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Essen, Kochen, Einkaufen - so leben wir morgen

Essen, Kochen, Einkaufen - so leben wir morgen
© Hoong/Corbis
Wir räuchern unseren Fisch selbst, sind als Food-Blogger aktiv und schrecken auch vor knuspriger Hähnchenhaut auf Schoko-Mousse nicht zurück: So essen und kochen wir morgen.

Okay, wir werden auch weiterhin im Supermarkt einkaufen, im Restaurant essen und zu Hause unsere Lieblingsspeisen kochen. Doch wer mit offenen Augen durchs Leben geht, merkt heute schon, dass sich in Sachen Ernährung einiges tut. Und das erschöpft sich nicht etwa in den gerade so hippen grünen Smoothies, in Cupcakes oder Frozen Yogurt. "Solche Produkte sind Oberflächenphänomene, die kurzfristig modern sind", sagt die Wiener Trendforscherin Hanni Rützler. Echte Trends hingegen veränderten die Gesellschaft und ihre Esskultur.

Wie entstehen Trends? Der Ursprung sind immer Menschen, die entweder starke Motive und Leidenschaften haben (zum Beispiel Köche), oder die bestimmte Probleme als besonders drückend empfinden (Stichwort Umweltausbeutung oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten), sagt Hanni Rützler. Wohin die Reise beim Essen, Kochen und Einkaufen geht, kann man im Food Report 2015 nachlesen. Die Zukunftsforscherin beschreibt darin vier Haupttrends und definiert die Konsumententypen von morgen. Ein Überblick:

Trend 1: Hybrid-Food

Schon mal vom "Cronut" gehört? Vom "Duffin" oder "Cragel"? Diese Mixe aus Croissant und Donut, Donut und Muffin sowie Croissant und Bagel sind typische Hybrid-Produkte. Aber bei Hybrid-Food geht es nicht um einzelne Lebensmittel, sondern um komplette Speisen, für die Zutaten aus aller Herren Länder nach Lust und Laune miteinander gemixt werden, etwa Tonkabohnen aus Afrika mit Thai-Gewürzen und exotischen Früchen aus Indien. Oder man kombiniert Obst mit Gemüse, süß mit salzig, warm mit kalt. Ein Vorläufer dieses Trends war die "Fusion-Küche", die in den 90er Jahren in vielen Restaurants aufkam - sie beschränkte sich allerdings darauf, westliche mit östlichen Köstlichkeiten zu paaren.

Trendforscherin Hanni Rützler sieht den Hybrid-Trend nicht nur auf dem Teller. Auch die Möglichkeit, im Supermarkt einzukaufen, dort ein Kaffeepäuschen einzulegen und zu essen, gehöre dazu. In London besitzt Jamie Oliver bereits den Konzeptstore "Recipease": Man kann dort Lebensmittel und Tischdeko von Oliver einkaufen, Kaffee trinken und unter der Assistenz von Köchen sein Abendessen zubereiten, vor Ort verzehren oder mit nach Hause nehmen. Auch bei uns hat Hanni Rützler erste Versuche in diese Richtung ausgemacht. So testet Rewe in Köln und Heidelberg sein Hybrid-Konzept Made-By-Rewe: Außer Einkaufen kann man gemütlich bei Kaffee und Kuchen sitzen, Wein selbst zapfen oder an Kochtischen kleine Menüs zaubern.

2. Trend: Soft Health

Gesund ja, aber mit Genuss. Zahlreiche vegane und vegetarische Kochbücher sind die Vorboten dieses Trends. Auch Fast Food hat seinen Platz, allerdings nicht mehr in Form von Pommes oder Currywurst. Es geht jedoch nicht um kalorienarm, vitamin- und ballaststoffreich. Gesund bedeutet jetzt: Ausgewogenheit und Vielfalt. Weniger Fleisch, mehr Gemüse und Getreideprodukte. Das alles in Form einfach nachzukochender Gerichte. Man kennt die Herkunft der Zutaten, weiß, was sie können. Zum Soft Health-Trend passen Schnellimbiss- und Catering-Anbieter. Sie versorgen Bürogemeinschaften und Familien, in denen nicht täglich gekocht wird, mit leckeren und gesunden Mahlzeiten oder Snacks. Besonderes Augenmerk liegt auf "Free-from"-Produkten für Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten, zum Beispiel gegen Gluten oder Milchzucker.

