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Power-Plate: Mit Vibration zur Traumfigur?

Power-Plate: Frau trainiert mit Power-Plate
© Goran Bogicevic / Shutterstock
Power-Plate: Das Vibrations-Wundergerät soll uns in Rekordzeit fit machen. BRIGITTE- Redakteurin Christine Hohwieler, gestresste berufstätige Mutter, macht den Test.

Meine Fitness-Biografie ist eine Geschichte des Scheiterns. In den letzten fünf Jahren habe ich einen Vertrag in einem Sportstudio abgeschlossen, die Claudia-Schiffer-DVD "Perfectly Fit 1+2" erworben, mich beim Yoga angemeldet und zwei Hanteln im Wohnzimmer deponiert. Dabei blieb es. Ich habe einen Beruf, einen Ehemann, zwei Kinder und eine Waschmaschine mit Sieben-Kilo-Trommel. Ich habe keine Zeit, um fit und muskulös zu sein. Aber ich wäre es so gern, seit etwa 30 Jahren träume ich von einer Art Bikinifigur - wenn ich nicht langsam damit anfange, brauche ich noch eine Lesebrille, um meine eigene Cellulite erkennen zu können.

Fit durch Vibrationstraining?

Jetzt habe ich eine so genannte "Power- Plate". Leihweise, für einen Selbstversuch. Kann ein wohlgeformtes Fitnessgerät eine mäßig formschöne 41-jährige glücklich machen? In nur zweimal zehn Minuten pro Woche? Einfach nur draufstellen und sich per Vibrationstraining straff durchrütteln lassen?

Eine Powerplate braucht Platz

Der Erstkontakt mit der Power-Plate erweist sich als problematisch. Als ich an einem Montagabend von der Arbeit nach Hause komme, steht das Model "My5" auf dem Parkettboden in meinem Schlafzimmer. Groß. Weiß. Respekt einflößend. Ich schalte es an. Die Power-Plate brummt und vibriert. Das Bett vibriert mit. Meine zweijährige Tochter fängt an zu weinen. Mein siebenjähriger Sohn schreit "Attacke!". Ich fühle mich, als hätte ich ohne Wissen des Vermieters ein sehr großes Haustier - sagen wir: einen brunftigen Hirsch - in die Wohnung geschmuggelt.

Ich stürze ins Treppenhaus und klingele bei den Nachbarn unter uns. Auch bei ihnen brummt es, außerdem wackeln die Scheiben. Am nächsten Morgen rufe ich beim Hersteller an. "Kein Problem", meint ein freundlicher Mitarbeiter, "wenn das Gerät auf einer Judomatte steht, wird die Vibration nach unten gedämpft. Wenn das nicht reicht, muss eine zwei Zentimeter dicke Stahlplatte drunter." Beides besitze ich nicht, also muss mein Mann ran, bevor ich mit dem Vibrationstraining starten kann. Er schafft die Power-Plate vom Schlafzimmer in die Küche, die ist gefliest und wackelfest.

Überhaupt reagiert der Mann auf meinen neuesten Fitness-Versuch sehr offen. Claudia Schiffer hat er damals peinlich berührt unter einem Stapel DVDs verschwinden lassen. Das Vibrationstraining mit der Power-Plate hat er am Tag ihrer Ankunft gleich ausprobiert. Kannte er aus "Deutschland - ein Sommermärchen", da war die Fußball-Nationalmannschaft beim Power-Plate-Training zu sehen, und was irgendwie mit Fußball zu tun hat, kann so übel nicht sein.

Mein erster Test mit der Powerplate An diesem Abend steige ich das erste Mal auf das Gerät. Ich gehe leicht in die Knie und drücke den Knopf für Kraft. Die Power-Plate wackelt los, und mein erster Gedanke ist: Hirnschaden. Mein Körper fühlt sich gut an, die Vibrationen gehen durch alle Gliedmaßen, ein bisschen kribbelig, sehr ungewohnt, aber gar nicht unangenehm. Nur mein Kopf, dem kann das nicht gut tun: Meine Zähne klappern, ich muss sie zusammenbeißen, meine Stimmbänder schlingern, als ich "Dahahas kahahann nicht gehehehesund seieiein" murmele, und nach den 30 Sekunden, die pro Übung einprogrammiert sind, mache ich mir zwar wenig Sorgen um meine Muskelfasern, wohl aber um meinen Verstand.

