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Wakeboarden - der Traum vom Gleiten

Was macht eine Snowboarderin im Sommer? Sie geht ins Wasser - um den neuen Trendsport Wakeboarden zu testen. Als Erstes erfährt sie vom amtierenden Wakeboard-Europameister, dass ohne coole Shorts gar nichts geht.

Zur Bilderstrecke: Doros erster Wakeboard-Versuch

Es ist nicht so, dass keiner sie gewarnt hätte. Aber einer überzeugten Snowboarderin kann man eben nur schwer zwei Bretter unter den Füßen schmackhaft machen. Deshalb würdigt Doro Votteler (27, BRIGITTE.de-Producerin) die angebotenen Wasserskier keines Blickes - ihre Sehnsucht gilt dem Wakeboard. Auch wenn der Einstieg schwerer ist, mit nur einem statt zwei Brettern unter den Füßen.

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Ein sonniger Sonntagvormittag. An der Wasserski-Anlage am Neuländer See in Hamburg füllt sich die Terrasse allmählich mit Zuschauern, vor der Liftanlage haben sich 10, 15 Leute eingefunden, sie warten, bis sie an der Reihe sind. Einige haben Wakeboards untergeschnallt, andere Wasserski, die klassische Variante. Wakeboarding ist eine relativ neue Sportart, eine Mischung aus Wasserskifahren und Wellenreiten. Anfangs, in den 90ern, ließen sich die Freaks hinter einem Motorboot herziehen - inzwischen haben sich fast überall Seilbahnen durchgesetzt. Dort hängt man wie an einem Schlepplift an Drahtseilen, die an hohen Masten fixiert sind, und wird über einen rechteckigen Parcours gezogen. Für die Profis gibt es Rampen - sie zeigen waghalsige, meterhohe Sprünge und Drehungen.

Doro hat erstmal ein anderes Ziel: Nicht mit einem Bauchklatscher auf dem Wasser zu landen. Vor dem Start wird sie mit Erklärungen und - ganz wichtig - den richtigen Klamotten versorgt. Mit dem Neopren-Anzug vom Verleih ist es in der Wakeboarding-Szene nämlich nicht getan: Wer hip sein will, braucht auch eine Boarder-Short. Fredy, 15, in diesem Jahr Europameister und Deutscher Meister im Wakeboarden bei den "Boys", macht sich mit einem Kumpel auf die Suche nach einer Short für Doro.

Fredy spricht nicht nur eine andere Sprache (Sätze wie "Mein perfektes Board sollte ein Shape wie das Wittness haben, aber dazu muss natürlich noch eine Slider-Base her") - er hat auch einen anderen Klamottengeschmack. In einem unbeobachteten Moment zieht Doro den auf der Mitte ihres Hintern sitzenden Short-Hosenbund ein Stückchen höher.

Doro ist nicht allein unter den jugendlichen Freaks. Peter Schattenfroh, Inhaber der Anlage, zeigt auf zwei Frauen, die sich in die Schlange vor dem Lift eingereiht haben: "Die eine ist Lehrerin, die andere Bankerin", sagt er. Man kennt sich. Es gibt viele Stammkunden, einige haben sogar eine Jahreskarte für 725 Euro, sie können die Anlage uneingeschränkt nutzen.

"Der Start ist das Schwierigste. Ihr müsst euch ganz steif machen, wie ein Brett, und euch dann rausziehen lassen", erklärt Lia (24). Die Studentin ist selbst begeisterte Wakeboarderin und arbeitet in der Anlage, um das Geld für ihre Jahreskarte zu verdienen. In fünf Minuten erklärt sie Doro und einem weiteren Einsteiger, was sie vor dem ersten Start wissen müssen: "Wenn die Ampel grün leuchtet, zieht euch der Mitnehmer raus", sagt Lia. "Habt ihr noch Fragen?" Die beiden schütteln den Kopf. Doro blickt zum Startplatz. Die Ampel schaltet gerade auf grün, ein Wakeboarder springt vom Steg, den Griff zum Zugseil fest in der Hand. Sicher fährt er durch die erste Kurve, gleitet locker über das Wasser. Es sieht leicht aus.

Doro reiht sich mit dem Wakeboard im Arm in die Schlange der Wartenden ein. Lia guckt ihr nach. "Es ist leichter, mit Skiern anzufangen. Es kann passieren, dass sie es heute noch nicht schafft", sagt sie. Gut, dass Doro das nicht hört. Sie sitzt bereits am Steg vor dem Startpunkt. Das Board im Wasser, die Füße in den Schnallen, rutscht sie mit dem Po Stück für Stück weiter. Jetzt sind nur noch zwei Jungs vor ihr. Platsch - Kopf voraus fällt der erste ins Wasser, dem nächsten gleitet der Griff aus der Hand. Aus den Lautsprechern dröhnt "Du bist so heiß wie ein Vulkan".

Doro ist an der Reihe. Ein junger Typ reicht ihr den Griff. Konzentriert blickt sie nach oben, auf das Ampelsignal.

