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Mehr echtes Leben, weniger Social Media

Mehr echtes Leben, weniger Social Media
© erzaehl-mahl
Fremde Menschen, gutes Essen und Fragen mit Tiefgang: Das sind die Zutaten der Social-Dining-Initiative "Erzähl-mahl!". Warum das so gut ankommt, erzählt uns Mitgründerin Katrin Frische.

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BRIGITTE: Wie sind Sie auf die Idee für die Initiative gekommen?

: Ich bin Biografin und schildere Geschichten von anderen Menschen. Als solche habe ich schon sogenannte Erzählsalons initiiert, wo ich Menschen miteinander ins Gespräch gebracht habe. Irgendwann habe ich Barbara Zevnik im Münchner "Impact Hub" kennengelernt, ein Raum, der Unternehmer versammelt, die die Welt ein bisschen besser machen möchten. Barbara und mich vereint der Wunsch, Menschen wieder mehr ins Gespräch bzw. in echte Begegnung miteinander zu bringen. Es wird so viel kommuniziert: Facebook, Twitter, WhatsApp, Tinder – dabei bleibt aber die wirklich bedeutungsvolle Kommunikation auf der Strecke.

Es ist eine Art seelenlose Kommunikation. Die digitalen Medien vermitteln uns das Gefühl, in Beziehung mit anderen zu stehen, aber letzten Endes vereinsamen wir dabei. Barbara und ich haben uns Gedanken darüber gemacht, mit welchem Format wir Lust auf echte Begegnung und einen tiefgründigen Austausch mit anderen erzeugen können. Dann sind wir auf die Idee gekommen, solche Begegnungen bei einem guten Dinner durchzuführen. Das gemeinsame Mahl hat schon immer dafür gesorgt, Menschen in Verbundenheit miteinander zu bringen. Wir wollten, dass sich fremde Menschen begegnen und nicht nur die Klassiker abfragen, wie: Was machst du beruflich? Oder: Hast du Kinder?

"Die Leute sollen nicht nur Geschichten erzählen, sondern zuhören"

Wie kann ich mir ein "Erzähl-mahl!"-Dinner vorstellen?

Wir machen eine kleine Einleitungsrunde, in der wir die Leute bitten, sich kurz vorzustellen. Die Teilnehmer sollen sich anhand von drei aussagekräftigen Begriffen an ihrem Lebenslauf entlanghangeln – dann hat jeder schon mal einen kleinen Eindruck vom anderen. In der Regel gibt es dazu einen Aperitif, um die Zunge zu lockern. Wir läuten dann den ersten Gang ein und servieren dazu die erste Frage, über die man sich mit seinem Gegenüber für eine knappe halbe Stunde austauscht. Pro Gang gibt es dann eine neue Frage und einen neuen Gesprächspartner.

Besonders wichtig ist uns die Kommunikationsform: Die Leute sollen nicht nur ihre Geschichten erzählen, sondern vor allem auch den Geschichten anderer Menschen zuhören. Es geht nicht um ein Frage-Antwort-Spiel, denn derjenige, der die Frage beantwortet, soll Raum für seine Ausführungen bekommen. Das kennen wir so überhaupt nicht mehr aus der alltäglichen Kommunikation. Ein gelungenes Gespräch definiert sich heute darüber, dass man das Gespräch am Laufen hält, nachfragt und Dinge über sich erzählt. Bei uns laden wir die Leute dazu ein, einfach zuzuhören. Alle haben ungefähr zehn Minuten Zeit – nach einem kleinen Signal kann der Gesprächspartner seine Geschichte erzählen. Wir beginnen mit einer leichten Frage aus der Kindheit und tauchen mit den nächsten Fragen weiter und tiefer in die Biografie hinein.

Freundschaften und andere Liebesgeschichten

Klingt ein wenig nach Speed-Dating: Ist die Veranstaltung eher für Singles geeignet?

Der Slogan ist "Hier beginnen Freundschaften und andere Liebesgeschichten". Sicherlich ist ein Erzähl-mahl auch eine gute Plattform, um die Liebe seines Lebens kennenzulernen. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Unser Anliegen ist es, Menschen in Beziehung zu bringen.

Kommen eher Männer oder Frauen?

Wir sind bemüht, ein einigermaßen ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen herzustellen. Das ist eine kleine Herausforderung, denn Frauen trauen sich eher zu einem Erzähl-mahl! als Männer. Wenn die dann aber erst mal da waren, finden sie es in der Regel großartig und kommen gern wieder. Wir sind noch immer dabei, uns Wege zu überlegen, wie wir den Männer-Anteil steigern können. Aktuell kommen im Schnitt etwa 60 bis 70 Prozent Frauen.

Wie alt sind die Teilnehmer eigentlich?

Wir versuchen, eine bunte Mischung zu schaffen. Aus den Erfahrungen der letzten Events kann ich sagen, dass die Leute zwischen 30 und 45 Jahre alt waren. Wir versuchen schon, spannende Menschen reinzubringen – und bisher ist uns das immer geglückt. Es war wirklich noch kein einziges Mal jemand da, wo wir dachten: 'Oh Gott, den hätten wir wirklich nicht gebraucht.' Es war immer eine Zusammensetzung aus spannenden, inspirierenden Persönlichkeiten. Im Schnitt kommen etwa 20, bald haben wir aber auch ein Event mit 40 Menschen.

"Wir haben das Gefühl, eine echte Sehnsucht zu stillen"

Wie ist das Feedback der Teilnehmer? Gibt es eine besondere Geschichte?

Das Feedback ist großartig. Wir haben das Gefühl, eine Sehnsucht zu stillen. Eine Sehnsucht nach echten Begegnungen und tiefgründiger Kommunikation. Eine spektakuläre Geschichte können wir noch nicht erzählen, uns gibt es ja erst seit Ende August 2015. Wir hoffen aber, dass wir bald viele Geschichten von Freundschaften und andere Liebesgeschichten erzählen können.

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