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EMS-Training: Fitness für Faule im Selbstversuch

EMS-Training: Frau wird für das EMS-Training verkabelt
© InnerVisionPRO / Shutterstock
Strom bringt nicht nur unser Smartphone zum Laufen, sondern trainiert auch unsere Muskeln - beim EMS-Training. Autorin Alexandra Reinwarth über ihren Selbstversuch.

Was ist das EMS-Training?

Schlank und fit - und das mit nur zwanzig Minuten Sport pro Woche. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Mit dem Elektrostimulationstraining ist das kein Problem. Beim EMS-Training könnt ihr mit speziellen Trainingsgeräten wie dem Miha Bodytec trainieren, bei dem euch Elektroden an bestimmte Körperzonen geheftet werden. Im Vier-Sekunden-Intervall bekommt euer Körper darüber Impulse, die auf einer Skala zwischen eins und zehn liegen. Je nachdem, welche Stufe ihr mit eurem Trainer abgesprochen habt.

Dr. Heinz Kleinöder, Leiter der Abteilung Kraftdiagnostik und ­Bewegungsforschung an der Sporthochschule in Köln, hat zudem eine Sonderform des klassischen Trainings entwickelt. Ganzkörper-EMS-Training ist eine neue Trainingsform, die es ermöglicht, viele Muskelgruppen gleichzeitig anzusprechen. Dabei werden agonistische und antagonistische Muskelgruppen über ­großflächige Elektroden simultan stimuliert.

Was bringt das EMS-Training?

Glaubt man den Studien der Sporthochschule Köln (DSHS), der Uni Bayreuth und der Uni Nürnberg, dann ist das Elektrostimulationstraining positiv für den schnellen Muskelaufbau, gut gegen Rückenschmerzen und kann überdies Krankheiten vorbeugen. Schon seit über 50 Jahren setzen Physiotherapeuten Strom ein, um gezielt einzelne Muskeln aufzubauen - und auch heute noch wird EMS in der Reha eingesetzt.

Wie viel kostet EMS-Training?

Ganz günstig ist der Spaß allerdings nicht. Im Regelfall liegen die Kosten für eine zwanzigminütige Session bei rund 20 Euro.

Selbstversuch: Leseprobe aus "Das Fitnessprojekt"

"Es gibt ein Argument, das Bodystreet sofort zu meiner ersten Wahl werden lässt und neben dem alle anderen Fitnessmethoden extrem unattraktiv aussehen. Das Super-Duper-Argument lautet:

20 Minuten Training im Monat reichen! Das entspricht etwa acht mal 45 Minuten herkömmlichem Krafttraining.

Das ist genau die Aussage, auf die ich immer gewartet habe. Wenn man keine Sportskanone ist und vor allem noch keinen Sport gefunden hat, der so viel Spaß macht, dass man ihn freiwillig betreibt, ist das doch ideal! Wenn ich mich schon anstrengen muss, dann bitte so wenig wie möglich!

In meinem bisherigen Leben, das muss ich zugeben, hat das Sowenig-wie-möglich-Prinzip eher mäßige Erfolge gebracht. Genauer gesagt: gar keine. Ich wurde nicht schlank im Schlaf, die Ananaspillen, mit denen man ohne Diät 15 Kilo in 15 Tagen verlieren sollte, schmälerten ausschließlich meinen Geldbeutel (den dafür sehr erfolgreich) und trotz verschiedener Cremes, die nach vier Wochen eine Verjüngung, Straffung und Glättung meiner Haut inklusive Faltenreduktion bewirken sollten, sehe ich genauso aus wie immer – und nicht zehn Jahre jünger.

"Ich weiß, wie ich vor zehn Jahren ausgesehen habe, liebe Kosmetikindustrie."

Ich würde gerne sagen, dass ich etwas daraus gelernt habe und inzwischen viel schlauer bin. Ich bin es nicht. Gut, die Ananaspillen kommen mir nicht mehr ins Haus (Für Hundebesitzer: Keine Diätpillen herumliegen lassen! Eine 12er-Packung Ananaspillen kann bei einem mittelgroßen Hund einen Dünnpfiff ungeahnten Ausmaßes verursachen!), aber wenn ich ein Plakat für die neuesten Dragees aus Amerika mit Himpelchen-und- Pimpelchen-Extrakt in der Apotheke sehe, die mir versichern, ich könnte durch sie in zehn Tagen aussehen wie Angelina Jolie, das wäre von führenden Wissenschaftlern eindeutig erwiesen, dann komme ich doch in Versuchung.