Macht mich das Vibrationsgerät dumm?

Muss ich nicht, versichert mir Adrian Greiner, das sei alles eine Frage der Muskelanspannung und der richtigen Haltung, und die bringt er mir jetzt bei. Adrian Greiner arbeitet als Personal-Trainer, jeder neue Besitzer einer Power-Plate wird von einem Fitness-Coach eingewiesen, um Trainingsfehler zu vermeiden. Der Unterschied ist beachtlich: Jetzt merke ich zum ersten Mal, dass es hier um richtiges Training für den Muskelaufbau geht. Adrian Greiner fragt mich nach meinem Trainingsziel - Bikinifigur, was sonst? - und stellt für die nächsten Wochen sieben Kraftübungen für mich zusammen, ergänzt durch vier "Massage"-Einheiten, mit denen das Gerät die Durchblutung fördert.

Vibrationstraining ist anstrengender als gedacht

Obwohl jede Übung nur 30 Sekunden dauert und ich mit angespannten Muskeln in der vorgegebenen Stellung verharre, ohne mich groß zu bewegen, ist das Durchhalten überraschend anstrengend. Die Übungen im Stehen fallen mir zwar relativ leicht, zumal das Kopfbrummen deutlich nachlässt, wenn man die Beinmuskulatur ordentlich anspannt. Aber in Sit-up-Haltung mit dem Hintern auf einer vibrierenden Platte zu balancieren und mit leiernder Stimme einen knackigen Personal-Trainer auszufragen, erfordert ein Ausmaß an Muskulatur am Bauch sowie ein Selbstbewusstsein, das ich leider nicht habe.

Powerplate – kein Familienspaß

Fitnessübungen sollte man als unfitter Mensch am besten ohne Zeugen machen. Was aber fast unmöglich ist, wenn man sie in der Küche eines Vier-Personen-Haushalts durchführen muss. Die Power-Plate erregt bei meinen Kindern gleichbleibende Begeisterung, sobald ich sie anschalte, sind sie da. Meine Tochter legt sich bei jedem Sit-up mit dem Ausruf "Helfen!" fürsorglich auf meinen Bauch, mein Sohn quetscht sich daneben und grölt Schüttelreime. Ich verschiebe meine Trainingseinheiten also auf abends, wenn sie schon im Bett sind.

Der Faktor Zeit war immer das entscheidende Handicap bei meinen Fitness- Ambitionen. Ich gehe gern laufen, das schaffe ich am Wochenende. An den anderen Tagen muss ich morgens die Kinder fertig machen, abends nach der Arbeit fehlte mir bislang die Kraft, mich zum Sport aufzuraffen. Außerdem fahre ich mit dem Fahrrad zur Arbeit, das verbuche ich auch als Ausdauertraining, obwohl es bei meinem Tempo selbst Fußgängern unmöglich ist, mich nicht zu überholen.

Die Frage, ob ich mit der Power-Plate auf Ausdauertraining nunmehr verzichten könne, hat mein Personal- Trainer leider verneint. Mal ganz abgesehen vom gesundheitlichen Nutzen, müsse man auf dem Weg zu einer Bikinifigur eben viel Fett verbrennen, und dafür brauche es auch zusätzliche Bewegung neben dem Durchrütteln.

Endlich Zeit zum Trainieren

Zu meiner Überraschung kriege ich es hin. Obwohl es mich an manchen Abenden unglaublich viel Überwindung kostet, einen anstrengenden Arbeitstag plus anschließendem Abendessen mit überdrehten Kindern auf einem Fitness-Gerät ausklingen zu lassen. Ich schaffe es, weil es schnell vorbei ist. Die sieben Kraftübungen mache ich bald zweimal hintereinander, dann die Massage, das dauert maximal 20 Minuten, deutlich kürzer als laufen gehen. 