Trend 3: Do it yourself

DIY ist sexy geworden. So sexy, dass sich niemand mehr scheut, ein Foto von seiner selbstgekochten Pasta zu machen und auf Instagram oder Facebook zu posten. Das Internet scheint hier das ideale Medium: Rezepttauschbörsen, Food-Blogs, Koch- und Einmachanleitungen boomen. DIY beginnt aber schon beim Säen. Obst, Gemüse, Kräuter aus dem eigenen Garten, wenigstens aber vom Balkon liegen im Trend. Es wird Brot selbst gebacken (natürlich nicht aus der Fertigmischung), Weißkohl sauer eingelegt (für Sauerkraut) oder Fisch geräuchert oder vergraben (für Graved Lachs). Dahinter steht der Wunsch nach Autarkie und Individualisierung. Hanni Rützler: "Selbermachen stellt einen angenehmen Ausgleich zum stressigen Alltag dar, in dem berufliche Erfolge oft länger auf sich warten lassen als das Reifen der Tomaten auf dem Balkon." Lebensmittel-Unternehmen springen auf den Trend auf, indem sie Produkte mit Selbermach-Anleitung verkaufen: zum Bier brauen oder Gin herstellen.

Trend 4: Food Pairing

Beim Food Pairing wird es richtig kreativ. Es geht um die Entwicklung neuer Gerichte, Rezepturen und Drinks unter rein geschmacklichen Prämissen. Was passt zusammen? Zwar weiß man aus Erfahrung bzw. Tradition, dass etwa Nudeln mit Tomatensoße und Parmesankäse eine gelungene Kombination sind. Oder Sushi mit Sojasoße. Doch die neuen Food-Kreateure betreiben Geschmacksanalysen ganz wissenschaftlich. Die These: Lebensmittel und Gewürze passen dann am besten zueinander, wenn sie sich "Schlüsselaromen" teilen. Herausfinden lässt sich das mit einem Gaschromatographen, einem Gerät, das in Lebensmittel- und Geschmackslaboren quasi zur Grundausstattung gehört. Schlüsselaromen teilen sich zum Beispiel knusprige Hähnchenhaut und Mousse au Chocolat - und schon wird ein Paar draus. Ebenso aromatechnisch verwandt sind: Schokoladenmuffin und Blauschimmelkäse sowie weiße Schokolade und Kaviar. Dass uns das schräg vorkommt, liegt nur daran, dass wir das bisher nicht kannten.

Es geht aber auch weniger spektakulär. So hat sich eine Bäckerei in Österreich auf Brot spezialisiert, das Weinaromen unterstützen soll. "Grüner Veltliner-Brot" etwa mit einer fein-fruchtigen Säure aus Limetten und einer pfeffrig-würzigen Note aus rosa Pfeffer soll Grünen Veltliner erst so richtig zur Geltung bringen. Anlass für diese Idee war eine Sommelière, die das klassische Baguettebrot für gänzlich ungeeignet zum Wein betrachtete: Es kille seine feinen Aromen.

Die Konsumenten von morgen - wo finden Sie sich wieder?

Sie sind in Genussnetzwerken bestens vernetzt: Adressen kleiner feiner Manufakturen finden, kulinarische Entdeckungen machen, kreative Kocherlebnisse veranstalten - für all das sind Netzwerke gut. Dieser Austausch spiegelt sich im realen Leben: auf Wochenmärkten, in Kochstudios oder in der eigenen Küche, in der man sich nicht nur mit Freunden trifft, sondern die man auch für andere Interessierte öffnet. Der Konsument will nicht länger der Politik oder der Lebensmittelindustrie ausgeliefert sein, er informiert sich auf eigene Faust und wird selbst zum Kenner der Materie. Neben diesem eher zeitgeistigen Typ wird es immer auch Verbraucher geben, denen anderes wichtig ist. Trendforscherin Hanni Rützler charakterisiert sechs Konsumententypen:

Essen, Kochen, Einkaufen - so leben wir morgen
© Zukunftsinstitut GmbH

Und was ist aus den Trends von gestern geworden? Auch diese Frage beantwortet Hanni Rützler in ihrem Food Report 2015. Dank der vielen anschaulichen Beispiele ist das 125 Seiten starke Werk spannend zu lesen. Der Report kostet 125 Euro (zuzüglich 7 Prozent MwSt. = 133,75 Euro) und kann beim Zukunftsinstitut bestellt werden.

sg

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