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Hallux Valgus Ursachen und Behandlungswege

Hallux Valgus: Schmerzender Fuß
© myboys.me / Shutterstock
Sommerzeit ist Sandalenzeit. Doch wer am Hallux valgus leidet, will seine Beule am Fuß oft lieber verstecken. Und schmerzhaft ist die Sache meist noch dazu. Was hilft?

Angelina Jolie hat einen, genau wie Schauspiel-Kollegin Tilda Swinton, Designerin Victoria Beckham oder Menschenrechtsanwältin Amal Clooney. Wer an einem Ballenzeh, dem sogenannten Hallux valgus leidet, befindet sich also in prominenter Gesellschaft. Allein in Deutschland sind schätzungsweise etwa zehn Millionen Menschen betroffen, Frauen neunmal häufiger als Männer, jenseits der 65 leidet sogar mehr als jede Dritte daran.

Auffällig bei der Fehlstellung ist eine Beule, die sich an der Innenseite des Fußes bildet. Um ein Überbein, wie viele meinen, handelt es sich dabei aber nicht. Vielmehr spreizt sich der Knochenstrahl, der den Mittelfuß mit der großen Zehe verbindet, stark ab. Die Großzehe selbst legt sich wiederum zur anderen Seite, also zu den kleineren hin um – das Gelenk an ihrem Ursprung springt so nach und nach immer deutlicher hervor.

Nicht nur ein "Schönheitsmakel"

Das finden viele nicht nur unschön, es kann auch verdammt wehtun: Die vorspringende Stelle reibt am Schuh, häufig bilden sich darüber Schwielen oder Entzündungen, sodass das Laufen große Schmerzen bereitet und oft nur noch wenige Schuhmodelle getragen werden können. Zudem kann die Fehlstellung der Großzehe langfristig auch die anderen Zehen verschieben.

"Wo die Ursache für den Hallux valgus liegt, weiß man bis heute nicht genau", sagt Dr. Christiane Konerding, leitende Oberärztin Fußchirurgie im St. Elisabethen-Krankenhaus Frankfurt. Klar ist, dass es eine starke genetische Komponente gibt: Die Füße von Frauen einer Familie ähneln sich meist, selbst wenn die Ausprägung des Hallux von Generation zu Generation variieren kann. Auch andere Probleme wie eine X-Stellung der Ferse können begünstigen, dass Gewebe und Bänder den Fußknochen nicht mehr genug Halt geben, wodurch die sich verschieben.

Deshalb sind auch neun von zehn Betroffenen weiblich: Frauen haben meist weichere Bänder als Männer. Häufig wird das Gewebe unter dem Einfluss der Hormone, also etwa durch Schwangerschaften, noch lockerer. "Anders als oft behauptet sind hohe oder spitze Schuhe dagegen nicht allein schuld", sagt Chirurgin Konerding. "Weil sie die Belastung auf den Vorderfuß und das betroffene Gelenk erhöhen, sind sie sicherlich dem Geschehen förderlich, aber eben nicht die einzige Ursache."

Wann solltest du eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen?

Zur Ärztin oder zum Arzt sollte man spätestens dann, wenn der Hallux Beschwerden macht. Und zwar möglichst frühzeitig und nicht erst, wenn sich bereits offene Wunden oder Druckstellen gebildet haben, oder die Fehlstellung weitere Zehen in Mitleidenschaft gezogen hat. "Manche Frauen kommen allerdings auch, weil sie der Hallux optisch stört", sagt Christiane Konerding. "Sie wollen im Sommer einfach schöne Schuhe anziehen, und auch das kann ich verstehen." Eine Operation aus rein ästhetischen Gründen sollte jedoch nicht durchgeführt werden.

Der Eingriff, bei dem Knochen durchtrennt und in neuem Winkel wieder zusammengesetzt werden, ist nämlich keine Kleinigkeit und darum nur bei Beschwerden indiziert, die anders nicht in den Griff zu bekommen sind. Es kann zu Komplikationen kommen, und selbst wenn alles gut läuft, darf der Fuß erst nach sechs Wochen wieder belastet werden, auf Sport muss man sechs bis neun Monate verzichten. "Und in fünf bis zehn Prozent der Fälle bildet sich nach der OP leider erneut ein Hallux, der aber zum Glück nicht immer Beschwerden macht", so Konerding.

Es gibt allerdings auch weniger einschneidende Behandlungsmöglichkeiten. Etwa Gelpolster aus der Drogerie, die den Zeh stabilisieren und das vorstehende Gelenk gleichzeitig nach außen schützen. Außerdem sind spezielle Bandagen oder Schienen auf dem Markt. Was davon im Einzelfall wirklich helfen kann, sollte aber immer mit der Ärztin oder dem Arzt besprochen werden. Zudem gilt: Ein Gelenk, das durch die Belastung tagsüber stark strapaziert ist, kann sich nachts in einer Bandage vielleicht erholen, wird dadurch jedoch nicht wieder gerade. Auch Einlagen ändern nichts an einer Fehlstellung der Knochen. Sofern sie individuell angepasst sind, lindern sie aber oft die Schmerzen beim Gehen, weil sie den Mittelfuß unterpolstern und anheben.

Immer wichtig ist dagegen, selbst aktiv zu werden. "Oft bekommen Betroffene von ihren Ärzt:innen lediglich Einlagen und irgendwann später den Rat, sich operieren zu lassen", kritisiert Physiotherapeutin Stella Arndt. "Dabei macht es bei Fußproblemen genauso viel Sinn, den Fuß und seine Muskeln zu trainieren, wie bei Rückschmerzen den Rücken." Ziel sei dabei nicht, dass die Zehe wieder so gerade wird, wie sie in jungen Jahren mal war: "Sondern dass die Betroffenen wieder schmerzfrei gehen können und Freude an der Bewegung haben. Dafür kann man in jedem Alter etwas tun."

Stella Arndt hat eine Ausbildung in Spiraldynamik, betreibt eine Praxis in Lüneburg und gibt Workshops zur Fußgesundheit (stella-arndt.de). Ihren Patient:innen stellt sie jeweils ein individuelles Trainingsprogramm zusammen. Denn oft ist die schiefe Zehe nur eines von weiteren Problemen, einem Spreizfuß oder einer Hüftfehlstellung etwa. Bei einer zu starken Innenrotation lastet permanent zu viel Druck auf der Innenseite des Fußes. Einige Gelenke an der Innenseite verlieren ihre Stabilität, eine Kettenreaktion wird ausgelöst, am Ende hat die Großzehe keine Führung mehr.

"Es ist leider nicht so, dass man ein paar einfache Übungen für den Hallux macht, und alles ist gut", so Arndt. Linderung stelle sich zwar oft bereits nach der ersten Behandlung ein, wichtig sei aber vor allem, das Training ins Gangbild zu integrieren, und da Gehen ein automatisierter Prozess ist, gelingt das nicht auf Anhieb. "Natürlich geht es auch darum, überhaupt mal wieder anzufangen, die Füße zu spüren. Die meisten beschäftigen sich leider erst mit ihnen, wenn sie Probleme machen. Dabei sind unsere Füße sehr sensible Spürorgane, und so sollten wir sie auch wertschätzen und pflegen."

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BRIGITTE 16/21

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