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EHEC-Erreger: Sprossen im Visier der Ermittler

Neues vom EHEC-Erreger: Inzwischen gilt als sicher, dass rohe Sprossen verantwortlich für die EHEC-Epidemie sind. Der Verdacht konzentriert sich auf Sprossen von Brokkoli, Knoblauch und Bockshorn.

Was weiß man Neues über den EHEC-Erreger?

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Das Robert-Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung geben Entwarnung: Ab sofort dürfen wir wieder unbesorgt rohe Tomaten, Gurken und Salat essen.

Inzwischen gilt als sicher, dass rohe Sprossen verantwortlich sind für die EHEC-Epidemie in Norddeutschland. Immer mehr Spuren führen zu einem Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel: Dort sind inzwischen fünf Mitarbeiterinnen erkrankt oder positiv auf den EHEC-Erreger getestet worden. Der Verdacht konzentriert sich auf Sprossen von Brokkoli, Knoblauch und Bockshorn - die hatten die Erkrankten gegessen. Wer Alfalfa-Sprossen verzehrt hatte, blieb gesund.

War möglicherweise bereits das Saatgut infiziert?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befürchtet, dass der EHEC-Erreger im Saatgut der Sprossen stecken könnte. Daher sollten Sprossen-Fans vorerst auch auf selbst gezogene Sprossen besser verzichten. Wer in letzter Zeit Sprossen gegessen hat und sich jetzt Sorgen macht, kann sich an diesen Zahlen orientieren: Nach zehn Tagen ist die maximale Inkubationszeit abgelaufen. Wenn bis dahin keine Symptome aufgetreten sind, wird man auch weiterhin gesund bleiben.

Wie gefährlich sind Sprossen?

Sprossen waren bereits die Quelle eines EHEC-Ausbruchs in Japan und dieses Lebensmittel kann außerdem offenbar eher als andere Gemüsesorten durch weitere gefährliche Erreger wie Salmonellen oder Noroviren kontaminiert sein. Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, Schwangere und Kleinkinder sollten deswegen generell keine rohen Sprossen zu sich nehmen.

Wie kann ich mich schützen?

Nach den neuen Erkenntnissen raten die Behörden dazu, auf den Verzehr von Sprossen zu verzichten. Das Robert-Koch-Institut hat seine Empfehlung revidiert, dass Tomaten, Gurken und Blattsalat insbesondere in Norddeutschland vorsorglich gar nicht mehr roh verzehrt werden sollten.

Wichtig sind und bleiben aber auch Hygienemaßnahmen. Diese betreffen die Zubereitung von Lebensmitteln - Messer und Schneidebretter sollten immer sofort und gründlich gereinigt werden, am sichersten ist es, alle Lebensmittel vor dem Verzehr ausreichend zu erhitzen (Dafür muss im Kern des Lebensmittels für mindestens zwei Minuten eine Temperatur von 70 Grad Celsius erreicht werden). Achtung: Tiefgefrieren tötet EHEC-Bakterien nicht zuverlässig ab! Was also essen? Zum Artikel: Den Sommer genießen ohne Angst vor EHEC.

Auch die persönliche Hygiene ist wichtig - also häufiges Händewaschen. Wenn enge Kontaktpersonen, wie Familienmitglieder infiziert sind, gelten noch einmal strengere Vorsichtsmaßnahmen. Dann empfiehlt das Robert-Koch-Institut auch die regelmäßige Desinfektion der so genannten Handkontaktflächen, also von Gegenständen, Flächen usw., die erkrankte Personen berührt haben.

Was ist EHEC für ein Erreger? Und welche Beschwerden löst er aus?

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EHEC steht für Enterohämorrhagische Escherichia coli. Dabei handelt es sich um Darmbakterien. Weil sie bestimmte Zellgifte produzieren, sind sie weitaus gefährlicher als andere Erreger aus der Familie der Koli-Bakterien. Trotzdem kann eine Infektion auch ohne Symptome verlaufen und daher unerkannt bleiben. Treten Beschwerden auf, betreffen diese den Magen-Darm-Trakt: wässriger Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, seltener auch Fieber.

