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Brustkrebsmonat "Krebs kann sehr brutal sein" – Vanessa Eichholz über die Krankheit ihrer Mutter

Vanessa Eichholz
Vanessa Eichholz
© Ingo Peters
Vanessa Eichholz hat ihre Mutter an Brustkrebs verloren. Im Rahmen des Brustkrebsmonats Oktober sprechen wir mit ihr über die Trauer und wie sich ihr Bild von der Krankheit änderte.

"Krebs kann sehr brutal sein", erzählt uns Vanessa Eichholz, die aus Serien wie "Lost in Space" oder "Herzogpark" bekannt ist. Ihre Mutter erkrankte das erste Mal an Brustkrebs, als Vanessa 13 Jahre alt war. Als Teenager sei es schwer für sie gewesen, die Krankheit richtig einzuordnen – dass ihre Mutter eine Chemotherapie gemacht hat, wusste sie anfangs nicht. 

Nachdem der Brustkrebs ihrer Mutter zunächst überwunden schien, kam er nach 15 Jahren überraschend zurück – diesmal aggressiver, als beim ersten Mal. Vanessa war inzwischen in die USA gezogen, um sich dort ihrer Schauspiel- und Moderationskarriere zu widmen. Für ihre Mutter sagte sie alle Jobs ab und kam zurück nach München. Sie habe sich Fulltime um ihre Mutter gekümmert – von morgens bis abends, so die Schauspielerin. "In der Zeit kann ich wirklich sagen, dass ich alles gegeben habe." 2017 verstarb ihre Mutter dann an Brustkrebs. 

Brustkrebsmonat: Interview mit Vanessa Eichholz

Brigitte: Deine Mutter ist das erste Mal an Brustkrebs erkrankt, als du 13 Jahre alt warst. Wie hat sie es dir erzählt?
Vanessa Eichholz: Wir waren spazieren, nur sie und ich. Sie hat gesagt, dass sie beim Arzt war und ein Knoten gefunden wurde, dass sie operiert werden muss und es eben Krebs sein könnte. Damals hat sie mir allerdings noch nicht gesagt, dass sie auch zur Chemotherapie muss. 

Wie bist du damit umgegangen?
Die OP an sich war keine große Sache, ihr wurde nicht die Brust abgenommen, sondern ein Knoten und ein paar Lymphknoten entfernt. Ich weiß noch, dass ich damals eigentlich recht positiv gestimmt war und dachte "Sie schafft das schon!", vielleicht weil ich noch jung und naiv war. Ich kann es gar nicht beschreiben, aber ich hatte damals irgendwie ein gutes Gefühl im Bauch. 

Wie hast du darauf reagiert, als du herausgefunden hast, dass sie auch eine Chemotherapie macht?
Das war eine Schock-Nachricht. Man assoziiert es direkt mit dem, was man aus Film und Fernsehen kennt. Chemo bedeutet Glatze, das bedeutet: Meine Mama ist wirklich krank. So krank, dass sie vielleicht sterben könnte. Das war mir davor nie so bewusst. Ich habe dann auch ein bisschen besser verstanden, was sie da durchgemacht hat und hatte mehr Mitgefühl. Deshalb ist es besser, Kindern so etwas auch zu sagen, damit sie Verständnis haben. Sonst ist es für sie sehr schwierig zu greifen, glaube ich.

Vanessa Eichholz: "Manchmal hat es mich auch genervt."


War die Krankheit deiner Mutter für dich vorher schwierig zu greifen?
Ich habe nur gemerkt, dass sie freitags immer stundenlang weg war. Danach ist sie immer sofort ins Bett gegangen und erst Samstagmorgens wieder aufgetaucht – dann ging es ihr nicht gut und sie hat sich oft übergeben. Bis meine Schwester mir dann gesagt hat, dass es eine Chemotherapie ist, habe ich das als Kind nie so richtig einordnen können. Das hat mich manchmal auch genervt, muss ich sagen – so böse sich das jetzt anhört, aber als Teenager ist man halt nicht immer nur nett und empathisch. Manchmal habe ich mir auch gedacht: "Man, was ist denn jetzt schon wieder mit der?"

Wie ist euer Umfeld damals mit der Krankheit deiner Mutter umgegangen? 
Es war auf jeden Fall so, dass sich die Spreu vom Weizen getrennt hat. Also in Bezug auf die Freunde meiner Eltern. Sie hat es aber auch nicht so an die große Glocke gehängt, sie war ein sehr privater Mensch. Ein paar Freundinnen haben sie zum Beispiel immer zu Terminen gefahren, wenn mein Vater mal nicht konnte. Andere Leute haben da vielleicht Berührungsängste, was man ihnen jetzt auch nicht verübeln kann. Es war aber wirklich nur ein kleiner Kreis für meine Mutter und meine Eltern da.