Ich muss mich nicht mal umziehen, um die Übungen zu machen, bequeme Kleidung ist völlig ausreichend, einmal stand ich sogar im Sommerkleid drauf, ging auch. Tatsächlich macht das Training auch deutlich mehr Spaß, als ich erwartet habe. Die Übungen sind anstrengend, aber nicht ermüdend, ich entwickle schnell eine Routine und merke, dass mir die Übungen von Mal zu Mal leichter fallen.

Aber wirklich entscheidend ist, wie ich mich hinterher fühle: sauwohl. Mal abgesehen von dem Muskelkater, den ich nach den ersten Übungseinheiten hatte, verspüre ich mit dem Training ein völlig neues Körpergefühl. Aufrechter. Kraftvoller. Beweglicher. Nichts, was mir vorher wirklich gefehlt hätte, aber seit es da ist, kann ich nur sagen: So ist es viel besser. 

Seit ich auf dem Gerät stehe, habe ich keine Rückenschmerzen mehr. Auch kein Problem, an dem ich vorher massiv gelitten hätte, aber mit einem zweijährigen Kind, das sich gern vom Kindergarten heimtragen lässt, hat man eben gelegentlich Rückenschmerzen. Irgendwann ist mir dann aufgefallen, dass sie weg sind. Super. Weg ist auch mein schlechtes Gewissen, das ständige Gefühl, nicht genug für mich zu tun, für meine Gesundheit, gegen den drohenden altersbedingten Muskelabbau und für meine Figur.

Was macht Vibrationstraining mit meiner Figur?

Meine Figur. Ja, auch die hat sich verändert. Ich stand kürzlich im Trägershirt bei einer Freundin am Bügelbrett, sie hatte sich den Arm gebrochen, und wie ich so vor mich hin bügele, kommt sie ins Wohnzimmer und sagt: "Wahnsinn, deine Oberarme, die sind ja total durchtrainiert." Stimmt, ich stehe selbst ständig vorm Spiegel und staune.

Auch über meinen Bauch, der nach zwei Schwangerschaften eine muskelfreie Zone war und der jetzt wieder Konturen unter der Haut entwickelt hat. An meinen Oberschenkeln und am Po dagegen kann ich noch keinen nennenswerten Erfolg erkennen, aber vermutlich gibt es einen, nur dass der noch durch ausreichend Speck vor selbstverliebten Blicken geschützt ist.

Nachteile des Vibrationstrainings

Die Power-Plate hat auch Nachteile. Da wäre zum einen der Anschaffungspreis. Das Model "My5" kostet knapp 5000 Euro. Würde ich, wenn ich sie übrig hätte, so viel Geld für meine Eitelkeit ausgeben? Und natürlich stellt sich mir als Großstadtbewohnerin ohne Hobbykeller auch die Frage, ob ich meine Küche auf Dauer mit einem großen, brummenden Mitbewohner teilen möchte. Irgendwann in den nächsten Tagen werde ich mir wohl mal einen Bikini anziehen und dann ganz in Ruhe darüber nachdenken.

Was sagen die Experten?

Ein Fitness-Traum scheint wahr zu werden: Die ursprünglich für Astronauten entwickelte Hightech-Platte schwingt pro Sekunde 25- bis 50-mal einen bis vier Millimeter auf und ab. Die dabei entstehenden Vibrationen werden auf den Körper übertragen - und bringen die Muskeln dazu, sich automatisch anzuspannen.

Anfängerinnen reicht es schon, einfach auf der Plattform zu stehen und sich ordentlich durchschütteln zu lassen; erst nach etwa drei Malen kommen leichte Gymnastikübungen wie zum Beispiel Einbeinstand oder Kniebeugen hinzu. Außerdem gibt es spezielle Massage- und Stretching-Stufen, die die Durchblutung fördern und das anschließende Dehnen effektiver machen sollen. Hersteller versprechen, dass auf diese Weise die Muskeln gestrafft, Osteoporose vorgebeugt, Rückenschmerzen gelindert und Cellulite beseitigt werden sollen. Aber stimmt das wirklich?

