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Dana Mihali Aronovici und Luise Müller Diese beiden Frauen vernetzen Endometriose-Patientinnen

Dana Mihali Aronovici und Luise Müller
Dana Mihali Aronovici und Luise Müller
© Paula Winkler
Was sie wollen: Endometriose-Erkrankte vernetzen. Warum das nötig ist: weil Frauengesundheit immer noch ein Nischenthema ist. Wer ihnen dabei hilft: ein Algorithmus, der ständig dazulernt.

Es war im August 2019, als Dana Mihali Aronovici mit Unterleibskrämpfen in einer Berliner Notaufnahme saß. Wie so oft seit ihrem 15. Lebensjahr. Da hatte sie zum ersten Mal ihre Regel bekommen, die Tage waren für sie seither ein Albtraum. Sie hatte starke Schmerzen, konnte oft nur liegen. Trotzdem nahmen viele Ärzt:innen ihre Beschwerden nicht ernst: Regelschmerzen – das haben doch alle Frauen!

Damals, in der Notaufnahme, wurde endlich ein Verdacht geäußert: Endometriose. Bei der Erkrankung siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb des Organs an, entzündet sich. Die Folge sind Unterleibsschmerzen, Schwindel, Migräne oder Depressionen. Zehn Prozent aller Menstruierenden sind betroffen. Über die Ursachen ist bis heute wenig bekannt.

Aronovici wurde operiert. Die Wucherungen wurden entfernt, die Symptome gelindert. Kurz darauf wurde die 29-Jährige schwanger –"ein großes Glück", wie sie heute sagt, denn Endometriose führt oft zu Unfruchtbarkeit. Doch mit der Schwangerschaft kehrten die Schmerzen zurück. Sie wurde krankgeschrieben. Und begann in der Zeit bis zur Geburt darüber nachzudenken, was Frauen wie ihr eigentlich helfen würde: Austausch – mit Betroffenen und Expertinnen. Aber auch passgenaue Empfehlungen, welche Therapie wirken könnte. Ernährungsumstellung, Massagen, Beckenbodentraining: Bis Erkrankte das Richtige gefunden haben, vergehen oft Jahre. Ließen sich beide Bedürfnisse nicht auf einer Onlineplattform kombinieren?

Zusammen ans Ziel

Aronovici ist Software-Ingenieurin, Websites programmieren kann sie. Doch um aus ihrer Idee etwas Großes zu machen, brauchte sie Geld. Und idealerweise jemanden an ihrer Seite. Noch während der Schwangerschaft meldete sie sich für das Berliner Talent-Investor-Programm "Entrepreneur First" an. Hier können Geldgeber:innen in Ideen investieren, Kreative sich vernetzen. Aronovici lernte die vier Jahre ältere Tech-Unternehmerin Luise Müller kennen, zusammen feilten sie drei Monate an Geschäftsidee und Businessplan.

100 000 Euro sammelten sie bei Investor:innen ein und konnten damit ihre Plattform aufbauen. Im Februar 2022 ging FemXXHealth an den Start. Erkrankte können dort einen Fragebogen zum eigenen Krankheitsverlauf ausfüllen. Die Daten werden anonymisiert und gesammelt, ein selbstlernender Algorithmus erstellt aus den Erfahrungen vieler Therapie-Empfehlungen für Einzelne und schlägt Expertinnen vor, an die man sich wenden kann. Natürlich sei FemXX Health keine Alternative zum Arztbesuch, betonen die Gründerinnen. Aber wer außer OP und Hormontherapie alternative Therapieformen wie Ernährungsumstellung oder Akupunktur ausprobieren wolle, finde hier individuell angepasste Ansätze, die alle medizinisch geprüft worden seien.

Anmelden können sich alle mit einer Endometriose-Diagnose – die Infos aus dem Arztbericht sind für die Fragebögen relevant. Die Nutzerin bleibt anonym, kann aber ein Profil mit einem Spitznamen erstellen, um sich mit anderen auszutauschen. Das war vor allem Aronovici wichtig: "Wie sehr hätte ich mir früher jemanden gewünscht, der mir sagt: Alles wird gut. Du bist nicht allein."

Mit großen Schritten in die Zukunft

Die Nutzung von FemXX Health ist kostenlos, das soll auch so bleiben. Die Gehälter von Aronovici, Müller und ihrer Werkstudentin werden über ein Förderprogramm des Berliner Senats finanziert. Genau wie die Honorare der medizinischen Berater, Datenschutzexpertinnen und Marketing-Freelancer, mit denen sie zusammenarbeiten.

Rund hundert Frauen haben die Fragebögen schon ausgefüllt. Für viele sei allein das hilfreich, haben die Gründerinnen beobachtet. Weil sie sich endlich verstanden fühlten. Doch auch für die Forschung, glauben sie, könnte ihr Projekt irgendwann interessant sein: Im Datenpool ließen sich Zusammenhänge finden, die sich bei klinischen Studien mit nur 20 Teilnehmenden nicht zeigen würden.

Bald steht eine neue Finanzierungsrunde an. Aronovici und Müller haben große Pläne, wollen unter anderem Online-Sprechstunden anbieten. Ihre eigene Endometriose hat Aronivici inzwischen ganz gut im Griff: Ihr helfen vor allem Massagen und Atemtechniken. Gut möglich, dass sie darauf schon früher gekommen wäre, hätte es ein Angebot wie FemXX Health gegeben.

Dana Mihali Aronovici und Luise Müller
Dana Mihali Aronovici und Luise Müller
© Paula Winkler
Brigitte

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