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Ist Brustkrebs heilbar? Es besteht Hoffnung!

Rosa Brustkrebs Schleife
© Shutterstock/Seasontime
Diese Hoffnung gilt für immer mehr Krebs-Patienten. Experten sind sich sicher: Die Krankheit wird ihren Schrecken verlieren. Die Überlebenschancen steigen, denn die Behandlung wird besser, individueller, ganzheitlicher - und der Umgang insgesamt offener.

Was wäre wenn ... Manchmal denke ich darüber nach. Nicht weil ich ein besonders ängstlicher Mensch bin oder gar hypochondrisch, sondern weil - ganz nüchtern betrachtet - die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Worte "Wir haben da etwas Auffälliges gefunden" einmal hören werde, ziemlich groß ist. Ich stamme aus einer Brustkrebs-Familie. Nicht wie die von Angelina Jolie, die sich vor ein paar Jahren vorsorglich Brüste (und Eierstöcke) entfernen ließ, weil die Tumor-Wahrscheinlichkeit bei ihr genetisch bedingt bei über 80 Prozent lag.

Ich trage keine dieser gefährlichen Mutationen BRCA1 und 2 in mir. Aber: Meine Großmutter bekam Brustkrebs mit 54, meine Mutter kurz vor ihrem 60. Geburtstag. Das heißt, ich falle in eine Risiko-, aber keine Hochrisiko-Gruppe - dafür sind meine Mutter und Großmutter zu spät, nämlich nach der Menopause erkrankt -, und gehe deshalb schon seit Ende 30 regelmäßig zur Früherkennung mittels Mammografie und Ultraschall. Immer wenn ich dann im Wartezimmer sitze, schießt es mir durch den Kopf: Was wäre, wenn man diesmal etwas fände ...

Die Krebsmedizin hat sich stark verändert

Es hat sich viel verändert in der Krebsmedizin, seit meine Großmutter Anfang der 1970er von ihrem Tumor erfuhr. Sie wurde damals radikal operiert. Die Brust wurde komplett entfernt, ihr Arm blieb dauerhaft in seiner Beweglichkeit eingeschränkt und schmerzte oft, anschließend folgte eine sehr aggressive Bestrahlung während eines mehrmonatigen Klinikaufenthalts. Ihre Haut wies danach massive Verbrennungen auf und erholte sich nur langsam. Ein paar Jahre später dann erlitt sie einen Rückfall mit Metastasen in der Lunge. Die Diagnose kam kurz vor Ostern, es gab keine sinnvollen Behandlungsmöglichkeiten, meine Großmutter verstarb in den Weihnachtstagen.

Gut ein Vierteljahrhundert nach ihr erkrankte meine Mutter. Ihr Tumor war kleiner, dank engmaschiger Kontrollen wurde er früh entdeckt. Sie wurde brusterhaltend operiert, war nach einer Woche aus der Klinik zurück, erhielt danach ambulante Bestrahlungen und über mehrere Jahre eine antihormonelle Therapie. Denn inzwischen war es Standard, den Tumor genauer zu untersuchen, und dieser erwies sich als "Hormonrezeptor-positiv", das heißt: Sein Wachstum war östrogenabhängig. Knapp 20 Jahre ist das her, meine Mutter gilt als geheilt.

Brustkrebs wird heutzutage individuell behandelt

Seitdem hat sich die Krebsmedizin immer weiter entwickelt: Quer über alle Formen der Erkrankung ging die Sterblichkeit allein in den letzten zehn Jahren um neun Prozent zurück. Beim Brustkrebs liegt die sogenannte Fünf-Jahres-Überlebensrate bereits bei 88 Prozent. Mit der Immuntherapie ist zudem eine völlig neue Behandlungsmethode entwickelt worden. Sie versetzt die körpereigene Abwehr in die Lage, den Tumor selbst zu bekämpfen, und verlängert die Überlebenszeit von
immer mehr Patienten deutlich. Unter ande
rem bei bestimmten
Formen von Lungenkrebs, für die es bisher kaum Therapiemöglichkeiten gab.

Außerdem wird die Behandlung immer individueller. Molekulare und genetische Analysen des Tumorgewebes werden feiner und erlauben abzuschätzen, für wen welche Behandlung am erfolgversprechendsten ist. "Wir lernen immer mehr, für immer kleinere Patientengruppen bessere, maßgeschneiderte Therapien anzubieten", so Dr. Rachel Würstlein vom Brustzentrum und dem Comprehensive Cancer Center am Klinikum der Universität in München. "Das wird in Zukunft noch viel, viel differenzierter möglich sein." Und Professor Dr. Martin Reck, Chefarzt der Onkologie der LungenClinic Großhansdorf sagt: "Wir können die Erkrankung niemals komplett heilen, aber wir können sie zurückdrängen und kontrollieren. Unser Ziel ist, Krebs zu einer chronischen Erkrankung zu machen."

