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Gehen Sie optimal mit Ihrer Allergie um?

Jeder vierte Deutsche ist allergisch - Sie auch? Wir haben Betroffene gefragt, welche Allergie sie plagt und was sie dagegen tun. Ein Experte bewertet, ob die Patienten optimal mit ihrer Allergie umgehen und gibt Tipps, was zusätzlich helfen könnte.

Die Zahl der Allergien hat in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zugenommen: Während inzwischen etwa jeder Vierte an einer oder mehreren Allergien leidet, war vor 50 Jahren nur jeder Fünfzigste oder Hundertste betroffen.

Doch mit der Zahl der Allergien nehmen auch die Behandlungsmöglichkeiten zu. Brigitte.de hat nachgefragt: Welche Probleme haben Allergiker im Alltag? Wie gehen sie damit um? Professor Walter Dorsch, Allergologe, Lungenfacharzt und Arzt für Naturheilverfahren hat mehrere Fälle für Brigitte.de genauer unter die Lupe genommen. Er gibt er Tipps, wie die Betroffenen am besten mit ihren Allergien umgehen.

Diskutieren Sie mit: In der Brigitte.de-Community können Sie Ihre Erfahrungen austauschen. Über Frühjahrs-Allergien genauso wie über geschwollene Schleimhäute oder Nahrungsmittel-Allergien.

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Claudia: Ich bin mit drei Allergien geschlagen: Chlor, Champignons und Insekten. Die Chlorallergie kann ich dadurch gut kontrollieren, dass ich Schwimmbadbesuche vermeide. Je nach Chlorkonzentration und Schwimmdauer bekomme ich sonst am ganzen Körper einen roten Ausschlag. Im schlimmsten Fall können sich sogar alte Narben wieder öffnen und entzünden. Ich bade deshalb nur im Meer oder in speziellen Salzwasser-Bädern, die nicht so stark gechlort sind. Dass man dafür immer längere Anfahrten in Kauf nehmen muss, nervt natürlich. Bei der Pilz-Allergie ist der Fall schwieriger. Wenn ich im Restaurant oder in der Kantine nicht aufpasse, entdecke ich auch mal Pilze in meinem Essen - manchmal ist das auf der Speisekarte nicht mit angegeben. Eigentlich müsste ich vor jeder Essensbestellung nachfragen. Champignons sind für mich das größte Problem; bei anderen Pilzen reagiere ich nicht so extrem. Wenn ich Champignons esse, schwellen meine Augen komplett zu, was nicht gerade angenehm ist. Im Alltag bedeutet das: entweder vorsichtig alles raussammeln (danach ist das Essen dann kalt) oder etwas anderes bestellen. Schlimmstenfalls helfen Allergietabletten, die ich meist dabei habe. Für mich am gefährlichsten ist meine Insekten-Allergie. Die ist so ausgeprägt, dass ein Mückenstich bei mir aussehen kann wie bei anderen Leuten ein Wespenstich. Auch Ameisenbisse sind ein Problem. Beim Beerensammeln mit den Großeltern im Wald hat mich mal eine normale schwarze Ameise in den Finger gebissen. Innerhalb einer halben Stunde ist der Arm so stark angeschwollen, dass ich ihn gar nicht mehr bewegen konnte. Meine Großeltern sind mit mir sofort zum Arzt gefahren, der mir eine Spritze gegeben hat. Trotzdem ist die Schwellung erst Tage später wieder komplett zurückgegangen. Beerensammeln ist meine Familie danach nicht mehr mit mir gegangen. Ein anderes Mal hat mich eine Wespe beim Autofahren ins Bein gestochen. In der Viertelstunde Fahrtzeit nach Hause schwoll mein Bein an und ich bekam Schüttelfrost. Ich bin am Ziel praktisch aus dem Auto gefallen, meine Mutter durfte mich dann zum Arzt bringen. Sommerliches Frühstücken oder gar Kaffeerunden auf der Terrasse fallen für mich daher flach - die Gefahr ist mir viel zu groß. Meine Balkonpflanzen sind fast ausschließlich Grünpflanzen ohne Blüten. Und um Mülltonnen und Papierkörbe mache ich im Sommer einen besonders großen Bogen.

