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Handstand ist jetzt Trend - und wir verraten, warum!

Handstand ist Trend
© Shutterstock/Alena Ozerova
Der aktuelle Trend im Fitnessbereich heißt Handstand. Was es damit auf sich hat, wie er sich auf den Körper auswirkt und wie er gelingt, erklären wir hier.

Alles begann mit einem Satz, der mich nicht mehr losließ. "If life has you down, do a handstand", las ich in der "New York Times". Und weiter: "Je unsicherer, wütender, ängstlicher oder verwirrter du dich fühlst, umso eher solltest du deine Hände auf den Boden bringen, deine Füße über dich schwingen und all die negativen Gefühle in die Erde fließen lassen."

Ich hatte gerade jede Menge negative Gefühle: vor allem Stress, weil ich ständig zwischen Job und Kindern hin und her hetze und überall zu wenig bin. In diesem Zustand erwischte mich dieses Wort und schüttelte mich durch. Handstand! Früher war ich auch mal eines von diesen Mädchen, die überall die Beine in die Luft warfen. Und ich erinnere mich noch genau an das befreiende Gefühl, das Kribbeln im Bauch und den Spaß, den ich dabei hatte.

#handstand wird mit 3 Millionen Einträgen zum Instagram-Trend!

Wie das oft so ist, wenn man ein Thema für sich entdeckt: Plötzlich sah ich überall Handstände - in Zeitschriften, in den sozialen Netzwerken, in Yogaklassen und beim Crossfit. Handstand ist Trend, las ich: weil er das Gleichgewicht, die Haltung und die Kraft in Armen, Schultern und Körpermitte verbessert - ansonsten eher vernachlässigte Körperregionen.

Yogis glauben, dass er außerdem beruhigt und für Klarheit, Konzentration, Energie und Selbstbewusstsein sorgt. "Beim Handstand geht es darum, sich mit der Erde zu verbinden", sagt Jelena Lieberberg, Yogalehrerin und Handstandexpertin aus Berlin. "Er erlaubt einem, die Welt anders wahrzunehmen, alte Muster aufzubrechen, sich frei zu fühlen." Und: Er sieht einfach verdammt cool aus, wenn man ihn beherrscht (unter dem Hashtag #handstand findet man übrigens mehr als drei Millionen Einträge bei Instagram, eine echte Angeberpose also).

Vorsicht beim ersten Handstand!

Aber einfach so loslegen? "Nicht ratsam ist der Handstand für Menschen mit häufigen Kopfschmerzen, Gefäßanomalien im Kopf, Bluthochdruck, Schwangerschaft, Herzproblemen, Diabetes, Übergewicht und Osteoporose", meint der Orthopäde Dr. Jan Schilling aus Hamburg. "Wichtig ist es, die Position muskulär stabilisieren zu können, sonst ist das Verletzungsrisiko zu groß. Für völlig Untrainierte ist die Übung daher nicht zu empfehlen."

Ein Handstand ist der Höhepunkt der Kontrolle, jede Zelle arbeitet mit

Trainiert bin ich zwar, aber mein erster Versuch ist trotzdem niederschmetternd: Ich schaffe es nicht mal, mich gegen die Wand hochzuschwingen, vor lauter Angst, nach hinten zu kippen und die Kontrolle zu verlieren. Was ist da los?

"Es erfordert eine ganze Menge Mut, darauf zu vertrauen, dass die Hände den Körper tragen können“, tröstet mich Jelena Lieberberg. "Und Kraft. Genau deshalb ist Handstand eine grandiose Übung: Er ist der Höhepunkt der Kontrolle, jede Zelle im Körper arbeitet mit. Du musst wieder Vertrauen in deine Kraft finden." Einfach mal eben so hochschwingen, ohne Übung, das funktioniere nicht: "Es ist ein Prozess. Bei einigen dauert es Jahre."

