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20 Jahre rauchfrei "Wenn ich das geschafft habe, schafft ihr das auch"

20 Jahre rauchfrei: "Wenn ich das geschafft habe, schafft ihr das auch"
© Knut Wiarda (Symbolfoto) / Adobe Stock
Heute vor 20 Jahren hat Susanne Arndt mit dem Rauchen aufgehört. Hier verrät sie, was ihr dabei geholfen hat – und warum sie den Zigaretten keine Träne hinterhergeweint hat. Fast keine.

Zigaretten riechen nicht nur nach Qualm, sie riechen auch nach Gestrigkeit. Wer zündet sich die Dinger denn noch an, die die Finger vergilben, die Gesichter zerfurchen und die Lungen pfeifen lassen? Eben. Meist nur noch Boomer wie ich, die mit Achselhaar, Litfasssäulen und Schreibmaschinen aufgewachsen sind. Bei den Digital Natives, die mit Waxing Studios, City Lights und iPads großgeworden sind, qualmt nichts mehr. Ihnen werden edel schimmernde "Vapes" und "Charger" in "Stores" verkauft, die cleaner wirken als das Innere eines fabrikneuen Tesla.

Dass Zigaretten out sind, haben wir daher auch nur zum Teil dem Bundesnichtraucherschutzgesetz von 2007 zu verdanken, das Raucher:innen vielerorts vor die Tür schickt. Es ist auch den E-Zigaretten geschuldet, die als angeblich saubere Alternative in den Markt gedrückt werden – von denselben Konzernen, die zahllose Menschen auf dem Gewissen haben, weil sie es geschafft haben, Rauchen als cool und sexy zu branden. So wie die Jugend heute auf vermeintlich saubere "Vapes", sind wir damals auf "Liberté Toujours" reingefallen. Was scherten uns Lungenkrebs und Schlaganfall? Sorgen machten sich nur die Spießer!

Eine Zäsur, die sich lohnt

Auf den Tag genau vor genau 20 Jahren wurde ich auch zur Spießerin und hörte nach 23 Jahren mit dem Rauchen auf. Die Motivation dafür nahm ich aus einer uncoolen, aber gesunden Angst vor Raucherkrankheiten. Immer häufiger hatte ich den Mann mit Zungenkrebs vor Augen gehabt, der sich in den Achtzigern mit meinem Vater ein Zimmer teilte, der damals mit (glücklicherweise noch heilbarem) Stimmbandkrebs im Krankenhaus lag. 

Der Mann hielt mir einen Zettel unter die Nase, auf den er geschrieben hatte: "Ohne Zunge ist das Leben nichts. Keine Küsse, kein Sprechen, kein Essen." So wollte ich nicht enden müssen. 

Ein Rauchstopp fühlt sich nicht nur an wie eine Zäsur, er ist es auch. Ich ahnte, dass es nicht leicht werden würde, aus einer Sucht und Gewohnheit auszusteigen, die sich über Jahrzehnte mit meiner Identität verwoben hatte. Seit ich 14 war, war ich Raucherin! Deshalb plante ich meinen Rauchstopp sorgfältig: Als Erstes verabredete ich mit einer Freundin, am 1. März 2004 gemeinsam aufzuhören. Auf den Stichtag vorbereitet hat sich jede dann aber individuell: Ich reduzierte meinen Konsum schon wochenlang vorher, bis ich von meiner täglichen Schachtel auf drei Zigaretten runter war, las dabei Allen Carrs Buch "Endlich Nichtraucher!", das mir klar machte, dass ich gar nicht für den Genuss rauchte, sondern weil ich mein Nikotindepot auffüllen musste, und begann mit dem Joggen, um nicht die Wände hochzugehen, wenn mich die Gier auf Zigaretten verfolgte. Außerdem erzählte ich meinem Umfeld von meinem Plan und eröffnete in der BRIGITTE-Community ein Nichtraucher-Forum, bei dem viele mitmachten. Dass ich mein Vorhaben mit möglichst vielen Menschen teilte, half immens: Soziale Kontrolle ist mächtig. 

Und obwohl ich beim Aufhören dachte, nichts würde von nun an mehr Spaß machen (Der Urlaub! Der Kaffee! Der Alkohol! Das Ausgehen! Der Sex!), habe ich den Zigaretten keine Träne hinterhergeweint. Halt, stimmt nicht ganz. Kurz nach dem Rauchstopp lief ich einmal weinend durch die Straßen, ohne zu wissen, was mit mir los war. Peter Lindinger, Diplom-Psychologe für Tabakentwöhnung beim Deutschen Krebsforschungszentrum, erklärte mir hinterher, dass das ein bekanntes Phänomen sei: 

"Viele Frauen fühlen sich verletzlicher, 20 bis 30 Prozent haben einen stärkeren Drang zu weinen. Bei ihnen war das Rauchen ein universelles Bewältigungsmuster. Ohne Zigaretten fühlen sie sich ihren Emotionen ausgeliefert, und sie haben keine Möglichkeit mehr, etwas dagegen zu tun."

Genauso hatte es sich angefühlt. Aber wie alles im Leben ging das vorbei. 

Auf den versprochenen tollen Geschmackssinn und die überbordende Fitness warte ich heute noch. Aber ich bin trotzdem einfach nur dankbar, keine Konzerne mehr dafür zu bezahlen, dass sie mich rein statistisch zehn Jahre früher sterben lassen, gerne auch qualvoll. Und für alle, die noch daran zweifeln, dass ein Leben ohne Zigaretten lebenswert ist: Ist es! Kaffee, Urlaub, Alkohol, Sex – alles ist genauso schön oder öde wie als Raucher:in auch. Ihr werdet nichts, aber auch gar nichts vermissen, wenn ihr die Sucht einmal hinter euch gelassen habt. Ihr werdet euch nur noch fragen, wie ihr es jemals geschafft habt, den giftigen Qualm einzuatmen. Zumal wirklich gar nichts dafür spricht: Im Gegensatz zu anderen Drogen macht Nikotin ja noch nicht einmal high – und cool ist Rauchen nun endlich auch nicht mehr.

Brigitte

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