Da hilft es, wenn man in diesem Moment nicht allein ist. Vor sich selbst wie ein kompletter Idiot dastehen, das ist noch relativ problemlos zu verdrängen ("Natürlich glaube ich nicht daran! Ich hatte nur 30 Euro zu viel im Geldbeutel!"), aber vor jemand anderem fällt einem das doch deutlich schwerer. Es ist ein Trugschluss zu denken, nur wir Frauen fielen auf vollkommen unhaltbare Versprechungen herein. Das merkte ich das erste Mal, als L. mit einem Buch nach Hause kam, das ihm versprach, er könne nur mithilfe von Konzentration und Gedankenkraft stinkreich werden. Seitdem steht es Ananaspillen (ich) gegen Geld-Ratgeber (L.) eins zu eins. Wahrscheinlich ist jeder schon mal auf eine dieser "Abkürzungen" hereingefallen. Die Idee ist ja auch zu verlockend: den Erfolg anstrengender und langer Arbeit genießen, ohne die lange und anstrengende Arbeit vorab.

Das Prinzip erstreckt sich übrigens über alle Themenbereiche:

  • Millionär in zehn Tagen
  • zehn Kilo weniger in einer Woche, ohne auf Schokoriegel zu
  • verzichten
  • Wie Sie problemlos in dreißig Sekunden jede Frau verführen
  • und - in Politikerkreisen sehr beliebt:
  • Doktortitel ohne eigene Dissertation

Warum wir trotzdem sehenden Auges immer wieder auf die Masche hereinfallen, ist leicht erklärt: Die Vorstellung, wie unendlich fantastisch es wäre, sollte eine der angepriesenen Methoden tatsächlich funktionieren, fegt jeden Funken Verstand vom Tisch. Man darf aber auch nicht zu kritisch sein: Hätten wir vor einiger Zeit die Versprechen "Fortbewegung ohne Plackerei" oder "Abwaschen, ohne Hände nass machen!" mit einer abwertenden Handbewegung vom Tisch gefegt, das Rad und die wunderbare Geschirrspülmaschine wären nie erfunden worden.

Aber was wird Bodystreet nun sein? Mehr die Ananaspille des Sports oder die Erfindung des Rads auf dem Fitnesssektor? Ich melde mich für ein Probetraining an.

"Das E in EMS kommt nicht von Effizienz"

Als L. an diesem Abend in der Tomatensoße für die Spaghetti rührt, lasse ich ihn an meinen neuen Erkenntnissen teilhaben. "Ich werde diesen Montag übrigens 8-mal 45 Minuten Krafttraining machen ... und zwar in 20 Minuten." L. unterbricht kurz das Rühren. "Tatsächlich?", fragt er und legt den Kopf schief. "Und wie stellst du das an?"

Ich verschränke die Arme und sehe ihn triumphierend an: "EMS!" Woraufhin L. den Kopf noch etwas schiefer legt und die Augenbrauen nach oben zieht: "PMS?" Der sollte sich auch mal wieder die Ohren waschen. "Nein. E-MS. Nicht P-MS." "Hätte mich auch wirklich gewundert", nickt L. und rührt wieder in der Soße. "Und was heißt EMS?" Ich zucke mit den Schultern. "Das ist eine neue Methode, die sie bei Bodystreet anbieten, irgendwas mit Effizienz wahrscheinlich." Weit gefehlt.

L. lassen, im Gegensatz zu mir, unbefriedigende Informationen keine Ruhe, und so stellt er nach dem Abendessen den Laptop auf den Küchentisch, während ich uns einen Espresso aufsetze. "Oh", höre ich ihn sagen, und als ich mit den Tassen komme, grinst er mich über beide Ohren an. "Das E in EMS kommt nicht von Effizienz", sagt mein Mister Superschlau und grinst weiter. "Sondern?" "Von elektrisch." "Ach du Scheiße." Wir klicken uns durch die Webseite von www.bodystreet.com und L. hat leider recht: Ich habe ein Probetraining ausgemacht, bei dem ich unter Strom gesetzt werde. Hervorragend.

Passiert Ihnen das auch, dass manchmal völlig unkontrolliert Szenen aus Kinofilmen vor Ihrem inneren Auge erscheinen? Und haben Sie auch diesen Film gesehen, bei dem jemand auf einem altmodischen elektrischen Stuhl zu Tode kommen soll und der Schwamm unter seinem Helm wird nicht richtig nass gemacht? So viel zu den Bildern in meinem Kopf, wenn jemand das Wort "elektrisch" sagt.

"Es ist eine Art Ganzkörpertraining unter Reizstrom."

