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Dioxin im Fisch

In Fisch ist neuerdings mehr von dem Krebsgift Dioxin erlaubt. Warum, und wie dramatisch ist das für unsere Gesundheit? Wir sprachen mit Andreas Eickelkamp von der Verbraucherschutz-Organisation foodwatch e.V.

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BRIGITTE.de: Die EU hat die Grenzwerte für Dioxin erhöht, von 8 auf 25 Pikogramm (billionstel Gramm) Eine Billion ist eine Zahl mit 12 Nullen. Fällt die Erhöhung da überhaupt ins Gewicht?

Andreas Eickelkamp: Ja, denn für Dioxin gilt eine Null-Toleranz, es ist schon in geringen Mengen giftig, reichert sich im Fettgewebe von Mensch und Tier an und baut sich so gut wie nicht ab. Je weniger davon, desto besser. 80 Prozent nehmen wir über tierische Lebensmittel auf. Die WHO hat festgelegt, dass wir nicht mehr als vier Pikogramm pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen sollten. Bei einer 65 Kilo schweren Frau wären das 260 Pikogramm. Eine 200-Gramm-Portion Fisch darf aber nach den neuen Grenzwerten allein schon bis zu 5000 Pikogramm Dioxin enthalten. Die Vorgaben der WHO sind damit um ein Vielfaches überschritten.

BRIGITTE.de: Warum wurden die Werte überhaupt erhöht?

Andreas Eickelkamp: Die EU beugt sich damit ökonomischen Interessen. Sonst müsste sie den Verkauf zahlreicher Fische verbieten, zum Beispiel von Ostsee-Kabeljau, der in der Regel stark mit Dioxin belastet ist. Schlimm an der Neuregelung: Die EU verstößt damit gegen ihr eigenes Vorsorgeprinzip, nämlich die EU-Bürger vor Gefahren zu schützen.

BRIGITTE.de: Vor allem fette Fische wie Hering, Makrele und Lachs reichern leicht Dioxin an, gelten andererseits aber als besonders gesund. Sollten wir sie lieber nicht mehr essen?

Andreas Eickelkamp: Grundsätzlich gilt: Mit dem Fischkonsum nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, Dioxin aufzunehmen. Hochseefisch ist üblicherweise nicht so stark belastet wie welcher aus der Ostsee. Und Innereien wie Dorschleber sind stärker belastet als Fischfilet.

BRIGITTE.de: Und was ist mit Farmlachs, bei dem das Fleisch häufig mit dicken Fettadern durchzogen ist?

Andreas Eickelkamp: Der kann mehr Dioxin enthalten als magerer, aber es kommt auf die Wasserbelastung an. Genaueres ließe sich sagen, wenn die Behörden ihre Messergebnisse veröffentlichen müssten. Weil sie das nicht tun, muss man nachfragen, ob für ein bestimmtes Produkt aus einem bestimmten Geschäft schon einmal Messungen gemacht wurden.

BRIGITTE.de: Stichwort: das neue Verbraucher-Informationsgesetz (VIG)

Andreas Eickelkamp: Genau. Das Gesetz gilt seit dem 1. Mai und sieht vor, dass jeder Verbraucher das Recht hat, von den Behörden Auskünfte über Lebensmittel zu bekommen. Die kann es aber nur geben, wenn das Produkt überhaupt schon mal von der staatlichen Lebensmittel-Überwachung analysiert worden ist.

BRIGITTE.de: Und wenn der Behörde keine Analysen vorliegen?

Andreas Eickelkamp: Leider hat der Verbraucher nicht das Recht, direkt vom Unternehmen Auskunft zu verlangen. Daher muss die Behörde dem Hersteller Gelegenheit geben, sich zu äußern. Der kann aber die Auskunft verweigern, sich auf das Betriebsgeheimnis berufen. Dann muss die Behörde für den Verbraucher vor Gericht gehen und klagen. Das kostet alles sehr viel Zeit und nützt dem Konsumenten kurzfristig nichts.

BRIGITTE.de: Ist das neue Verbraucher-Informationsgesetz nur ein Papiertiger?

Andreas Eickelkamp: Von dem Gesetz glauben wohl selbst die Regierungsparteien nicht, dass es funktioniert. Deshalb soll es 2010 noch einmal überprüft werden, um nachzubessern.

Interview: Susanne Gerlach Fotos: Ste/Fotolia.com, Foodwatch

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