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Krebs: Soll ich am Kinderwunsch festhalten?

Die Diagnose Krebs ist ein Schock für jede Frau. Wer einen Kinderwunsch hegt, muss sich nun die Frage stellen: Will ich noch mehr Eingriffe und Medikamente, um die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhalten? Neue Behandlungen machen Hoffnung - aber ihr Erfolg ist ungewiss.

Eine Betroffene erzählt

"Kaum wusste ich, dass ich Krebs habe, da schob der Arzt mich schon zum Spezialisten für Kinderwunschbehandlung. Dabei hatte ich nur gefragt, ob meine Kinder später eine Veranlagung zum Krebs erben könnten. Ich war 32 Jahre alt und wäre nicht auf die Idee gekommen zu fragen: Kann ich nach der Chemotherapie überhaupt noch Kinder kriegen? Als mir dann klar wurde, es gibt womöglich Probleme, wollte ich unbedingt etwas tun.

Der Spezialist klärte mich über die Möglichkeiten auf, aber ich war noch völlig schockiert von der Diagnose und verstand kaum etwas. Zum Glück war meine Schwester bei mir, sie erklärte mir hinterher noch einmal alles. Ich entschied mich für zwei Maßnahmen: Mit einem Medikament sollte ich erst hormonell stimuliert werden, um Eizellen für eine Reagenzglasbefruchtung zu gewinnen. Und daran anschließend würden meine Eierstöcke stillgelegt, so dass ich innerhalb weniger Tage in die Wechseljahre versetzt würde.

Viel Zeit blieb nicht. Zwischen Operation und Chemo lagen gerade mal drei Wochen. Die Behandlung empfand ich als sehr belastend. Mit den Hormonspritzen kamen extreme Stimmungsschwankungen. Wer mich in der Zeit ertragen musste: Hut ab. Aber auch im Nachhinein sehe ich dazu keine Alternative. Bei dieser Diagnose erträgt man nicht noch diesen Gedanken: Du wirst nie Kinder bekommen.

15 Eizellen reiften heran. Was sollte ich damit tun? Bei befruchteten Eizellen ist die Chance auf eine spätere Schwangerschaft größer. Bei unbefruchteten hätte ich die Option, sie im Fall einer Trennung von einem anderen Mann befruchten zu lassen. Mein Freund half mir bei der Entscheidung: Wir haben die eine Hälfte befruchtet und die andere Hälfte unbefruchtet einfrieren lassen.

Gut ein Jahr nach der Diagnose waren alle Behandlungen abgeschlossen. Seither verhüten wir nicht mehr. Wir legten es sogar richtig auf eine Schwangerschaft an - ohne Erfolg. Dabei habe ich regelmäßig Eibläschen, und sie sind auch gut sichtbar, sagt meine Frauenärztin. Auch an meinem Freund kann es nicht liegen, das ließen wir abklären. Im Februar diesen Jahres griffen wir deshalb auf unsere Reserve zurück. Das kostete mich Überwindung, denn ich kann Krankenhäuser nicht mehr sehen.

Einen Monat später waren alle Hoffnungen hin. Die befruchteten Eizellen gingen beim Auftauen kaputt, von den unbefruchteten ließ sich nur eine einzige befruchten, entwickelte sich aber nicht weiter. Erst war ich nur überrascht, dann verzweifelt. Ich kann mich einfach noch nicht mit dem Gedanken abfinden, keine Kinder zu haben."

Chemotherapie und Schwangerschaft

Eine Chemotherapie macht nicht zwangsläufig unfruchtbar. Doch abhängig von Medikament, Dauer und Dosis der Behandlung und dem Alter der Frau besteht das Risiko, dass die Zellgifte die Eierstöcke zerstören. Wer nach der Chemo schwanger wird, gefährdet übrigens weder das Kind noch sich selbst: Das Rezidivrisiko steigt dadurch nicht. Verschiedene Methoden sollen die Chance auf ein Kind erhöhen - keine davon ist vollständig ausgereift.

Hormonelle Stimulierung: Durch Medikamente reifen mehrere Eizellen gleichzeitig heran, die entnommen, befruchtet oder unbefruchtet eingefroren und später als Vorkern-Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt werden. Bei zwei Transfers bekommen im Durchschnitt 20 Prozent der Frauen ein Baby. Es wird diskutiert, ob eine Frau mit einem hormonabhängigen Tumor hormonell stimuliert werden sollte.

Eierstockgewebe einfrieren: Dieses Verfahren ist noch sehr experimentell. Der Frau wird Eierstockgewebe entnommen, eingefroren und nach der Chemotherapie in den Körper zurück transplantiert. Weltweit sind auf diese Weise bislang nicht mehr als zehn Kinder zur Welt gekommen.

Medikamentös in die Wechseljahre: Für die Zeit der Chemotherapie wird die Frau durch Medikamente in die Wechseljahre versetzt. Dies soll die Eizellen vor den Folgen der Chemo bewahren. Definitiv belegt ist die schützende Wirkung allerdings bislang nicht.

Zum Weiterlesen: Den Ratgeber "Kinderwunsch und Krebs" gibt es kostenlos bei der Deutschen Krebshilfe e.V. in Bonn oder als Download: www.krebshilfe.de/informa tionsmaterialien.html, Tel. 02 28/729 90-0

Protokoll: Martina Keller, Anne Otto Foto: Polylooks Ein Artikel aus Heft 07/2010

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