Erst kommt die Überwindung, dann die Faszination

Ich beschließe, mich jeden Tag an der Wand auf den Kopf zu stellen. Sechs Monate ist das jetzt her, und um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe es nicht täglich geschafft, aber bestimmt vier- bis fünfmal pro Woche. Am Anfang mit viel Überwindung, dann mit zunehmender Faszination.

Nach zwei Wochen dachte ich: Wow, das schockt! Nach vier Wochen: Es passiert was. Ich stehe kopf, im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur äußerlich, auch innerlich. Ich drehe die Schwerkraft um und auch mein Denken: weniger inneres Jammern, mehr Lachen über mich selbst und die Umstände, auch wenn sie gerade total nerven. Ich merke, wie ich etwas vermisse, wenn ich mich nicht umdrehe.

Ich mache einen Handstand-Workshop bei "Innersmile Yoga" in Hamburg, wo ich lerne, die Körpermitte besser zu aktivieren (mit ganz vielen Bauchmuskelübungen) und ausgerichteter zu stehen (und zum ersten Mal auch ein paar Sekunden frei, ohne Wand).

Mein Leben mit dem Handstand

Inzwischen ist Handstand ein Weg für mich geworden, abzuschalten, loszulassen und gute Laune zu bekommen. Wann immer ich traurig oder genervt bin und eine leere Wand in meiner Nähe ist, schwinge ich meine Beine in die Luft, und schon sieht die Welt wieder anders aus.

Die gute Nachricht: Fast jeder kann es lernen. Wer ein paar Liegestütze schafft, einigermaßen trainierte Bauch-, Rücken- und Schultermuskeln, gesunde Handgelenke und keine gesundheitlichen Kontraindikationen hat, kann Schritt für Schritt loslegen - am besten in einem Handstand-Workshop mit Anleitung. Und dann, wenn man endlich kraftvoll oben steht und das Blut im Kopf rauscht, passiert etwas Schönes: Man ist stolz. Und will mehr. Vielleicht schaffe ich es ja irgendwann, länger frei zu stehen.

So gelingt der perfekte Handstand:

  1. Langsam herantasten:
    Zuerst Muskeln am Bauch, Rücken, in Armen und Schultern aufbauen, bevor man sich an den Handstand wagt. Gut sind z. B. Übungen wie Unterarmstütz, Liegestütz, Schulterdrücken mit Kleinhanteln.
  2. Gut aufwärmen:
    Handgelenke und Schultern kreisen, zehnmal in jede Richtung, danach ein paar Sonnengrüße.
  3. Den Handstand vorbereiten:
    Spiderman-Walk: In Bauchlage auf die Matte legen, die Füße berühren die Wand. In den Liegestütz hochdrücken. Dann langsam mit den Füßen rückwärts die Wand hochlaufen, gleichzeitig wandern die Hände zur Wand, bis man im Handstand mit Blick zur Wand steht. Wieder in die Ausgangshaltung zurückkommen, drei Durchgänge.
    Handstand an der Wand: Im Vierfüßlerstand vor eine Wand knien, sodass die Füße die Wand berühren. Langsam den Po zur Decke schieben, die Beine strecken und mit den Füßen die Wand hochlaufen, bis Beine und Oberkörper einen rechten Winkel bilden. Wichtig: Die Arme strecken. So lange halten wie möglich.
    Handstand-Hopser: Aus dem Herabschauenden Hund mit Händen vor der Wand das rechte Bein nach oben anheben, das Standbein beugen und mit der Einatmung nach oben schwingen. 5 x pro Seite.
  4. Im Handstand die Spannung halten:
    Die Oberschenkel, den Rumpf und das Gesäß anspannen, die Oberarme leicht nach außen drehen, die Rippen zusammenziehen, die Achselhöhlen nach vorn drücken, die Schultern ziehen weg von den Ohren. Wichtig: Die Balance liegt in den Händen! Die Hände sind schulterbreit, Finger zeigen nach vorn, das Gewicht liegt auf den Zeige ngerballen. Der Kopf ist entspannt, der Blick geht nach vorn auf den Boden. Und nicht ins Hohlkreuz fallen.
Ein Artikel aus BRIGITTE 22/2017

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