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Endlich! Darum war die Impfpflicht gegen Masern längst überfällig

Endlich! Darum war die Impfpflicht gegen Masern längst überfällig
© Tero Vesalainen / Shutterstock
Das Kabinett hat einen Gesetzesentwurf zur Masern-Impfpflicht vorgelegt. Unsere Autorin erklärt im Kommentar, warum dieser Schritt überfällig ist.

Über 160.000 Masernfälle wurden in Europa seit Januar 2018 von der Weltgesundheitsorganisation WHO gemeldet – eine erschreckende Zahl. Noch eindringlicher finde ich aber diese: Über 100 Kinder und Erwachsene sind in der gleichen Zeitspanne an den Folgen einer Masernerkrankung verstorben. 100 Menschen, deren Tod so einfach durch eine lebensrettende Spritze hätte vermieden werden können.

Impfpflicht ab 2020

Das wird nur noch tragischer durch den Fakt, dass die Masern längst ausgerottet sein könnten, wenn denn alle Menschen mitziehen würden. Stattdessen sieht die deutsche Bundesregierung sich nun gezwungen, eine Impfpflicht gegen Masern durchzusetzen. Nach dem Willen von Gesundheitsminister Jens Spahn sollen Eltern ab März 2020 nachweisen, dass ihr Kind gegen Masern geimpft ist, ehe es in eine Kita oder eine Schule aufgenommen wird. Die Impfpflicht schließt auch Tagesmütter und das Personal von Kitas, Schulen sowie medizinischen und gemeinschaftlichen Einrichtungen ein. 

Bei einem Verstoß gegen das Gesetz droht ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro. Ausnahmen geben soll es nur für Personen, bei denen nachgewiesen werden kann, dass von einer Impfung aus gesundheitlichen Gründen abgeraten wird. Auch alle vor 1970 geborenen Personen werden nicht zur Impfung verpflichtet – sie sollten die Masern größtenteils bereits gehabt haben und sind dadurch immun. Wer nicht sicher ist, ob er die Krankheit schon hatte oder ob er geimpft ist, sollte das allerdings vom Arzt überprüfen lassen und die Impfung gegebenenfalls nachholen.

Herdenimmunität funktioniert nur durch die Herde

In meinen Augen wird es höchste Zeit, dass die Impfpflicht durchgesetzt wird. Masern sind hochansteckend – um eine Ausbreitung zu vermeiden, müssen 95 von 100 Menschen geimpft sein. Das ist das Prinzip der sogenannten Herdenimmunität. Und der Name kommt nicht von ungefähr: Durch die Quote schützen wir auch die Menschen, die nicht oder noch nicht geimpft werden können. Dazu zählen zum Beispiel Säuglinge unter sechs Monaten sowie Menschen mit einer Immunschwäche oder einem transplantierten Organ. Wir sind eine Herde, eine Gemeinschaft – das bedeutet auch, dass wir die Aufgabe haben, die Schwächsten von uns zu schützen. Wer das partout nicht will und auf das Recht der körperlichen Unversehrtheit pocht, kann das gern tun. Damit tritt er aber bewusst aus der Gemeinschaft aus und verzichtet somit auch auf das Recht, gemeinschaftliche Institutionen zu nutzen.

Impfgegner sind eine Gefahr

Das erscheint drastisch? Ich finde es gerechtfertigt, wenn man sich die einzelnen Argumente der Impfgegner ansieht – und wie leicht sie sich widerlegen lassen:

1. Die Impfung ist gefährlich, weil sie angeblich Autismus auslöst

Das haben Wissenschaftler bereits in mehreren Studien widerlegt. Zuletzt zeigten dänische Forscher, dass geimpfte Kinder im Vergleich mit ungeimpften kein erhöhtes Risiko für Autismus haben. Untersucht wurden für die Studie Daten von 657.000 Kindern ab einem Alter von einem Jahr zwischen 1999 und 2010.

2. Die Impfung überlastet das Immunsystem eines Kindes

Auch das ist Unsinn: Generell wird bei Kindern zu insgesamt 14 Impfungen in relativ kurzer Zeit geraten. Alle diese Impfungen zusammen enthalten allerdings gerade einmal insgesamt 150 Antigene. Zum Vergleich: Allein die Pockenimpfung früher enthielt fast 200 Antigene. Und die Pocken gelten heute als ausgerottet. 

3. Es geht nur darum, dass die Pharmaindustrie mit Impfungen reich wird

Natürlich verdient die Pharmaindustrie mit ihren Produkten Geld – im Vergleich mit dem Gewinn durch Medikamente für die Behandlung einer Masern-Folgeerkrankung ist der Ertrag bei Impfungen jedoch gering. Der Vierfachimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken kostet rund 100 Euro. 2009 belegte eine deutsche Studie, dass die gesamten Kosten durch einen Masernfall (einschließlich Behandlungen und Bluttests) bei rund 520 Euro liegen.* Der Verkauf von Medikamenten lohnt sich für die Pharmaindustrie also mehr als der von Impfdosen.

Wer nicht hören will...

In Summe bedeuten diese (widerlegten) Argumente: Nicht die Impfung ist die Gefahr, es sind die Impfgegner selbst. Leider kann man den meisten von ihnen mit Fakten nicht beikommen, Aufklärungskampagnen laufen also ins Leere. Und wer nicht hören will, muss fühlen – im Zweifel eben auch durch eine verpflichtende Masernimpfung.

Quellen:

*Wichmann O et al. Further efforts needed to achieve measles elimination in Germany: results of an outbreak investigation. Bulletin of the World Health Organization, 2009, 87:108–115.

Lena Weber

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