Für Medikamente geben wir viel Geld aus. Die Apotheken in Deutschland haben zusammen einen Jahresumsatz von 40 Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der Arzneimittel kaufen wir selbst, lediglich 20 Prozent verschreibt uns der Arzt. Wenn wir die falschen Medikamente bekommen oder nicht richtig damit umgehen, kann es gefährlich werden. Das sollten Sie wissen:
Unterschätzen Sie die Nebenwirkungen von Arzneimitteln nicht! Studien ergaben, dass mindestens jede zwanzigste Krankenhaus-Einweisung mit unerwünschten Wirkungen von Medikamenten zusammenhängt. Was tun? Unbedingt den Beipackzettel lesen und Nutzen und Risiken gegeneinander abwägen.
Seit 1978 gibt es das Arzneimittelgesetz in Deutschland. Danach muss jeder Hersteller die Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und die Qualität seiner Produkte nachweisen, bevor er eine Zulassung bekommt. Ein nach dem Arzneimittelgesetz zugelassenes Präparat erkennt man an dem Aufdruck "Zul.-Nr." auf der Verpackung (im Gegensatz zur "Reg.-Nr."). Es gibt jedoch auch Arzneimittel, bei denen die Wirksamkeit nicht durch klinische Studien nachgewiesen werden musste. Das gilt für homöopathische und anthroposophische sowie traditionell pflanzliche Arzneimittel und solche, die vor 1978 zugelassen wurden.
Eine kanadische Studie hat aufgezeigt, dass bei neu zugelassenen Wirkstoffen bei einem von fünf bis zu einem von drei Arzneien ernste und zuvor nicht bekannte Nebenwirkungen auftreten. Das ist viel. Verbraucher, Ärzte und Apotheker sollen ab Herbst verstärkt für unerwartete Begleiterscheinungen bei neuen Medikamenten sensibilisiert werden. Mit einem auf der Spitze stehenden schwarzen Dreieck im Beipackzettel werden von September 2013 an alle neu zugelassenen Medikamente jeweils fünf Jahre lang gekennzeichnet. Treten nicht bekannte Nebenwirkungen auf, können diese - am besten über den Arzt oder die Apotheke - an die zuständigen Bundesinstitute gemeldet werden.
Nicht alles, was wir für Arzneimittel halten, sind auch welche. Die Produkte können auch aus folgenden Kategorien stammen: Medizinprodukte (z.B. Nasentropfen mit Kochsalzlösung), Nahrungsergänzungsmittel/ Lebensmittel (viele Mittel mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen) oder Kosmetika. Der entscheidende Unterschied: Die strengen Regeln, die es für die Zulassung von Arzneimitteln gibt, gelten für die anderen Kategorien nicht. So müssen Nahrungsergänzungsmittel weder zugelassen noch registriert werden, ein Nachweis für die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe ist nicht erforderlich, auch Risiken und Nebenwirkungen oder Dosierungen müssen nicht angegeben werden.
Für Online-Versandapotheken gelten in Deutschland die gleichen Vorschriften wie für Präsenz-Apotheken. Der Vorteil: Online bekommt man vor allem frei verkäufliche Medikamente oft wesentlich günstiger. Zum Teil macht der Unterschied bis zu 50 Prozent aus. Versandapotheken sind verpflichtet, telefonisch durch Fachpersonal zu beraten. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten muss das Rezept eingeschickt werden.
Problematisch ist der Internet-Handel außerhalb zugelassener Versandapotheken. Nicht nur fachliche Überwachung und qualifizierte Beratung fehlen, sondern oft bleiben Hersteller und Vertreiber auch weitgehend anonym. Kein gutes Zeichen, angesichts der Tatsache, dass die Zahl der gefälschten Arzneimittel weltweit steigt. Bei Fälschungen ist man nicht sicher vor zu hoher oder zu niedriger Dosierung sowie problematischen Inhalts- oder fehlenden Wirkstoffen.
Um sicher zu gehen, dass man es mit einer seriösen Versandapotheke zu tun hat, sieht man sich am besten das Impressum an. Dort müssen Adresse, Name des Apothekers, Telefonnummer, Aufsichtsbehörde und die zuständige Apothekenkammer stehen. Alle zugelassenen Versandapotheken werden zudem vom Deutschen Insitut für Medizinische Dokumentation und Information unter www.dimdi.de aufgelistet.
Oft fehlt bei Medikamenten eine spezielle Zulassung für Kinder. Das bedeutet, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dieser Medikamente wurde für die Altersgruppe der 0- bis 17-jährigen nicht separat geprüft. Stattdessen wurden lediglich die Ergebnisse der Prüfungen an Erwachsenen auf sie übertragen. Dosierungsempfehlungen für Kinder basieren dann ausschließlich auf Erfahrungen. Seit 2007 verpflichtet eine EU-Verordnung die Hersteller zur Prüfung neuer Wirkstoffe auch an Kindern.