Dr. Heinz Kleinöder vom Institut für Trainingswissenschaften und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule Köln erklärt: "Um die Schwingungen der Plattform wegzustecken, müssen die Muskeln Schwerstarbeit leisten. Dadurch kommt es zu einer deutlichen Verbesserung von Kraft, Beweglichkeit, Knochendichte und Körperhaltung." 

Allerdings sollte man die Intensität des Trainings nicht unterschätzen - beim vermeintlich lockeren Durchschütteln kann der Körper schnell überfordert werden: Es kommt zu Muskelkater, im schlimmsten Fall sogar zum so genannten "Übertrainingssyndrom", eine Art sportliches Burnout, bei dem die körperliche Leistungsfähigkeit sinkt. Experten empfehlen, die Vibrationsplatte deshalb nicht öfter als zweimal pro Woche zehn Minuten lang zu nutzen - am besten in Kombination mit herkömmlichem Krafttraining.

Powerplate - Expertenmeinung Auch Professor Dr. Dieter Felsenberg vom Zentrum für Muskel- und Knochenforschung an der Berliner Charité bestätigt die intensive Wirkung der Vibrationsplatten: "Sie bringen einen erheblichen Zeitvorteil, das Training ist zehnmal so effektiv wie normaler Kraftsport." Allerdings sind auch die Risiken entsprechend höher: Um Fehler zu vermeiden, sollte man anfangs und bei jeder neuen Übung nur mit einem qualifizierten Trainer auf das Gerät steigen. 

Durch die starke Erschütterung könne es sonst zu Gelenkschäden, Schwindelgefühl oder Migräne kommen, sagt Professor Dr. Ingo Froböse vom Institut für Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln: "Früher aufgetretene Probleme, z. B. Bandscheibenvorfälle oder Hexenschüsse, können sich bei falscher Anwendung verschlimmern; in diesen Fällen das Training anfangs auf etwa 60 Sekunden beschränken, und wenn alles problemlos läuft, langsam steigern."

Auch die angeblich positiven Auswirkungen auf Cellulite sehen die Experten skeptisch: "Ich denke nicht, dass das Training Orangenhaut verschwinden lässt, zumindest gibt es dafür bisher noch keinen wissenschaftlichen Beweis", so Professor Dr. Felsenberg. Wer sich eine Vibrationsplatte für zu Hause kaufen möchte, muss einen stolzen Preis investieren - ca. 3000 Euro kostet das günstigste Power-Plate-Modell. Allerdings bieten mittlerweile auch immer mehr Fitnesscenter das intensive Schütteltraining an: Zwölferkarten kosten ca. 139 Euro, bei einigen Anbietern erhöht sich die monatliche Grundgebühr dagegen um ca. 25 Euro.

Was sollte ich beim Training mit der Power-Plate beachten?

1. Viel trinken: Der Körper braucht ausreichend Flüssigkeit, um den intensiven Trainingsreiz optimal zu verarbeiten. Deshalb vor dem Training am besten schon einen halben Liter Mineralwasser oder Apfelsaftschorle trinken und anschließend die Reserven wieder auffüllen.

2. Locker bleiben: Immer leicht in die Knie gehen und auch die anderen Gelenke (z. B. die Ellbogen bei den Liegestützen) nie ganz durchstrecken. Dabei werden die Schwingungen etwas abgefedert, so dass sie nicht ungebremst nach oben gelangen und Kopfschmerzen auslösen können.

3. Nicht übertreiben: Maximal zwei Trainingseinheiten à zehn Minuten pro Woche einlegen, außerdem den Schweregrad der Übungen nur langsam steigern.

4. Rundum fit werden: Das Vibrationstraining fordert Herz und Kreislauf kaum, deshalb sollte man zusätzlich regelmäßig Ausdauersport treiben.

5. Kein Risiko eingehen: Bei gesundheitlichen Problemen wie z. B. Rücken- oder Gelenkschmerzen erst nach Rücksprache mit dem Arzt auf die Platte stellen - und in der Schwangerschaft ganz auf das Training verzichten.

BRIGITTE Heft 19/07 Text: Christine Hohwieler, Melanie Grimsehl, Michaela Rose Fotos: S. Scardovelli / sp

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