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Angst beim Sport: Wie bekomme ich mehr Mut?

BRIGITTE.de-Redakteurin Monika Herbst traut sich auf ihrem Mountainbike auf einmal nicht mehr an steile Abfahrten heran. Angst beim Sport - das Problem kennen auch Skifahrinnen, Reiterinnen und Kletterinnen. Wie gut, dass man Mut lernen kann!

Mein Selbstbewusstsein liegt am Boden, plattgewalzt von den Reifen des Mountainbikes, das ich gefühlt seit Stunden schiebe. Es regnet, die Steine und Wurzeln auf dem Trail sind nass, neben dem schmalen Weg geht es steil nach unten. Ich möchte fahren, aber sobald ich auch nur einen Fuß auf das Pedal setze, packt mich die Panik. Ich werde stocksteif. Was ist nur los? Woher kommt diese plötzliche Angst vor einem Sturz? Okay, ich fahre das erste Mal wieder, nach zwei Jahren Babypause. Aber vor der Auszeit war ich jahrelang richtig viel mountainbiken, bin unter anderem vier Mal über die Alpen gefahren. Ich war zwar nie eine von den Bikerinnen, die todesmutig die steilsten Abhänge runtergerast sind, aber die meisten Trails bin ich gefahren – und ich hatte Spaß dabei.

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Von Spaß kann nach dem Fehlstart keine Rede mehr sein. Ich fühle mich elend und muss mehrmals schlucken, um nicht vor Frust loszuheulen. Die nächsten Touren laufen nicht viel besser. Mir kommt es vor, als hätte jemand einen Zettel auf meine Stirn geklebt, auf dem steht: "Ich kann es nicht!" Ein paar Wochen später am Tegernsee: Ich habe den zweitägigen Kurs "Mut tut gut" gebucht, um meine Angst zu überwinden. Jetzt bin ich eine von 18 Radlerinnen, die auf einem asphaltierten Parkplatz kleine Übungen machen: im Stehen bremsen und dabei den Oberkörper nach hinten unten bewegen, den Vorderreifen ein Stück anheben oder enge Kurven fahren. Die Aufgaben sind trotz der unterschiedlichen Alters- und Könnensstufen für alle gut zu schaffen. Ich merke, wie ich mich nach jeder Runde sicherer fühle - und endlich wieder Lust bekomme auf größere Herausforderungen.

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Petra Müssig leitet unseren Kurs, sie ist mehrfache Snowboard-Weltmeisterin und Mental-Coach. Woher kommt meine plötzliche Angst, will ich von ihr wissen. "Dir fehlt durch die Auszeit einfach die Fahrpraxis", erklärt sie. Fehlende Praxis gilt als einer der Hauptgründe für Angst beim Sport – neben Ermüdung und schlechten Erfahrungen. Da geht es Mountainbikerinnen nicht anders als anderen Sportlerinnen, egal ob sie Ski fahren, reiten, klettern oder surfen. Das bestätigen auch die Geschichten der Teilnehmerinnen: Viele haben längere Pausen hinter sich, wie ich. Bei anderen sind Stürze schuld daran, dass sie inzwischen häufiger absteigen und schieben, als ihnen lieb ist.

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Wer mutig sein will, braucht Erfolge, sagt Petra. Deshalb sollen wir uns Ziele vornehmen, die auch erreichbar sind. Eigentlich logisch, trotzdem überfordern wir uns oft: Weil wir nach einem Sturz denken, wir müssten sofort wieder genauso fahren wie vorher. Weil wir uns vom Partner oder einer schnellen Gruppe antreiben lassen oder uns selbst zu sehr unter Druck setzen. Wir können nicht mithalten, erreichen unsere Ziele nicht und hadern dann mit uns. Mir wird klar, dass ich meine zwei Jahre Auszeit unterschätzt habe. Statt mich erst langsam wieder ans Mountainbiken zu gewöhnen, wollte ich gleich mit einem schwierigen Trail einsteigen. Andersrum wäre es schlauer gewesen: Mit einfacheren Übungen anfangen, Sicherheit gewinnen und sich dann – mit neuem Selbstbewusstsein – an schwierigere Aufgaben ran trauen. Auch das gilt für alle Sportarten: Also beim Reiten das Galoppieren erst wieder in der Halle üben und dann im Freien, beim Skifahren erst die rote Piste nehmen und dann die schwarze.

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In der Theorie hört sich das einfach und logisch an, aber klappt das auch in der Praxis? Am zweiten Kurstag machen wir erst einfachere Übungen im Gelände: Berganfahren aus dem Stand, Kurven, kleine Abfahrten. Dann kommt eine schwierige Abfahrt mit enger Kurve und Stufen. Ich stehe am Startpunkt und habe Angst - trotz der Vorübungen. Und jetzt? Was hat Petra noch gesagt? Tief durchatmen, die Brust rausschieben, daran denken, wie ich fahren will (spielerisch, elegant, flüssig), zumindest so tun, als ob ich mutig wäre, das Ziel fokussieren - und los. Es klappt, ich traue mich! Euphorisch und mit breitem Grinsen komme ich unten an. Klar, es wird noch dauern, bis die alte Sicherheit wieder da ist, aber ich weiß jetzt, wie ich die Angst überwinden kann. Und ich weiß wieder, wie schön es sich anfühlt, nicht mehr wie ein steifer Fremdkörper auf dem Sattel zu sitzen, sondern – zumindest für einen Moment - wieder eins zu sein mit dem Mountainbike.

Mut tut gut: Infos zum Kurs

Die zweitägigen "Mut-tut-gut"-Kurse kosten 140 Euro. Hier gibt es noch freie Plätze: 30. April und 1. Mai in Darmstadt, 3. und 4. Mai 2013 in Wiesbaden, 31. Mai und 1. Juni 2013 am Tegernsee, 13. und 14. Juli 2013 in Emmetten/ Schweiz, 24. und 25. August 2013 im Thüringer Wald. Weiter Informationen unter www.sport-im-kopf.de und www.girlsridetoo.de.

Text: Monika Herbst Fotos: Frederik Röh

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