Wie gefährlich ist Long Covid – und wie hoch ist das Risiko, an den Langzeitfolgen der Coronainfektion zu leiden? Dieser Frage ist das Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung (ZI) mithilfe einer Datenauswertung nachgegangen. Das beunruhigende Ergebnis: 96 Prozent der Patient:innen, die Long Covid entwickeln, litten bereits vor der Coronainfektion an einer Vorerkrankung.
Hängt Long Covid von Vorerkrankungen ab?
Der Datenauswertung liegen rund 880.000 Long-Covid-Fälle aus dem Jahr 2021 zugrunde. Die Beschwerden, mit denen die Betroffenen schon vor der Coronainfektion in ärztlicher Behandlung waren, reichen von Atemwegserkrankungen wie Asthma über Übergewicht bis hin zu Bluthochdruck und psychischen Erkrankungen. Einen Lichtblick gibt es laut der Studie aber auch: Zwei Drittel der Patient:innen hatten spätestens vier Monate nach der Infektion keine Beschwerden mehr. Lediglich in einem Prozent aller Fälle gab es einen längeren und komplexeren Krankheitsverlauf.
"Den Fall der jungen Frau, die noch nie etwas hatte und dann nach Infektion unter massiven Long-Covid-Komplikationen leidet, gibt es – aber eben nur sehr, sehr selten", sagte der ZI-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried gegenüber der "Bild", die zuerst über die Studie berichtet hatte. Man könne in den meisten Fällen davon ausgehen, dass die Beschwerden durch Long Covid mit der Zeit nachlassen.
Wie sicher ist die Diagnose "Long Covid"?
Mittlerweile melden sich jedoch einige Expert:innen zu Wort, die die vorliegende Studie als "zu einseitig" kritisieren. Demnach sei es beispielsweise generell schwierig, Long Covid sicher zu diagnostizieren. Zum einen haben bisher viele Ärztinnen und Ärzte nur wenige Erfahrungen mit der Erkrankung machen können. Zum anderen seien die Symptome, die Long Covid laut ersten Untersuchungen auslösen könne, einfach sehr vielfältig und können auch auf andere Erkrankungen hindeuten, was falsche Diagnosen nach sich ziehen könne.
Und auch der umgekehrte Fall ist möglich: "Ich habe auch viele junge Menschen gesehen, die keine Vorerkrankung hatten und von den Ärzten daher gar nicht ernst genommen wurden", sagte beispielsweise Jördis Frommhold, die mehr als 5.000 Patient:innen in der Median Klinik am Heiligendamm behandelt hat, gegenüber "Focus online". Ärzte und Ärztinnen sollten sich also auch nicht dazu hinreißen lassen, Long Covid als Diagnose auszuschließen, nur weil keine Vorkehrungen vorliegen.
Quellen: Datenauswertung des ZI, bild.de, focus.de, rp-online.de
