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Training nach Zyklus Wie sinnvoll ist es, Sport mit Blick auf den Zyklus zu machen?

Training nach Zyklus: Frau dehnt sich
© Marko / Adobe Stock
Hormone beeinflussen, wie fit wir uns fühlen. Das macht auch was mit unserem Sport: Können wir unser Training abstimmen auf Zyklus und Wechseljahre?

Eine Mitspielerin aus meinem Basketballteam erschien regelmäßig einmal im Monat nicht zum Training: Kopfweh, Übelkeit, Rücken – sie hatte immer eine andere Ausrede. Irgendwann erzählte sie mir, dass sie ihre Regel so schlimm habe, dass an Ballsport gar nicht zu denken sei, sie sich aber nicht traue, es unserem Trainer zu sagen. Sie wolle ja spielen – und nicht als Weichei abgestempelt auf der Bank hocken.

Einfluss des Zyklus auf die Leistungsfähigkeit

Wie gut, denke ich, dass sich diese Denke gerade ändert. Denn immer mehr Forschende und Trainer:innen beschäftigen sich damit, wie der Zyklus unseren Sport beeinflusst. Eine Untersuchung der Laufapp Strava zum Beispiel ergab: Bei 88 Prozent der Frauen verschlechtert sich die sportliche Leistung durch die Periode, vor oder während der Blutung. Profiteams wie die Fußballdamen des FC Chelsea, die US-Nationalmannschaft oder die Triathletin Laura Philipp stimmen ihr Training daher bereits auf ihren Zyklus ab, um bessere Leistungen zu erzielen. Und viele Sportlerinnen weigern sich, die Pille zu schlucken, um ihre Periode zu unterdrücken und Beschwerden wie Krämpfe zu vermeiden.

"Es gibt in der Sportwissenschaft ein zunehmendes Bewusstsein dafür, dass sich physiologische und zelluläre Mechanismen der Trainingsanpassungen zwischen Frauen und Männern unterscheiden können", bestätigt Patrick Diel, Endokrinologe und Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln. Das wirft neue Fragen auf: Brauchen Frauen ein anderes Training als Männer? An welchen Tagen sind sie besonders leistungsfähig? Und wann ist welches Work-out am sinnvollsten?

Welche Hormone stecken dahinter?

Grundsätzlich ist es so: Östrogen erleichtert den Muskelaufbau und steigert die Trainingsleistung, weil es eine erregende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat. Progesteron dagegen hemmt es und fährt uns eher runter. Ideal ist es daher für unsere körperliche Leistung, wenn der Östrogenspiegel hoch und der Progesteronspiegel niedrig sind – also in der Zeit direkt nach der Blutung bis zum Eisprung. In dieser sogenannten follikulären Phase kann man am optimalsten trainieren: lange und mit hoher Belastung. Krafttraining, Sprünge, Sprints und intensive Einheiten mit neuen Belastungsreizen passen gut in diese Zeit.

Dann kommt der Eisprung, das Progesteron steigt an – die Lutealphase beginnt, das Energielevel sinkt langsam wieder ab. Die Verletzungsanfälligkeit im Bereich Achillessehne und Kreuzband erhöht sich, weil der passive Halteapparat weicher wird – Sprünge und Waldläufe sind jetzt vielleicht nicht die beste Idee. Auch hochintensives Training fällt schwerer, weil in diesem zweiten Teil des Zyklus Energie aus Kohlenhydraten schlechter verwertet wird. Jetzt kann man gut lange, langsame Ausdauereinheiten einstreuen und Gleichgewicht und Beweglichkeit trainieren.

Alles noch nicht ganz sicher

Zumindest theoretisch. In der Praxis konnten Forschende diese Annahmen nämlich bisher noch nicht klar belegen. Eine britische Meta-Analyse zur Kraft während des Menstruationszyklus zum Beispiel fand keine signifikanten Unterschiede in den verschiedenen Phasen. Eine der Forscher:innen, die Sportwissenschaftlerin Dr. Georgie Bruinvels, glaubt, dass ein Grund dafür ist, dass die Regelmäßigkeit des Zyklus, die Belastbarkeit und die Schwere der Beschwerden sehr individuell sind. Ihrer Erfahrung nach fühlen sich viele Sportlerinnen während der Blutung unwohl, was sich auf Leistung und Bewegungsverhalten auswirkt. Trotzdem rät sie auch dann zu sanfter Bewegung, denn "Sport kann Symptome wie Müdigkeit, Unterleibskrämpfe, Stimmungsschwankungen im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus dauerhaft verbessern".

Ihr vielleicht wichtigster Tipp: gut auf den eigenen Körper zu hören. Für einige Frauen fühlt sich ein intensives Work-out während der Regelblutung nicht gut an, da sind sanfte Einheiten wie Yoga, ein ruhiges Cardio-Workout oder ein Spaziergang besser. Apps wie Fitrwoman oder Wild.ai können helfen, den Zyklus und den eigenen Körper besser zu verstehen. Und noch mal zurück zum Fitnessstudio: Krafttraining ist ja vor allem effektiv, wenn es regelmäßig stattfindet, also nicht nur in den ersten beiden Wochen des Zyklus, sondern zwei- bis dreimal pro Woche. Aber vielleicht stellt man den Trainingsplan lieber in der ersten Zeit um statt nach dem Eisprung.

Und in den Wechseljahren?

Die Wechseljahre rütteln dann hormonell noch mal alles durcheinander. Etwa mit Anfang 40 sinkt die Östrogenproduktion in den Eierstöcken, die Menstruation wird unregelmäßig, viele Frauen fühlen sich reizbar, schlapp, leiden an Hitzewallungen oder Schlafproblemen. Muskeln bauen ab, es wird schwieriger, Energie aus dem Fettstoffwechsel zu verbrennen. Die Folge: Der Muskelanteil sinkt, der Fettanteil steigt. Was bedeutet das für unseren Sport? Ein gezieltes Muskelaufbautraining wird jetzt noch wichtiger. "Muskeln sind ein Garant für eine gesunde Gesamtstoffwechsellage im Körper", sagt Patrick Diel. "Je mehr Muskeln, desto besser reagiert der Körper auf Insulin. Außerdem verbessert Krafttraining effektiv die Knochendichte." Weniger ist hier nicht mehr: Gewichte helfen, mehr Muskelmasse aufzubauen. Und: Gerne öfter mal ein High Intensity Intervall Training einstreuen, um den Stoffwechsel anzuregen und das Herz-Kreislauf-System zu stärken.

Podcast Alert!

Sie haben noch mehr Fragen zu Hormonen, speziell zu den Wechseljahren? Dann hören Sie doch mal rein in den neuen Podcast der BRIGITTE WOMAN "Meno an mich". Die Redakteurinnen Diana Helfrich und Julia Schmidt-Jortzig sprechen über Fragen, die sich einem erst dann stellen, wenn man mitten im Leben ist (ab 3.6. auf Spotify und den anderen Plattformen).

Brigitte

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