Das sagt der Experte: Am wichtigsten ist die Insekten-Allergie. Ein Wespenstich kann bei einer Allergie im schlimmsten Fall sogar tödlich ausgehen. Claudia sollte daher über eine Hypo-Sensibilisierung nachdenken, bei der der Körper allmählich an den Allergie-Auslöser gewöhnt wird. Falls sie von einer Wespe gestochen wird, muss Claudia über die Notfallmaßnahmen Bescheid wissen. Sie sollte den Stachel seitlich wegschieben und auf die Stichstelle drücken, damit sich das Gift nicht verbreiten kann. Für solche Fälle sollte sie immer ein Notfall-Set dabei haben. Darin sollte sich ein Anti-Histaminikum befinden, um den Juckreiz zu stillen, ein Cortison-Präparat, das abschwellend und antiallergisch wirkt und ein Adrenalin-Präparat, um gegebenenfalls einen allergischen Schock zu behandeln. Treten die Symptome schnell auf, muss unbedingt ein Notarzt gerufen werden. Gefährlich sind Quaddeln, die nach fünf Minuten erscheinen, nach fünf Stunden ist es harmlos. An den Hautirritationen, die durch das Chlor ausgelöst werden, muss nicht unbedingt eine Allergie Schuld sein. Es kann auch eine Unverträglichkeit sein. Dann könnte eine Schutzcreme oder Lotion vom Hautarzt helfen. Auch bei den Champignons ist eine genaue Anamnese durch den Arzt wichtig. Oft sind nur die Milchprodukte schuld, die sich beispielsweise in Champignoncremes befinden. Handelt es sich wirklich um eine Allergie gegen Champignons, hilft nur, diese zu vermeiden.

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Nina: Ich bin allergisch gegen Penicillin, Amoxicillin und viele Obstsorten. Die Penicillin-Allergie hat sich zum Glück bei mir erst einmal geäußert, im Alter von zehn Jahren. Ich habe bei einer Mandelentzündung ein Antibiotikum eingenommen und danach stark juckenden Ausschlag /Quaddeln bekommen. Mein Gesicht war angeschwollen, genau wie meine Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich. Außerdem hatte ich Fieber und musste mich ständig übergeben. Seitdem vermeide ich Antibiotika mit diesen beiden Wirkstoffen und trage sicherheitshalber einen Allergieausweis bei mir. Auf das Obst zu verzichten, ist etwas schwieriger, aber nötig. Nach dem Verzehr von Bananen, Kiwis und Äpfeln bekomme ich Kopfschmerzen. Wenn ich Erdbeeren esse, juckt es wie verrückt im Mund und ich bekomme Ausschlag in den Fingerzwischenräumen. Die Reaktionen fallen aber unterschiedlich heftig aus. Bei Äpfeln und Bananen treten die Kopfschmerzen nur bei reifen und sehr süßen Früchten auf. Granny Smith und grüne, unreife Bananen sind für mich kein Problem, ebenso Bananenmilch und Apfelkuchen. Ich habe deswegen mal eine Homöophatin aufgesucht und eine Liste von Lebensmitteln bezüglich ihrer Verträglichkeit auspendeln lassen. Meine Mutter konnte sich nie vorstellen, dass ich von Bananen und Äpfeln Kopfschmerzen bekomme, laut Pendel ist das aber so.

Das sagt der Experte: Die Penicillin-Allergie sollte unbedingt durch eine Blutuntersuchung und einen Hauttest beim Allergologen geklärt werden. Es ist wichtig, dass sie den Allergiepass immer bei sich trägt. Erdbeeren sind häufig Pseudo-Allergene. Das bedeutet, sie imitieren allergische Symptome, sind aber in geringen Mengen verträglich. Das Problem: Sie verstärken unter Umständen andere allergische Symptome. In so einem Fall sollte man sie besser ganz meiden. Nina hat Recht: Kopfschmerzen können durch Allergien ausgelöst werden. Man spricht dann von allergischem Kopfschmerz. Sind Äpfel die Auslöser, hängt das häufig von der Apfelsorte ab. Kochen ist immer eine Lösung, da das Apfelallergen durch Erhitzen zerstört wird. Eine Unverträglichkeit gegen Äpfel im Apfelkuchen kann eigentlich nicht sein. Die Reaktion muss von etwas anderem kommen. Nina sollte einen Allergologen aufsuchen. Vor dem "Pendeln" möchte ich allerdings warnen. Das hat mit seriöser Medizin nichts zu tun.

