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Können wir wieder Sprossen essen?

Vermutlich waren es Sprossen, die im Frühjahr 2011 den EHEC-Erreger übertrugen, an dem zahlreiche Menschen zum Teil schwer erkrankten. Können wir Sprossen inzwischen wieder unbesorgt essen?

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Im Mai 2011 ging die Angst vor dem EHEC-Erreger um. Viele Menschen vor allem in Norddeutschland erkrankten im Laufe der folgenden Wochen an HUS, dem lebensbedrohlichen Verlauf des Durchfallerregers. Einige starben daran. Nachdem zunächst Tomaten, Gurken und Salat in Verdacht standen, den EHEC-Erreger zu übertragen, führte die Spur im Juni zu den Sprossen. Inzwischen sind die Untersuchungen zum EHEC-Ausbruch abgeschlossen. Was ist dabei herausgekommen? Können wir wieder unbesorgt Sprossen essen?

Beate Koma fragte nach, bei Dr. Heidi Wichmann-Schauer, Fachtierärztin für Lebensmittelhygiene beim Bundesinstitut für Risikobewertung, die an den Untersuchungen mitarbeitete.

BRIGITTE.de: Was war die Ursache für den EHEC-Ausbruch?

Wichmann-Schauer: Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren es verunreinigte Bockshornkleesamen aus Ägypten, die dann zur Sprossenproduktion verwendet wurden. Aber endgültig bewiesen werden konnte es nicht, weil der Erreger in den Samen nicht gefunden wurde. Experten der EU waren in Ägypten und haben Farmen und Packstellen besucht. Um dort die Eintragsquelle in die Samen zu ermitteln, war es wahrscheinlich zu lange her – die betreffende Charge wurde schon 2009 nach Deutschland exportiert. Aber die Experten haben Hygiene-Mängel beim Samenanbau festgestellt.

BRIGITTE.de: Welche denn?

Wichmann-Schauer: Nach Ansicht der Experten können Menschen, Tiere oder das Beregnungswasser die angebauten Bockshornkleesamen verunreinigt haben. Der Importstopp für bestimmte Samenarten aus Ägypten wurde deshalb zunächst bis März 2012 verlängert, damit das Land Gelegenheit hat, weitere Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Die betroffenen Farmen in Ägypten haben die Samen nicht zum Zweck der Aufzucht von Sprossen angebaut. In vielen Ländern werden solche Samen nur geröstet oder gekocht gegessen.

BRIGITTE.de: Also war der Biohof in Niedersachsen, der einen Großteil der belasteten Sprossen verkauft hat, nicht die Quelle?

Wichmann-Schauer: Dagegen sprechen EHEC-Fälle in Frankreich mit identischem Erreger und ohne Verbindung nach Deutschland. Dort wurde der gleiche Samen zur Aufzucht von Sprossen verwendet. Außerdem war eine deutsche Familie betroffen, die Sprossen aus den gleichen Samen selbst gezogen hatte.

BRIGITTE.de: Kann man ähnliche Ausbrüche für die Zukunft ausschließen?

Wichmann-Schauer: Zurzeit leider nicht. Wenn Krankheitserreger wie EHEC bereits im oder auf Samen vorkommen, reicht es nicht aus, die daraus gezogenen Sprossen hinterher zu waschen. Wer sich wirksam schützen möchte, kann jedoch Sprossen vor dem Verzehr kochen oder kräftig braten. Aber dann schmecken sie natürlich nicht mehr so knackig und ein Teil der Vitamine geht verloren.

BRIGITTE.de: Häufig werden Sprossen auch für asiatische Gerichte verwendet. Wie steht es damit?

Wichmann-Schauer: Auch dabei sollte man darauf achten, dass sie durchgegart werden. Es gibt auch bereits erhitzte Sprossen in Konserven.

BRIGITTE.de: Essen Sie selbst noch rohe Sprossen?

Wichmann-Schauer: Nein. Mir ist das Risiko zu groß, weil sich durch die feucht-warmen Bedingungen bei der Sprossenproduktion auch vorhandene Krankheitserreger vermehren können. Das ist schon lange bekannt. Man kann sich auch mit anderem Obst und Gemüse gesund ernähren.

Interview: Beate Koma Foto: Thomas Neckermann/ Picture Press

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