Trotzdem wichtig: Achten Sie bei Medikamenten für Kinder auf die altersgemäßen Dosierungsempfehlungen in der Packungsbeilage. Es ist nicht sinnvoll, die Erwachsenendosis irgendwie selbst umzurechnen. Hintergrund: Für die Dosierung ist u.a. entscheidend, wie viel Wasser der Körper enthält und wie viel davon sich inner- und außerhalb der Zellen befindet. Das ist bei Neugeborenen z.B. anders als bei Erwachsenen und führt dazu, dass manche Medikamente für Kinder sogar höher dosiert werden müssen als für Erwachsene.
Zäpfchen werden in Deutschland für Kinder häufig verwendet. Der Nachteil: Der Wirkstoff aus Zäpfchen wird oft nur unzuverlässig vom Körper aufgenommen. Es lässt sich deshalb schwer abschätzen, wie hoch die Dosierung tatsächlich war. Wenn möglich, sollten Sie auf Säfte und Tropfen ausweichen.
Tabletten zu teilen, ist in der Regel nicht sinnvoll - und auch nicht notwendig. Normalerweise gibt es die Tabletten in der erforderlichen Dosierung zu kaufen. Versucht man dennoch, eine Tablette zu teilen, kann sie leicht in ungleiche Stücke zerbrechen. Die mögliche Folge: Unter- oder Überdosierung. Wenn es wirklich sein muss, besorgen Sie sich am besten in der Apotheke einen Tablettenteiler, um die Tabletten sauber zu halbieren. Manche Tabletten dürfen grundsätzlich nicht geteilt werden, z.B. Filmtabletten, bei denen die Schutzhülle dazu dient, sie magensaftresistent zu machen - weil der Wirkstoff im Magen schlecht verträglich ist oder sich dort zersetzen würde. Am besten in der Apotheke nachfragen, bevor Sie eine Tablette teilen.
Klar, Tabletten nimmt man am besten mit einem Glas Wasser ein. Aber kann es nicht auch mal der Tee vom Frühstückstisch sein? Vorsicht, es kann zu Wechselwirkungen zwischen Getränken und Arzneimitteln kommen. So kann die Wirkung des Medikaments durch bestimmte Getränke behindert, unwirksam gemacht oder - im Gegenteil - verstärkt werden. Sie sollten Medikamente nicht mit Grapefruitsaft (oder -früchten), Tee und Milch einnehmen. Und schon gar nicht mit Alkohol.
Seit dem Contergan-Skandal sind wir vorsichtig geworden mit Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit. Das Beruhigungs- und Schlafmittel Contergan, das auch gegen Schwangerschaftsübelkeit helfen sollte, wurde Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre millionenfach verkauft. Allein in Deutschland kamen daraufhin bis 1962 etwa 4.000 Kinder mit zum Teil schwersten Fehlbildungen zur Welt.
Schuld war der im Medikament Contergan enthaltene Wirkstoff Thalidomid, der den Wachstumsprozess im Mutterleib stört. Das Problem: Viele Medikamenten-Wirkstoffe können aus dem Blut der schwangeren Frau oder über die Muttermilch in den Kreislauf des Kindes gelangen. Die Auswirkungen für das ungeborene oder gestillte Kind kennen wir nicht, da aus ethischen Gründen keine Medikamenten-Studien mit schwangeren und stillenden Frauen durchgeführt werden.
Arzneimittel sollten deshalb während Schwangerschaft und Stillzeit nur angewendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Unabhängige Informationen zur Verträglichkeit und Anwendung von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit - aus Beobachtungen und Erfahrungen gesammelt - finden Sie unter www.embryotox.de.
Folgende Symptome sollten Sie aufhorchen lassen, wenn Sie Medikamente nehmen - dahinter könnten Reaktionen auf das Arzneimittel stecken: Hauterscheinungen, wie juckender Ausschlag, Rötung, Pusteln bis hin zu großen Blasen, allergische Reaktionen wie kalter Schweiß, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit bis hin zu Atemnot und Kreislaufzusammenbruch (sofort den Notarzt rufen, Gefahr des Erstickens), Befindlichkeitsstörungen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Kopfschmerzen, Veränderungen des Blutbilds wie ein Mangel an roten Blutkörperchen (blasses Gesicht, Müdigkeit, u.U. gelbe Bindehaut) oder an weißen Blutkörperchen (erhöhte Infektanfälligkeit), Leberschäden (erst spät erkennbar, Kennzeichen z.B. Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, dunkler Urin, heller Stuhl), Nierenschäden (Schmerzen im Nierenbereich, wenig Urin-Ausscheidung), Herzrhythmusstörungen (bei Kammerflimmern - Schläge weit über 300-mal pro Minute - sofort Notarzt rufen), Depressionen.
Zum Weiterlesen: Handbuch Medikamente (ab 16.09.2014 in neuer Auflage), 25 Euro über Stiftung Warentest.
Handbuch Rezeptfreie Medikamente, 15 Euro über Stiftung Warentest.