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Helene: Ich vertrage keine Geschmacksverstärker. Glutamate lösen bei mir schlagartig eine starke allergische Reaktion aus. Vor kurzem war ich in einem sehr teuren asiatischen Restaurant essen. Normalerweise vermeide ich wegen meiner Allergie asiatisches Essen, aber in so einem noblen Laden hatte ich natürlich nicht erwartet, dass Glutamate ins Essen gemischt würden. Nach ein paar Löffeln Kokossuppe habe ich sofort gemerkt, dass da was nicht stimmt. Mir wurde schwindelig, ich bekam Schweißausbrüche und mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Dann: Atemnot und mir wurde wahnsinnig schlecht. Die Bedienung im Restaurant hat zwar erst abgestritten, dass in der Küche mit Geschmacksverstärkern gekocht wird, aber dann doch noch einmal nachgefragt. Und: Glutamat war drin. Ich habe dann viel Wasser getrunken und bin an die Luft, um besser atmen zu können. Es wurde innerhalb von 30 Minuten besser.

Das sagt der Experte: Diese Art der Nahrungsmittelunverträglichkeit ist bekannt als "Chinese-Restaurant-Syndrome". Man kann leider nicht viel machen, außer darauf zu hoffen, dass man im Restaurant seriös beraten wird. Sinnvoll wäre es allerdings, wenn sich Helene ein Notfall-Medikament vom Arzt verschreiben lassen würde.

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Lars: Meine Allergie mag keine Acetylsalicylsäure - das ist ein Wirkstoff, der in vielen Schmerzmitteln, wie etwa Aspirin, enthalten ist. Das habe ich im Frankreich-Urlaub gelernt, als plötzlich nach so einer Schmerztablette mein Gesicht anschwoll, taub wurde und ich Probleme beim Atmen bekam. Das hat sich erst nach zwei Tagen wieder gelegt. Ich habe dann Monate später den Zusammenhang zur Acetylsalicylsäure hergestellt – ich wusste ja gar nichts von meiner Allergie. Seitdem nehme ich nur noch Kopfschmerztabletten, die einen anderen Wirkstoff haben. Darüber hinaus bin ich gegen so ziemlich alle Obstsorten allergisch: Äpfel, Nektarinen, Aprikosen, Pfirsiche, Birnen, Kirschen - selbst Zitrusfrüchte rufen bei mir eine leichte Reaktion hervor. Das war besonders unangenehm, als ich einmal in der Disco feststellte, dass mein Cocktail frisch gepressten Pfirsichsaft enthielt. Ich hatte nur einen kleinen Schluck genommen, aber mit einem Mal war meine Stimme weg und kam erst nach 20 Minuten zurück. Meine Begleiterin hat zum Glück bei der lauten Musik um uns herum gar nichts davon mitbekommen. Ich habe dann später beim Arzt einen Allergietest gemacht, bei dem er meinen Unterarm verschiedenen Reizstoffen ausgesetzt hat. Nach ein paar Minuten war der Arm aber so stark gerötet und angeschwollen, dass keiner mehr erkennen konnte, was der Auslöser war. Ich habe aber mittlerweile zur Sicherheit immer meinen Allergieausweis bei mir, in den meine Acetylsalicylsäure-Allergie eingetragen ist.

Das sagt der Experte: Ich vermute bei Lars eine "Aspirin-Intoleranz", dass ist eine Überempfindlichkeit gegenüber Aspirin und ähnliche Wirkstoffe, die in Schmerzmitteln enthalten sind, wie zum Beispiel auch Indometacin. Häufig geht die "Aspirin-Intoleranz" einher mit Nasenpolypen und Asthma. In manchen Kliniken gibt es eine Hyposensibilisierung, bei denen der Körper nach und nach an den jeweiligen Wirkstoff gewöhnt wird. Er sollte mit seinem Allergologen besprechen, ob das für ihn in Frage kommt. Bei einer "Aspirin-Intoleranz" beobachtet man nicht selten auch eine Unverträglichkeit von Tartrazin. Tartrazin ist ein Farbstoff, der häufig bei konserviertem Obst, wie eingelegten Kirschen, eingesetzt wird. Er sollte die Allergene durch eine Blutuntersuchung oder einen Hauttest genauer eingrenzen.

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Denise: Ich bin leider gegen fast alles allergisch: Nüsse, rohes Obst und Gemüse, Tierhaare, Hausstaub, Pollen und Penicillin.

