustimmen, und ich muss dir nicht zustimmen. Das ist okay.

Menschen, deren Krebs behandelt oder nachbehandelt wird, haben vielleicht wenig Haare und tragen eine Baseballmütze. Sie haben vielleicht eine Brustamputation hinter sich, wie ich.

Bitte denkt an all diese Sachen. Ende vom Wutausbruch."

Angriff ist die beste Verteidigung

Mutige Worte und ein mutiges Foto: Christi weiß, dass sie sich mit diesem Posting sehr angreifbar macht, aber steht zu ihrer Meinung und ihrem Appell an die Menschlichkeit.

Bleibt zu hoffen, dass die Geste vielleicht wenigstens einigen Menschen Anlass gibt, ihr Handeln noch einmal zu überdenken.

heh

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