"Jede Woche kam eine andere Horrornachricht"

Inwiefern hat sich deine Sicht auf die Krankheit jetzt im Erwachsenenalter verändert?
Man sagt ja immer, dass Brustkrebs in 80 oder 85 Prozent der Fälle heilbar ist. Was mir nicht klar war, ist, dass es ganz schwierig wird, wenn die Krankheit wieder zurückkommt. Dann streut der Krebs oft und ist noch aggressiver. Bei meiner Mutter ist der Brustkrebs dann eben nach 15 Jahren wieder gekommen. 

Wie kann die Krankheit beim zweiten Mal aussehen?
Krebs kann sehr brutal sein. Meine Mutter hatte am Ende noch zwei Blutvergiftungen, Gürtelrose und überall Schläuche. Jede Woche kam eine andere Horrornachricht. Wenn ich davon erzähle, steigen mir immer noch Tränen in die Augen. Die Zeit war kurz, aber sehr intensiv. 

Wie war es für dich, mit der Trauer umzugehen, nachdem deine Mutter gestorben ist?
Am Anfang fiel es mir wahnsinnig schwer, weil meine Mutter und ich eine besonders enge Beziehung hatten und wir uns auch sehr ähnlich waren. Sie war einfach meine absolute Bezugsperson. Für mich war es sehr schwer diese Stütze zu verlieren, dass ich sie immer anrufen kann, sie immer für mich da ist. Inzwischen habe ich die Trauer umgewandelt, das hat aber lange gedauert. Ich habe viele Momente, wo ich einfach weiß, dass sie jetzt stolz auf mich wäre oder wo sie vielleicht gerade irgendwo – falls es noch eine Energie gibt – mit dabei ist.

Sie rät Familien, sich Hilfe zu holen

Was würdest du jemandem raten, dessen Mutter an Brustkrebs erkrankt ist und nicht weiß, an wen er oder sie sich wenden kann?
Als meine Mutter im Endstadium war, habe ich selbst gemerkt, dass wir das mit vier Erwachsenen fast nicht geschafft haben. Das Hauptproblem ist oft, dass viele gar nicht wissen, dass es Anlaufstellen gibt. In den Kliniken und von den Ärzten wird da leider viel versäumt und nicht richtig informiert. Dort werden nur die Patienten medizinisch aufgeklärt, was ja auch gut ist, aber die Angehörigen werden völlig außen vorgelassen. Ich würde Familien raten, selbst zu recherchieren und sich wirklich Hilfe zu holen. Man sollte mit jemanden darüber reden können, psychologische Hilfe kann auch sehr wichtig sein. 

Vanessa Eichholz engagiert sich unter anderem seit 2019 als Botschafterin bei den "Pink Kids", einer Jugendgruppe von "Pink Ribbon Deutschland", die das Bewusstsein gegen Brustkrebs stärken wollen, und ist das Gesicht der diesjährigen "Pinktober-Kampagne" von Hunkemöller. 

Inwiefern ist es wichtig über die Brustkrebs-Vorsorge zu sprechen?
Es wird zwar schon recht offen darüber gesprochen, aber es geistern auch noch viele Mythen umher: Dass man Krebs erst ab 50 bekommen kann oder dass die Vorsorge sehr weh tut wegen der Mammografie. Die Vorsorge an sich ist aber ja nichts Schweres und man sollte lieber einmal zu oft zum Arzt gehen als zu wenig. Sich ein bisschen selbst abzutasten, ist auch kein Hexenwerk. Das Wichtigste ist allerdings, nicht bei jedem kleinen Knubbel auszuflippen – oft stellt sich im Nachhinein heraus, dass es harmlos ist.

Du bist Botschafterin bei den Pink Kids. Sind die Geschichten der Kinder eine zusätzliche Last für dich? Wie gehst du damit um?
Also ich merke schon, wie es mich dann doch immer wieder erwischt. Eigentlich habe ich alles ganz gut im Griff und der Tod meiner Mutter ist ja schon einige Jahre her. Wenn man dann aber hört: "Meine Mama befindet sich gerade im Endstadium" oder "Meine Mama ist gerade gestorben", dann wühlt es meine Erinnerungen wieder ein bisschen auf. Mir schießen teilweise Tränen in die Augen, wenn ich mit den Jugendlichen spreche. Ich finde es aber auch schön, dass ich ihnen mit meinen eigenen Erfahrungen helfen kann und, dass wir so eine tolle Gemeinschaft haben.
 

Brigitte

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