Die Krebs-Mediziner lernen immer mehr über maßgeschneiderte Therapien

Und nicht nur die Hightech-Medizin schreitet voran. Gewachsen ist auch das Wissen, wie wichtig Bewegung, Ernährung und Entspannung sind, sowohl um Krebs vorzubeugen, als auch um die Lebensqualität von Erkrankten zu steigern und ihre Gesundung zu unterstützen. Parallel wächst die Anerkennung alternativer Verfahren. Neben dieser ganzheitlichen Behandlung gibt es noch einen weiteren Trend im Umgang mit Krebs: Es ist kein Tabu mehr, über die Erkrankung zu sprechen, offen mit ihr umzugehen. Und das gilt nicht nur für Promis wie Angelina Jolie.

Natürlich ist auch dies richtig: Wegen der steigenden Lebenserwartung erkranken immer mehr Menschen neu an Krebs, und die Zahl wird weiter steigen. "Sie haben Krebs" - diesen Satz hörten im Jahr 2013 laut Robert Koch-Institut 482.521 Menschen zum ersten Mal. Das sind fast doppelt so viele wie damals, als meine Großmutter ihre Diagnose erhielt. Wie ich selbst darauf reagieren würde? Ich weiß es nicht. So etwas kann man sich nicht vorstellen. Aber es gibt mehr denn je Grund genug, danach nicht die Hoffnung zu verlieren.

Aktuelle Methoden der Krebsmedizin:

Chemotherapie - Tumorzellen in den "Suizid" schicken

Auch wenn sie oft als die Krebsbehandlung schlechthin gilt, bekommt nicht jede Patientin mit Brustkrebs - 70.000 Neuerkrankungen gibt es jährlich - eine Chemotherapie. So bezeichnet man Medikamente, die Zellen am Wachstum hindern und zum Absterben bringen. Häufig wird eine Kombination verschiedener dieser Zytostatika eingesetzt. Sie wirken nicht nur auf Krebszellen, sondern vor allem auf Zellen, die sich schnell teilen. Neben Tumorzellen sind dies auch die von Haaren, Schleimhaut oder Knochenmark, was Nebenwirkungen wie Haarverlust, Übelkeit, Mundtrockenheit, Erschöpfung erklärt.

Oft kommt eine Chemo ergänzend nach einer Operation zum Einsatz, um eventuell verbliebene Krebszellen zu vernichten. Aber auch, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben und ein Eingriff nicht möglich oder sinnvoll ist, oder teilweise sogar vor einer OP.

Ob eine Chemotherapie nach der Tumorentfernung nötig ist, lässt sich unter anderem anhand bestimmter Biomarker des Tumors, die Hinweise auf das Rückfallrisiko geben, abschätzen. Bei bestimmten Brustkrebs-Arten leisten Genexpressionstests (Mammaprint, Oncotype DX, Endoprotect, Prosigna) zusätzliche Entscheidungshilfe. "Solche Tests machen bei etwa 20 Prozent der Patientinnen Sinn", so Dr. Rachel Würstlein. "Dadurch werden Frauen identifiziert, denen eine Chemo erspart werden kann, aber auch solche, die sie auf jeden Fall brauchen." Momentan erhalten schätzungsweise noch gut 10.000 Brustkrebspatientinnen eine Chemo ohne Nutzen.

Immunonkologie - dem Krebs die Tarnkappe nehmen

Immer mehr Medikamente werden zugelassen, die die körpereigene Abwehr in die Lage versetzen, den Krebs selbst zu bekämpfen. "Ein Tumor benutzt bestimmte Mechanismen, um sich für das Immunsystem unsichtbar zu machen. So kann es seiner eigentlichen Aufgabe, auffällige Zellen zu zerstören, nicht nachkommen", sagt Professor Dr. Martin Reck. "Eine Immuntherapie hebt die Blockade auf und nimmt dem Tumor seine Tarnkappe."

Noch gibt es nicht für alle Tumorarten entsprechende Medikamente. "Aber wir entdecken immer mehr Krebsformen, bei denen dieses Konzept erstaunliche Wirkung zeigt", so Reck. Beim Lungenkrebs etwa spricht ein Drittel der Patienten besonders gut auf die Behandlung an. Reck: "Um diese vorab zu identifizieren, ist
es wichtig, dass der Tumor auf bestimmte Marker untersucht wird." Auch Wissen und Erfahrung der Ärzte sind für eine erfolgreiche Behandlung erforderlich. Entsprechende Qualitätsstandards bieten zertifizierte Krebs-Zentren (Suche auf www.oncomap.de).

Unsere Autorin Antje Kunstmann erinnert sich noch gut daran, dass sie ihrer Großmutter oft ihr Kuscheltier borgte, um ihren von der OP ramponierten Arm daraufzulegen. Irgendwann bekam sie dann einen eigenen, extra-weichen Teddy geschenkt.

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