Die Lebensmittel sind häufig schwer zu vermeiden. Sellerie vertrage ich zum Beispiel nicht einmal im gekochten Zustand. In meiner Betriebskantine ist aber fast überall Sellerie beigemischt, ohne, dass es extra angegeben wird. In der Kantine hatte ich auch mal eine unangenehme Überraschung, als ich feststellte, dass mein Essen mit Muskatnuss gewürzt war. Mein Hals begann sofort zu jucken und schwoll an. Glücklicherweise legte sich der Anfall nach einiger Zeit wieder, nachdem ich viel Wasser getrunken hatte. Wenn ich in ein Restaurant gehe, muss ich zur Sicherheit bei jedem Gericht noch einmal nach den Zutaten fragen. Auch im Supermarkt kann man sich nicht immer auf die Packungsangaben verlassen. Ich hatte auch schon einen Allergie-Anfall, der durch ein vermeintlich harmloses Pudding-Pulver ausgelöst wurde. Die Lebensmittelallergie hat sich bei mir erst allmählich so stark ausgeprägt. Vor sieben Jahren konnte ich praktisch noch alles, mit Ausnahme von Nüssen, ohne Probleme essen. Plötzlich reagierte ich allergisch auf Aprikosen, ein Jahr später auf Tomaten und so weiter. Manchmal habe ich den Eindruck, das könnte mit den Heuschnupfen-Tabletten zusammenhängen, die ich den ganzen Sommer über zu mir nehme,. Mir ist jedenfalls aufgefallen, dass ich häufig, nachdem ich die Tabletten absetze, auch wieder eine weitere Allergie entwickelt habe. Meine Hausstaub-Allergie habe ich zu Hause ganz gut unter Kontrolle. Ich habe in meinem Schlafzimmer keinen Teppich und nur geschlossene Schränke. Darüber hinaus steckt mein Kopfkissen in einem speziellen Allergiker-Bezug. Ich muss meine Wohnung auch nicht häufiger sauber machen als andere Leute – einmal die Woche feucht Staub wischen und den Boden feudeln reicht vollkommen aus. Seit einem extremen Anfall, den ich als Kind hatte, trage ich stets ein Notfall-Set mit mir herum. Es enthält ein Asthma-Spray und verschiedene Cortison-Präparate. Zum Glück musste ich es aber bisher noch nicht einsetzen. Ich trage auch keinen Allergie-Ausweis bei mir. Mein Arzt wollte mir keinen ausstellen, mit der Begründung, es wären ohnehin zu viele Allergien um auf den Ausweis zu passen. Ich habe mir stattdessen selbst einen Zettel geschrieben, der auf meine Penicillin-Allergie hinweist. Durch meine zahlreichen Allergien muss ich stets sehr aufmerksam sein. Mir hat einmal eine Ärztin Penicillin verschrieben, obwohl auf ihrem PC vor meiner Allergie gewarnt wurde. Glücklicherweise habe ich erkannt, dass es sich bei dem Rezept um ein Penicillin-Präparat handelte und noch einmal nachgefragt. Trotzdem führe ich ein ganz normales Leben. Klar, ich muss in einigen Punkten besonders aufpassen, aber ich lebe bestimmt nicht zurückgezogen in einer keimfreien Luftblase, was manche Leute denken, wenn sie von meinen vielen Allergien erfahren.

Das sagt der Experte: Denise ist sehr gut informiert. Sie sollte sich aber auf jeden Fall um einen Allergie-Ausweis kümmern, um zu verhindern, dass ihr bei einem Notfall eine Penicillin-Infusion gespritzt wird. Das kann lebenswichtig sein, der selbst geschriebene Zettel reicht unter Umständen nicht aus. Wichtig für Denise ist auch eine regelmäßige Überprüfung der Lungenfunktion, um mögliches Asthma frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Nahrungsmittelallergien muss sie nicht einfach hinnehmen. Eine Hyposensibilisierung gegen Pollen könnte auch die begleitenden Nahrungsmittelallergien bessern. Um zu erreichen, dass sich der Körper an die Stoffe gewöhnt, die die Allergien auslösen, wird ihr dafür das relevante Allergen gespritzt. Bei Nahrungsmitteln ist das in der Regel ein Pollenallergen. Bei jungen Allergikerin sind die Erfolgaussichten bei dieser Behandlungsmethode gut. Bei manchen Obstsorten, den so genannten hitzeallergenen Nahrungsmitteln, ist es so, dass sie für Allergiker nur in rohem Zustand unverträglich sind. Zum Beispiel bei Äpfeln, die als Kuchen oder Bratäpfel auch von Allergikern meist gut vertragen werden. Dasselbe gilt für Gemüsesorten wie Kohl. Vorsicht ist dagegen bei Nahrungsmitteln wie Soja, Tomaten, Eiern oder Fisch angesagt. Durch Hitze kann bei ihnen die Allergenität sogar noch gesteigert werden.

Text: Monika Herbst und Henning Hönicke Fotos: Henning Hönicke<br/><br/>Stand: März 2006

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