Anzeige

Mundgeruch und Käsefüße: Warum wir darüber sprechen sollten!

Mädchen schaut verlegen zur Seite
© Dara Kaliton / Shutterstock
Gespräche über Mundgeruch oder Käsefüße? Eher nicht. Sollte man aber öfter führen, findet Dr. Yael Adler

Was sind die größten Körpertabus?

DR. YAEL ADLER: Neben den sexuell betonten Themen ist ein ganz großes Tabu der Verlust an Vitalität und Jugend. Allen ist es unangenehm, wenn die Figur unförmiger und das Haar schütter wird - sowohl Männern als auch Frauen. Deshalb wird in unserer auf Jugendlichkeit ausgerichteten Gesellschaft die Schönheitsmedizin so exzessiv genutzt. Doch die Täuschung spüren wir schnell bei unserem Gegenüber.

Und wer sind die größeren Geheimniskrämer: Frauen oder Männer?

Frauen wollen immer charmant und sexy wirken. Alles, was nicht dazu passt, wie Stuhlgang, Ohrenschmalz und Körpergerüche, ist tabu. Männer gehen oft ganz entspannt auf die Toilette und hinterlassen Duftnoten. Sie machen eher ein Geheimnis um ihre Potenz und die Frequenz ihrer Sexualkontakte. Über eine erektile Dysfunktion sprechen sie lange nicht. Dabei kann sie sogar Vorbote eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls sein. Das gilt es abzuklären.

Sie plädieren also für mehr Offenheit als eine gewisse Vorsorge? Sonst würde ich sagen: Es muss ja auch nicht jeder Intimes und Ekliges von uns wissen ...

Für mich gibt es nichts Ekliges. Seinen Körper zu kennen ist ein Grundrecht des Menschen. Nur so können wir verantwortungsvoll mit ihm umgehen, Krankheiten vorbeugen und unsere Lebensqualität verbessern - besonders wenn uns etwas quält. Und es ist genau so: Gerade über Themen, die peinlich und schambesetzt sind, wird oft viel zu spät gesprochen und eine nötige Behandlung so häufig verschleppt.

Aber muss man diese Dinge tatsächlich in der Öffentlichkeit ansprechen?

Man kann über sexuelle Fantasien und körperliche Beschwerden schon auf Partys reden, am besten mit Humor. Das kann wunderbare Inspirationen und Erfahrungen von anderen bringen. Wer das nicht möchte, hat vielleicht im Freundeskreis oder in intimer Runde Gelegenheit dazu. Aus einer offenen Frage wie "Hat jemand schon mal von... gehört?" kann sich ein sehr interessantes Gespräch entwickeln. Und vor allem sieht man dann: Man ist nicht allein.

Wäre es nicht besser, gleich zur Ärztin oder zum Arzt zu gehen?

Sicher, aber leider tun das viele nicht. Dabei ist Ärzten nichts Menschliches fremd, und meist gibt es Lösungen. Statt über Jahre still vor sich hin zu leiden, sollte man offen sprechen, vor allem mit dem Arzt seines Vertrauens.

Sie schreiben, dass Sie, wenn jemand zu Ihnen kommt, gar nicht viel reden, sondern oft nur Ihrer Nase folgen müssen ...

Ja, denn an Körpergerüchen kann ich einiges erkennen. Die Arztnase riecht immer mit. Wer sich z. B. zu stark mit alkalischer Seife schrubbt und so dem Säure-Schutzmantel seiner Haut schadet, riecht süßlich. Talg riecht bitter-herb. Auch Organleiden wie Diabetes, Nieren- und Lebererkrankungen kann man manchmal erschnuppern.

Mundgeruch oder Käsefüße - was ist Ihnen persönlich unangenehmer?

Unangenehme Körpergerüche sind nie schön. Käsefüße sind meist verpackt und lassen sich mit einfachen Mitteln beseitigen. Mundgeruch sitzt tiefer, zeigt, dass schlechte Bakterien oder Infekte am Werk sind. Er kann auf eine schwerwiegende Krankheit hinweisen. Das ist für uns immer ein Alarmsignal. Reflexartig ziehen wir uns zurück, um uns zu schützen. Nahestehende Menschen sollte man deshalb darauf hinweisen.

Die Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. Yael Adler betreibt eine privatärztliche Praxis in Berlin-Grunewald (www. dradler-berlin.de). Ihr aktuelles Buch "Darüber spricht man nicht" ist bei Droemer erschienen (368 S., 16,99 Euro).

Videotipp: Tipps gegen Mundgeruch

BRIGITTE 25/2018

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel