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Wieviel Sport in welchem Alter?

Wieviel Sport in welchem Alter?: Ältere Dame und älterer Herr trainieren auf Laufband.
© nd3000 / Shutterstock
Es gibt natürlich Sport, der fällt uns in jüngeren Jahren leichter, aber es ist nie zu spät. Jede Lebensphase hat ihre Besonderheiten, und es lohnt sich, sein Training darauf abzustimmen. Das Wichtigste aber ist: Mach das, was dir Spaß bringt!

Ab 25 Jahren: Abwechslungsreich trainieren, für eine optimale Basis sorgen

Die Situation: Wir sind körperlich auf der Höhe unserer Leistungskraft angekommen. Es fällt uns leicht, neue Bewegungsmuster zu erlernen, Trainingsreize zeigen schnelle Effekte.

Was passiert jetzt in meinem Körper? Mit Mitte 20 steht es zum allerbesten: Die sogenannten Anti-Aging-Hormone DHEA, Melatonin und das Wachstumshormon Somatotropin sind reichlich vorhanden. Besonders Somatotropin ist wichtig. Als natürliches Dopingmittel sorgt es dafür, dass wir schnell Muskelmasse bilden. Und, fast noch besser, sie gar nicht erst abbauen, selbst wenn wir nicht trainieren.

"In diesem Alter tut man sich auch leicht mit hohen technischen Anforderungen und der Koordination", sagt Prof. Albert Gollhofer vom Institut für Sport und Sportwissenschaft in Freiburg. Ob Kitesurfen oder Downhill-Mountainbiken, Inlineskaten oder Snowboarden – jetzt ist die Zeit, anspruchsvolle Sportarten auszuprobieren. Und das Beste: "Man profitiert im späteren Leben davon, da erlernte komplexe Bewegungsmuster sehr verhaltensstabil und auch in höherem Alter noch gut abrufbar sind." Herz-Kreislauf-System, Muskeln und Knochen reagieren nun besonders gut auf Trainingsreize, in dieser Zeit legt man also den Grundstein für die spätere Fitness.

Was kann ich tun, um in Form zu bleiben? Joggen, Fußball, Kampfsport, Tango tanzen – ganz egal, Hauptsache, es macht Spaß! Neugierig bleiben und experimentieren lohnt sich: Könnte das ein Sport für mich sein, der gerade in mein Leben passt? Denn in diesem Alter legen wir auch langfristige Gewohnheiten fest und müssen herausfinden, wie sich Bewegung in den Berufsalltag integrieren lässt. "Die Sportart sollte man immer nach der persönlichen Neigung, nicht nach Vernunft aussuchen, damit man mit Spaß dabeibleibt. Ein Mix aus Kraft- und Konditionstraining ist aber ideal", sagt Prof. Christine Graf vom Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft der Deutschen Sporthochschule Köln.

Insgesamt 150 Minuten moderate Bewegung über die Woche verteilt oder intensives Training für 25 Minuten an drei Tagen pro Woche sollten es sein, um nicht nur den Zustand zu halten, sondern ein bisschen Power und Puste aufzubauen, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation. "Ich würde in dieses Pensum mindestens zweimal wöchentlich Krafttraining einplanen und die Gewichte so wählen, dass die Übungen zehn- bis zwölfmal wiederholt werden können", rät Graf. Moderates Training bedeutet übrigens: ein bisschen ins Schwitzen kommen und sich währenddessen noch unterhalten können; intensiv heißt: richtig schwitzen und ordentlich schnaufen.

Ab 35 Jahren: Trotz großer Belastungen Zeit für Sport einplanen, Stress gezielt abbauen

Die Situation: Diese Lebensphase ist auch als "Rushhour des Lebens" bekannt, oft fallen Familienplanung und erste Karriereschritte hier hinein. Körperlich stecken wir die hohen Anforderungen meist noch gut weg, sollten aber Stresshormone gezielt durch Bewegung abbauen.

Was passiert jetzt in meinem Körper? Bei Sportmuffeln geht es nun langsam los: Untrainierte Muskeln bauen weiter ab, Fettpölsterchen vergrößern sich. Und viele Frauen tragen nach einer Schwangerschaft sowieso noch einige Extrapfunde mit sich herum. Prof. Albert Gollhofer hält diesen Lebensabschnitt für wegweisend, denn "in dieser anspruchsvollen Phase entscheidet sich oft, ob man eine lebenslange Bewegungs- oder eine Couchkarriere einschlägt." Ein hoher Stresshormonpegel bringt den Stoffwechsel aus der Balance, vor allem das Hormon Cortisol begünstigt das Einlagern von Fett – sowohl äußerlich sichtbar als auch im inneren Bauchraum. Dieses sogenannte viszerale Fett ist gefährlich: Es steigert das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes.

Was kann ich tun, um in Form zu bleiben? Den sogenannten "Stresspuffereffekt" von Sport nutzen. Forscher stellten fest, dass ein trainierter Organismus weniger starke physiologische Stressreaktionen zeigt als ein untrainierter. Albert Gollhofer rät daher zu langem, moderatem Ausdauertraining mit circa 70, 80 Prozent der Maximalbelastung, etwa beim Walken, Radfahren oder Schwimmen, sodass nebenbei Luft zum Plaudern bleibt. Zweimal die Woche eine Stunde freischaufeln – dann hält man den normalen Alltagswahnsinn gut durch. Und: "Möglichst jeden Einkauf zu Fuß erledigen und jede Treppe nehmen", ergänzt Christine Graf. "Das ist das beste Po- und Oberschenkeltraining überhaupt."

Ab 45 Jahren: Den verlangsamten Stoffwechsel auf Touren bringen, Problemzonen angehen

Die Situation: Kondition und Kraft schwächeln ohne Training nun deutlich. Es fällt uns immer schwerer, das Gewicht zu halten oder gar abzunehmen.

Was passiert jetzt in meinem Körper? Da gibt es leider nichts zu beschönigen: Ab 45 werden Stoffwechselprozesse nochmals deutlich gedrosselt. Mit dem Effekt, dass eine 50-jährige Frau bei gleichem Gewicht fast doppelt so viel Fettgewebe hat wie eine 30-jährige. "Wer so weiterlebt wie bisher, Ernährungs- und Bewegungsverhalten nicht an den verringerten Grundumsatz anpasst, wird automatisch an Gewicht zulegen", so Experte Gollhofer. Durch Muskelabbau und beginnende Hormonumstellung mit Einsetzen der Wechseljahre verliert der Körper außerdem an Stabilität. "Vor allem der Rumpf bereitet untrainiert Probleme, Rückenschmerzen treten nun besonders häufig auf", so der Experte. Die gute Nachricht lautet aber: Man kann sich bis ins hohe Alter fit und gesund halten und sein Leben aktiv genießen – mit Trainingsreizen, die den Körper herausfordern, damit er sich anpasst und besser wird.

Was kann ich tun, um in Form zu bleiben? Regelmäßig bewegen und vor allem die Muskeln stärken. Die Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Elke Zimmermann von der Universität Bielefeld empfiehlt ein regelmäßiges Krafttraining, bei dem gezielt gegen Widerstand trainiert wird. Sie rät zu hohen Gewichten, mindestens zweimal pro Woche, um den Körper herauszufordern. Um die Lunge zu stärken, seien Laufen, Radfahren oder Schwimmen bei hoher Intensität sinnvoll, am besten auch zweimal pro Woche.

"Gerade für den Knochenstoffwechsel ist stetige Bewegung so wichtig, um Osteoporose vorzubeugen", sagt Sportmedizinerin Graf. "Da profitieren Frauen dieser Altersgruppe enorm von Krafttraining, da es einen starken Impuls auf die Knochen gibt." Albert Gollhofer rät, vor allem die Rumpfmuskeln zu trainieren, zum Beispiel mit Pilates. Das wirkt auch einer gebeugten Haltung und Rückenschmerzen entgegen. Genau wie übrigens Yoga oder Mobilitätstraining für eine bessere Beweglichkeit. Wer länger mit Sport pausiert hat, startet am besten entspannt, zum Beispiel mit Walken oder Schwimmen. Lass dich aber sicherheitshalber ärztlich durchchecken, falls Du jahrelang komplett inaktiv warst.

Wichtig für alle, die eh schon immer Sport gemacht haben: Ab jetzt kommt es auch auf die Vielfalt an und damit auf ein ganzheitliches Training von Kraft, Beweglichkeit, Kondition und Koordination.

Ab 55 Jahren: Die hormonelle Umstellung verkraften, ab und zu aus der Puste geraten

Die Situation: Wir stehen noch mitten im Leben, werden gelassener, was unsere Figur betrifft. Der Umschwung der Wechseljahre kann uns allerdings ganz schön zusetzen.

Was passiert jetzt in meinem Körper? Erste Wehwehchen, meist Abnutzungserscheinungen an Knochen und Gelenken, schmälern nun häufiger die Lust an der Bewegung. "Die weiblichen Sexualhormone reduzieren sich, die Muskulatur bildet sich weiter zurück", sagt Albert Gollhofer. Fettdepots verlagern sich spätestens jetzt häufig von Schenkeln und Hüften zum Bauch. Hinzu kommt: Durch den Hormonmangel werden knochenabbauende Zellen aktiviert, Knochenmasse bildet sich zurück. Sportarten mit abrupten Stopp-Bewegungen wie beim Tennis oder starken Belastungsphasen wie beim Handball sind für schlecht Trainierte dieser Altersgruppe eher weniger geeignet. Gut zu wissen: Wer weiter Sport treibt, kann aber auch jenseits der 55 noch körperlich sehr fit sein – fitter als manche bewegungsmuffelige 35-Jährige.

Was kann ich tun, um in Form zu bleiben? Kraft und Ausdauer aufbauen. "Ein gutes muskuläres Profil verbessert insgesamt die Energiebilanz des Körpers", sagt Sportwissenschaftler Gollhofer. Sein Kollege Prof. Dr. Ingo Froböse rät: "Um den altersbedingten Abbau der Muskulatur, die Sarkopenie, zu bremsen, müssen wir die Art des Trainings verändern. Die Muskeln, Knochen und Sehnen brauchen Reize, um nicht zu verkümmern. Wir müssen vor allem auch die schnellen Muskelfasern beanspruchen, also Gewichte nehmen oder intensiver trainieren."

Wichtig zu wissen: Für die vollständige Regeneration nach einer Sporteinheit braucht Ihr Körper nun etwas länger als vor zwanzig Jahren: etwa 48 Stunden nach einer Ausdauereinheit, bis zu 72 Stunden nach einer Kraftsession. Fühlst Du dich nach zwei Tagen immer noch abgeschlagen, hast Du dir zu viel zugemutet und solltest längere Pausen einplanen.

Da in diesem Alter auch die Gefahr einer Diabeteserkrankung steigt, kann man Ausdauertraining nutzen, um eine drohende Insulinresistenz abzuwenden. Zwei Einheiten pro Woche moderates Cardiotraining (Radfahren, Walking, Laufen, Schwimmen) reichen – zusätzlich zum Muskeltraining – aus. Christine Graf empfiehlt außerdem Tai-Chi oder Yoga, wenn dir Wechseljahresbeschwerden wie Nervosität oder Hitzewallungen sehr zu schaffen machen.

Ab 65 Jahren: Stark bleiben, nicht die Balance verlieren

Die Situation: Muskeln werden weniger, die Gefahr von Stürzen steigt. Mit der Rente verändert sich außerdem das Leben noch einmal grundlegend – und es entsteht wieder mehr Raum für tägliche Bewegung.

Was passiert jetzt in meinem Körper? In Sachen Muskeln überwiegen nun die Abbauprozesse. Zahl und Größe der Muskelfasern nehmen ab, Fett- und Bindegewebe wird eingelagert. Der Verlust an Muskelkraft verdoppelt sich ab 60 auf etwa drei Prozent pro Jahr. Das liegt an Altersprozessen, aber auch an mangelnder Bewegung und einer Unterversorgung mit Proteinen. Denn hier haben ältere Menschen einen erhöhten Bedarf. Trotzdem reagiert der Körper bis ins hohe Alter weiterhin auf Trainingsreize, wenn auch nicht mehr so stark.

In der PACE-Studie mit Marathonteilnehmer*innen war ein Viertel der Läufer*innen zwischen 65 und 69 Jahren schneller als die Hälfte der 20- bis 54-Jährigen, jede*r Vierte der Älteren hatte überhaupt erst vor fünf Jahren mit dem Training begonnen. Zu viel Ehrgeiz allerdings schadet: "Man sollte sich vom Challenge-Gedanken langsam verabschieden und akzeptieren, dass der Körper sich verändert. Es ist nicht gut, wenn man zu viel will", sagt Ingo Froböse. Je älter wir werden, desto wichtiger wird die körperliche Fitness auch für die geistige: Laut einer Studie der Universität Illinois erkranken Menschen ab 65 seltener an Alzheimer, wenn sie wöchentlich mindestens 15 bis 30 Minuten sportlich aktiv sind.

Was kann ich tun, um in Form zu bleiben? Weiterhin regelmäßiges Ausdauer- und Krafttraining mit ausreichend Regeneration (siehe ab 55). Bei Herzerkrankungen, Bluthochdruck oder Gelenkproblemen sollten Einsteigerinnen allerdings erst mit ihrer Ärztin Rücksprache halten. Achten Sie außerdem auf ausreichend Proteine, die Bausteine unserer Muskeln: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät ab 65 zu einer täglichen Zufuhr von 1,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht (zum Vergleich: Die Empfehlung für Erwachsene von 19 bis 65 Jahren beträgt 0,8 Gramm).

Gleichgewichtstraining wird jetzt ebenfalls wichtiger und lässt sich auch in den Alltag einbauen: Stell dich beim Zähneputzen auf ein Bein oder mache Kniebeugen. "Wenn unsere Gleichgewichtsfähigkeit gut ausgebildet ist, haben wir eine bessere Körperhaltung und ein besseres Bewegungsgefühl. Das beugt Verletzungen vor", sagt der Sportwissenschaftler Dr. Volker Nagel von der Universität Hamburg. "Viele Stürze können vermieden werden." Und selbst wenn: Sportliche Senior*innen fallen glimpflicher und erholen sich nach Knochenbrüchen schneller.

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