Es kann sich jedoch auch ein so genanntes hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) entwickeln, dann kommt es zu blutigen Durchfällen, heftigen Krämpfen und die Nieren versagen. Diese Komplikation tritt derzeit gehäuft auf; die Betroffenen werden zum Teil auf Intensivstationen behandelt, viele leiden außerdem an neurologischen Ausfällen wie Sprachstörungen. Wenn die Niere nicht mehr funktioniert, muss das Blut durch eine Dialyse sozusagen künstlich gereinigt werden. Die Dialyse ist aber meist nur kurzzeitig erforderlich; nur selten versagt die Niere dauerhaft.

Da es momentan sehr viele Patienten gibt, wird allerdings befürchtet, dass die Dialysegeräte knapp werden. Einige der Betroffenen sind außerdem auf den Austausch von Blutplasma angewiesen; Ärzte haben die Bevölkerung deswegen zu zusätzlichen Blutspenden aufgerufen.

Wie gefährlich ist der EHEC-Erreger?

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Die Komplikationen einer EHEC-Infektion können lebensgefährlich verlaufen. Im letzten Jahr wurden zwei Todesfälle verzeichnet, bei 65 gemeldeten HUS-Fällen. Und der momentan grassierende Erreger-Typ ist offensichtlich noch aggressiver: Mindestens 36 Menschen sind infolge schwerer Durchfallerkrankungen gestorben und sehr viele der Betroffenen leiden an der gefährlichen HUS-Komplikation. Auch dass vor allem Erwachsene, und darunter besonders Frauen, betroffen sind, ist bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Die Erkrankung trifft normalerweise vor allem Kinder.

Wie kann man sich mit dem EHEC-Erreger anstecken?

Das EHEC-Bakterium stammt hauptsächlich von Wiederkäuern, also vor allem Rindern, Schafen oder Ziegen. Häufig stecken sich Menschen an, indem sie mit dem Kot dieser Tiere in Kontakt kommen. Etwa durch kontaminierte Rohmilch oder Rindfleisch. EHEC-Erreger wurden zwar auf Salatgurken aus Spanien nachgewiesen, aber diese gehörten offensichtlich zu einem anderen Typ als der Auslöser der aktuellen Infektionswelle.

Die Bakterien sind übrigens auch direkt von Mensch zu Mensch übertragbar; dieser Infektionsweg ist vor allem bei Kindern im Kleinkind- und Grundschulalter häufig. Erwachsene stecken sich meist eher durch belastete Lebensmittel an.

Was muss ich tun, wenn ich jetzt Durchfall bekomme?

Das Robert-Koch-Institut rät dazu, umgehend Arzt oder Ärztin aufzusuchen, wenn man blutigen Durchfall bei sich feststellt. Der EHEC-Erreger kann per Labordiagnostik nachgewiesen werden und ist dann meldepflichtig. Allerdings können immer nur die Beschwerden behandelt werden, auch wenn EHEC nachgewiesen wird.

Das Bakterium selbst lässt sich nicht direkt durch Medikamente bekämpfen. Antibiotika verlängern und verstärken sogar noch die Produktion der gefährlichen Zellgifte. Mittlerweile setzen die Ärzte allerdings zum Teil einen so genannten monoklonalen Antikörper ein. Durch diese Behandlung gelang es letztes Jahr, drei an HUS erkrankten Kindern das Leben zu retten.

Wo erfahre ich mehr über den EHEC-Erreger und die aktuelle Infektions-Situation?

Das Robert-Koch-Institut ist in Deutschland für die Überwachung und Prävention von Krankheiten zuständig. Aktuelle Informationen sind über dessen Homepage www.rki.de abrufbar. Des Weiteren geben auch die Gesundheitsbehörden der Länder Auskunft.

Text: Dr. Antje Kunstmann, Angelika Unger Foto: Fotolia, Manfred Rohde / HZI Stand: 14. Juni 2011

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