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Veggie-Day: Fleischlos am Donnerstag?

Vegetarisch essen ist gut für Mensch und Klima. An einigen Unis und Schulen ist der "Veggie-Day" schon Standard. Die Grünen wollen ihn jetzt flächendeckend in Kantinen einführen. Einmal die Woche gibt es dann ausschließlich Vegetarisches oder Veganes zu essen.
Veggie-Day: Fleischlos am Donnerstag?
© iStockphoto/Thinkstock

Was Bremer Grüne und SPD schon 2011 in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben haben, fordern jetzt auch die Grünen im Bundestag: einen Tag pro Woche, nämlich donnerstags, an dem in Kantinen ausschließlich vegetarisch und vegan gekocht wird. Doch schon regt sich heftiger Widerstand: Fleisch gehöre zum Essen dazu, heißt es aus Regierungskreisen. Man dürfe die Bürger nicht bevormunden. Grünen-Franktionsvorsitzende Renate Künast ist sich hingegen sicher, dass so eine Initiative gut ankäme, da immer mehr Menschen bereit wären, auf Fleisch zu verzichteten. Der Bild-Zeitung sagte die Politikerin: "Ein Veggie Day ist ein wunderbarer Tag zum Ausprobieren, wie wir uns ohne Fleisch und Wurst ernähren."

Ein Veggie Day ist ein wunderbarer Tag zum Ausprobieren, wie wir uns ohne Fleisch und Wurst ernähren.

Das nützt nicht nur dem Klima, sondern freut auch den Vegetarierbund Deutschland, der mög­lichst viele deutsche Städte dazu bewegen will, nach dem Bremer Vorbild einen "Veggi­-Day" ein­zuführen. Viele Kommunen zeigen Interesse, einige haben Tatsachen folgen lassen. So gibt es in Berlin an der Freien Universität Dahlem eine kom­plett vegetarische Mensa und in Tübinger Prinz-Karl-Mensa stehen donnerstags Angebote wie vegetarisches Cordon Bleu, Kartoffelrösti mit Rahmchampignons, Ratatouille oder Pasta mit Zucchini auf dem Speiseplan.

Vorbild für den fleischlosen Tag ist übrigens das belgische Gent. Hier entschloss man sich schon 2009, den Donnerstag zum Gemüse­tag auszurufen. Spätestens seit dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen vor drei Jahren ist vielen Menschen be­wusst geworden, dass der Klimawan­del nicht nur von den Emissionen der Großindustrie oder von Treibstoff sparenden Autos abhängt - sondern vom Verhalten jedes Einzelnen.

Wer zum Beispiel nur fünfmal im Jahr darauf verzichtet, ein Schnitzel zu verspeisen, tut viel fürs Klima: Ein Kilo Schweinefleisch entspricht der CO2­-Bilanz von 20 Kilometern Autofahrt. Und wenn alle (Deutschen) mitmachten, wären 60 000 Tonnen Schadstoffe eingespart. Das entspricht rund 120 Millionen weniger gefahrenen Auto­-Kilometern. Und niemand muss deswegen den kulinarischen Notstand ausrufen, denn wir essen pro Kopf und Jahr knapp 60 Kilo Fleisch, und da sollte eins weniger auf dem Speiseplan eigentlich kaum ins Gewicht fallen.

Sebastian Zösch, Geschäftsführer des Vegetarierbundes, rät deshalb zum guten alten Sonntagsbraten. Zwar wäre es ihm lieber, jeder würde sich fleischlos ernähren - aber Zösch ist auch klar, dass diese Forderung zu radikal wäre. "Wer nicht auf Fleisch verzichten mag, der sollte nach dem Motto essen: Klas­se statt Masse." Also lieber Fleisch von Öko­- oder Weidetieren.

Wer nicht auf Fleisch verzichten mag, der sollte nach dem Motto essen: Klas­se statt Masse.

Das eine oder andere Schnitzel weni­ger ist aber nicht das Einzige, was man fürs Klima tun kann. "Die Herstellung von Milchprodukten macht rund die Hälfte des CO2-­Anteils unse­rer Ernährung aus, die von Fleisch nur ein Viertel", erklärt Jürgen Knirsch von Green­peace. Für die Milch, die zu Butter, Käse und Sahne wird, braucht man viele Kühe, und die produzieren viel klimaschädliches Methan­gas. Dennoch muss niemand mit schlech­tem Gewissen seine Käsestulle essen. Jürgen Knirsch: "Machen Sie eine Mischkalkulation. Vielleicht trinken Sie öfter mal Getreidemilch aus Reis oder Hafer statt Kuhmilch, möchten aber nicht auf Ihren geliebten Kirsch­joghurt verzichten. Oder Sie fahren mit dem Fahrrad zum Supermarkt, um Ihre Grillwürstchen zu kaufen." Ansonsten gilt für Lebensmittel: Al­les, was der Ernährung guttut, hilft auch dem Klima – eher regional als importiert, eher saisonal als exotisch, eher Freiland als Treibhaus.

Dass solche Tipps nötig sind, liegt auch daran, dass es in Deutschland kein einheitliches Klima­siegel gibt. Noch streitet man sich darüber, ob und wie die Konsumenten über den CO2­ Fußabdruck einer Banane oder eines Schweinebratens informiert werden sollen. Solche Debatten sind für viele Verbraucher wenig nützlich. Da ist die schlichte Erkenntnis hilfreicher: Fürs Klima ist Tofu manchmal das bessere Schnitzel.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter Veggiday 

Text: Susanne Gerlach, Markus Brügge

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