"Kommst du mit?", frage ich L., aber der schüttelt bedauernd den Kopf. "Ich habe leider keine Zeit", und muss dann wieder grinsen: "Auch wenn ich mir das Spektakel ungern entgehen lasse." Am nächsten Tag versuche ich es bei Jana: "Bist du eine Freundin oder bist du keine Freundin?" Jana seufzt mir ins Ohr: "Was muss ich tun?" Ich erzähle ihr von der tollen neuen Trainingsmethode, mit der man bis zu 18-mal höhere Trainingseffekte als mit herkömmlichem Fitnessstudio-Training erzielen kann.

"Und wie machen die das?", fragt meine misstrauische Freundin. "Da werden die Muskeln ganz toll stimuliert", nuschle ich ins Telefon, aber Jana speist man nicht so leicht ab. "Wie?" Es hilft nichts, ich muss Jana erzählen, was ich inzwischen weiß: "Es ist eine Art Ganzkörpertraining unter Reizstrom. Der Strom verstärkt die Muskelkontraktionen und darum ist es viel effektiver als ein normales Training."

"Du spinnst", sagt Jana, und ich werte das als Absage. Mit einem leicht flauen Gefühl im Bauch mache ich mich an einem schönen Morgen auf den Weg zur nächsten Bodystreet-Filiale. Bodystreet ist ein Franchise-Unternehmen. An 66 Standorten in Deutschland und Österreich stehen Mikro-Fitnessstudios, die das spezielle Training anbieten (und sie expandieren weiter).

"Mit hübschen jungen Männern in Sitzecken lümmeln, das kann ich."

Das Studio ist, wie alle Filialen, klein. Ein ebenerdiger, verglaster Raum, in dem nur ein Empfangstresen steht, zwei gleiche Geräte, die aussehen wie Standfahrräder ohne Sattel, eine kleine, stylishe Sitzgruppe und am Ende ein paar Umkleidekabinen. "Hallo?" Etwas verunsichert stehe ich vor dem Tresen. "Hallo!", strahlt mich ein durchtrainierter junger Mann an. "Ich bin Kilian." Geht doch ganz gut los, denke ich. Wir setzen uns in die Sitzecke und ich fühle mich sofort wohler. Mit hübschen jungen Männern in Sitzecken lümmeln, das kann ich. Fehlt nur noch ein Cocktail.

Einer, maximal zwei Kunden werden hier gleichzeitig betreut, ich habe Kilian also ganz für mich. Statt einem Cocktail holt Kilian einen Fragebogen. Wie groß ich bin? Wie viel ich wiegen würde? Wie mein Blutdruck so wäre? Meine Problemzonen? Das sind dann doch Fragen, die sich erheblich von den Fragen einer Kneipenbekanntschaft unterscheiden. Nach dem Gesundheitscheck drückt mir Kilian schwarze Shorts und ein schwarzes T-Shirt in die Hand und schickt mich in die Umkleidekabine. Ich muss mich komplett ausziehen, auch Unterhose und BH. (Ich erspare Ihnen jetzt einen weiteren Vergleich mit meinen Kneipenbekanntschaften.)

Es gibt Frauen, die sehen in kurzen Hosen und hautengen Shirts ohne BH gut aus. Nur so viel: Ich gehöre nicht dazu. Ich sehe darin aus, wie die liebe Jana es einmal so treffend beschrieb: wie ein ausgestopfter Strumpf. Hätte ich das mit den kurzen Hosen gewusst, hätte ich mir heute Morgen auch definitiv die Beine rasiert. "So", strahlt mich Kilian an als wäre nichts, "dann wollen wir dich mal ausstaffieren." – "Toll", strahle ich zurück und verfluche das Fitnessprojekt.

Ich bekomme eine Weste angelegt, an der rote und schwarze Kabel hängen, außerdem bekomme ich Gurte an Arme und Beine geschnallt und einen etwas breiteren Gurt um den Po. Alles wird vor dem Anlegen mit einer Sprühflasche befeuchtet. Mein "elektrischer Tod" wird schon mal nicht an der trockenen Ausstattung scheitern, so viel ist klar. Verschnallt und verkabelt sehe ich mich am Ende des Raumes im Spiegel: Mit ein bisschen Kunstblut könnte ich glatt als Statist bei Hellraiser durchgehen.

"Das fühlt sich an wie ein Waldameisen-Haufen, inwendig."

Kilian geleitet mich zu den beiden Geräten am Fenster. Das wird ja immer besser: Ich mache mich hier nicht nur als verkabelter, ausgestopfter Strumpf zum Affen, ich mache das auch noch in einem Schaufenster. Der Moment ist gekommen: Der Monster-Stecker von meiner Weste, an dem alle Kabel zusammenlaufen, wird mit dem Monsterstecker des Geräts zusammengesteckt.