"Als die Ampel auf grün gesprungen ist, hatte ich echt Angst. Mein Magen hat sich richtig verkrampft. Ich hatte Herzklopfen, als ich ins Wasser bin, so hat mich das gestresst. Ich wollte mich ja nicht blamieren vor den vielen Leuten im Café und vor den 15-Jährigen, die total profimäßig fahren und auf cool machen. Man hat ja beim Start nur einen kurzen Moment Zeit - und da muss man alles richtig machen. Wenn man den Körper nicht rechtzeitig anspannt, wird man sofort aus den Latschen gezogen."

Sie steht! Doro hat es geschafft, sich vom Seil hochziehen zu lassen. Das Glück währt jedoch nicht lange: Nach ein paar Sekunden macht sie eine ungewollte Seitwärtsdrehung und fällt ins Wasser. Sie stapft ans Ufer zurück.

"Die ersten drei Sekunden dachte ich 'Hey, das geht ja!' Dann lief irgendwas schief."

Zweiter Versuch: Doro steht fast, dann verliert sie das Gleichgewicht und kippt zur Seite. Beim dritten und vierten Versuch landet sie mit einem Bauchplatscher im Wasser. Da muss wohl jeder Anfänger durch.

"Die Stürze sind nicht ohne, vor allem, wenn man mit dem Gesicht zuerst aufschlägt. Man bekommt Wasser in die Nase und schluckt auch viel. Aber das hat man vergessen, sobald man wieder auf dem Steg sitzt. Dann ist das Adrenalin fürs nächste Mal schon da."

Das Starterfeld ist bunt gemischt: Während die Könner elegante Kurven fahren und auch die Rampen locker mitnehmen, haben die Wasserski-Anfänger Schwierigkeiten, die Körperspannung zu halten. Breitbeinig stehen sie auf ihren Skiern, ihr Oberkörper wird vom Seil nach vorne gezogen, den Po haben sie weit nach hinten rausgestreckt.

Laute Beats hämmern über das Wasser. Die Jungs an der Anlage hüpfen im Takt mit. Doro landet bei ihrem fünften Versuch wieder auf dem Bauch. Sie reiht sich sofort wieder in die Schlange ein. Eineinhalb Stunden sind um, das Café ist inzwischen voll. Ein Boarder klettert auf den Steg, er strahlt: "Ich habe eben meine ersten 1 3?4 Runden am Stück geschafft", erzählt er seinen Freunden begeistert.

Was ist das Faszinierende an diesem Sport? Zwei Einsteigerinnen Anfang 30, die mit Doro in der Schlange stehen, finden vor allem die Urlaubs- und Strandatmosphäre beim Wakeboarden toll. "Das Feeling auf dem Wasser macht süchtig", sagt Lia, die Studentin, die Doro zuvor die Einweisung gegeben hat. "Man bekommt einen richtigen Adrenalin-Kick". Das findet auch Doro selbst:

"Die kurzen Momente, die man steht, bekommt man eine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, wenn man es kann. Aber die Gleitphasen sind ein zerbrechliches Pflänzlein. Man freut sich, wenn man den Start geschafft hat, dann kommt mit der Kurve gleich die erste Hürde."

Die kurzen Gleitphasen werden seltener, die Arme sind inzwischen schwer. Es kostet viel Kraft, den Griff immer wieder ganz zur Hüfte ranzuziehen und dem starken Gegenzug standzuhalten. Aber Doro gibt nicht auf: Wieder und wieder stellt sie sich in der Schlange an. Sie ist ehrgeizig. Sie will unbedingt richtig ins Gleiten kommen, nicht nur ein paar Sekunden. Erst nach dem 18 oder 19 Startversuch hört sie auf. Sie setzt sich auf die Bank vor dem Verleih, ihre Arme zittern von der Anstrengung, trotz der Hitze und trotz Neopren-Anzug fröstelt sie. Sie hat alles gegeben.

"Man braucht schon eine große Frustrationstoleranz. Ich wollte unbedingt eine ganze Runde fahren. Aber wenn man ins Gleiten kommt, macht es richtig Spaß. Ich bin total motiviert wiederzukommen."

Und dabei bleibt sie - trotz des Muskelkaters in Armen und Rücken, den sie fast eine Woche später immer noch merkt. Sie will ihn erleben, diesen Moment der Leichtigkeit, dann, wenn sie nicht mehr wie ein "kleiner nasser Sack" am Seil hängt, sondern auf der Wasseroberfläche gleitet - mit ihrem Wakeboard.

Infos für Einsteiger

Wakeboard-Einsteiger bezahlen an der Wasserski-Anlage Hamburg für zwei Stunden 29 Euro. Darin enthalten sind die Leihausrüstung inklusive Neoprenanzug und Schwimmweste, die Einweisung und die Nutzung der Seilbahn. Tageskarten gibt es - je nach Temperatur - zwischen 20 und 35 Euro.

Eine Übersicht über die Wakeboard- und Wasserskianlagen in Deutschland gibt es auf www.wasserski.de.

Text: Monika Herbst Fotos: Rahel Dinkel, Wayne Johnson/Fotolia (1)

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