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"Weizenwampe" - Gefahr aus der Ähre?

"Weizenwampe" - Gefahr aus der Ähre?
© iStock/thinkstock
Weizen macht uns dick und krank, behauptet der US-Arzt William Davis, dessen Buch "Weizenwampe" sich wie geschnitten Brot verkauft. Hat er wirklich recht? Wir fragten den Ernährungsmediziner Prof. Andreas Pfeiffer.

War ja irgendwie klar: Alles, was wir gern essen, ist ungesund. Jetzt hat es Brot, Brötchen, Kuchen, Kekse und Pizzateig erwischt. Weil sie aus Weizen sind. Das Getreide sei Teufelszeug, sagt der US-Kardiologe William Davis. Wie auch sonst konnte es sein, dass seit Jahren immer mehr Menschen das Klebereiweiß Gluten im Weizen nicht vertragen? Es kommt aber noch schlimmer. Weizen sei schuld an Übergewicht, Diabetes, Rheuma, Colitis Ulcerosa bis hin zur Demenz, ist in Davis' Buch "Weizenwampe" (Goldmann Verlag) zu erfahren. Der Bestseller scheint für viele Leser schon so etwas wie eine neue Bibel zu sein. Zu recht? Wir fragten Prof. Andreas Pfeiffer, Ernährungsmediziner an der Berliner Charité.

Nicht Fett oder Zucker, wie man meinen könnte, sondern Weizen mache uns dick und krank, behauptet der US-Kardiologe William Davis. Turbozüchtung habe das Weizenprotein gefährlich verändert, mit bösen Folgen für die Gesundheit.

Andreas Pfeiffer: Weizen ist in keiner Weise schlimm oder gesundheitsgefährdend. Auch wenn unser heutiger Weizen mit der Urform kaum noch etwas gemeinsam hat. Im Mittelalter enthielt eine Ähre etwa drei Körner. Durch Zucht hat man sehr viel mehr Ertrag gewonnen, da hat der Autor recht. Wie sich das Weizenprotein dadurch verändert haben könnte, weiß aber niemand – auch Herr Davis nicht. Jedenfalls ist das Protein intakt, sonst würde der Weizen nicht wachsen.

Das besagte Protein namens Gliadin lasse unsere Eingeweide verfetten, sagt Davis.

Dafür hat Herr Davis keine Beweise. Was man seit langem weiß: Gliadin kann Sprue bzw. Zöliakie auslösen, eine Autoimmunkrankheit. Auch können einige Menschen Gluten nicht vertragen, ein Klebereiweiß, das Brot und Brötchen knusprig und locker macht und auch in anderem Getreide steckt. Die Glutenunverträglichkeit tritt relativ häufig auf, hat aber nichts mit Zöliakie bzw. Sprue zu tun. Und sie ist nicht Schuld an Übergewicht oder Diabetes.

Wenn wir weizenhaltige Lebensmittel komplett vom Speiseplan streichen, löse das viele Gesundheitsprobleme, so Davis.

Was das Übergewicht angeht, ist die Menge an Kohlenhydraten entscheidend – egal, ob aus Weizen, Gerste oder Hafer. Weitgehend auf Kohlenhydrate zu verzichten, ist auch nicht gut. Aus einer Studie wissen wir, dass sich das Diabetesrisiko halbieren lässt, wenn 55 Prozent der täglichen Kalorienmenge aus Kohlenhydraten und 30 Prozent aus Fett stammen.

Menschen, die sich an Davis Empfehlung halten, freuen sich meist über Gewichtsverlust.

Sie beschäftigen sich mehr mit ihrer Ernährung und lassen zudem eine Haupt-Kohlenhydratquelle weg, von der wir tendenziell zu viel essen. Auf diese Weise kann man durchaus abnehmen.

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