Zu meiner Überraschung macht es nicht BBBBRRRZZZZZZ und es stehen mir auch nicht, wie im Comic, alle Haare zu Berge, sondern es passiert: nichts. Kilian dreht an irgendwelchen Rädchen, an denen er die Stromstärke regulieren kann, und zeigt mir einen Balken aus Leuchtfeldern auf dem Display des Gerätes: Leuchtet es blau, ist Pause, also für vier Sekunden kein Strom und somit gut. Anschließend geht das Licht aus: Es fließt vier Sekunden lang niederfrequenter Reizstrom – schlecht. Das wechselt sich dann 20 Minuten lang ab.

Mein reizender Kilian steht vor mir und zeigt mir die korrekte Ausgangshaltung: leicht in der Hocke wie über einer Toilette, auf die man sich nicht setzen will, und mit verschränkten Händen warte ich auf die erste Stromsequenz. "Jetzt die Muskeln anspannen", sagt Kilian, und da ist er, der Strom. Halleluja! So heftig habe ich mir das dann doch nicht vorgestellt. Das bitzelt nicht nur ein klein wenig, das fühlt sich an wie ein Waldameisen-Haufen, inwendig. Gott sei Dank ist es relativ schnell vorbei, nach vier Sekunden ist Pause. Leider dauert die aber auch nur vier Sekunden.

In den Pausen zeigt mir Kilian die verschiedenen Übungen, die ich nachmachen muss, was sehr gut ist, weil ich mich sonst nur darauf konzentrieren würde, dass gleich wieder Saft durch mich hindurchfließt und meine Muskeln damit zum Durchdrehen bringt. Über 90 Prozent der Körpermuskulatur wird durch so ein Training erreicht. Zum Vergleich: Wer mit Hanteln trainiert oder ein anderes Krafttraining macht (und auch eine Ahnung hat, wie man das richtig macht), erreicht allerhöchstens 70 Prozent. Ätsch, denke ich, und schon macht es wieder BBBRRRRZZZZZ! Verflucht auch.

EMS-Training: Fitness für Faule im Selbstversuch
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"Das Tolle ist, dass sämtliche Muskelfasern zur gleichen Zeit aktiv werden"

Alle paar Sekunden ändert Kilian meine Trainingsposition. Abfahrtshocke, ein Bein nach hinten strecken oder nur eine Drehung: Die Übungsabfolge an sich ist nicht kompliziert. Ich trainiere so auch die Tiefenmuskulatur, erzählt Kilian nebenbei, die man mit normalem Krafttraining schon gar nicht erreicht. Wo habe ich "Tiefenmuskulatur" schon mal gehört? Und guckt eigentlich jemand durchs Schaufenster?

Ehrlich gesagt: Es ist mir scheißegal, ich habe hier zu tun. Obwohl ich mich kaum bewege, komme ich allmählich außer Puste und schwitze. "Das Tolle ist auch, dass sämtliche Muskelfasern zur gleichen Zeit aktiv werden", höre ich Kilian, während ich mit genau jenen aktiven Muskelfasern kämpfe. Und es ist noch nicht entschieden, wer gewinnt. Es sind erst 15 von 20 Minuten vergangen, aber ich für meinen Teil bin fertig mit Trainieren. Mit Sport generell. Kilian merkt, dass meine Motivation unter den Gefrierpunkt sinkt, und sagt lauter Sätze, die mit "Nur noch ..." anfangen. "Nur noch zwei Mal!" – "Nur noch drei Sekunden!"

Ganz ehrlich: Stünde er nicht dort, sondern bliebe ich mir selbst überlassen, mein Schweinehund wäre schon längst über alle Berge und täte, was er sonst so tut: Eis essen gehen, ein Buch lesen, solche Dinge. Kilian steht aber dort und hilft mir über die letzten Minuten und ich habe in keinem Moment den Eindruck, er wüsste nicht, was er da tut. Kein Wunder: Über 5000 Kunden hat er schon betreut, erzählt er mir später. "Da merkt man schon, ob jemand an seinem Limit ist oder ob da noch was geht." Er ist außerdem, wie alle Trainer von Bodystreet, nicht nur vom Unternehmen selbst ausgebildet, sondern kommt aus dem sportlichen Bereich. Kilian selbst ist Fitnessökonom – gucken Sie nicht so, ich wusste auch nicht, dass es das gibt.

Autorin: Alexandra Reinwarth

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