Bio-Kost ist gesund und in der Regel auch tier- und umweltfreundlich. Aber für viele Menschen letztlich auch eine Preisfrage. Denn für ökologisch produziertes Fleisch zahlt man leicht drei- bis viermal so viel wie für konventionell erzeugtes. Bei Obst und Gemüse muss man etwa das Anderthalbfache rechnen. Andererseits sind herkömmliche Lebensmittel nicht grundsätzlich schlechter als Bio-Produkte. Vor allem mit unverarbeiteten Lebensmitteln, die aus der Region stammen und saisongerecht gekauft werden, kann man wenig falsch machen. Ein Wegweiser, wann sich Bio lohnt.
Obst, Gemüse und Kartoffeln aus Deutschland sind durchweg unbedenklich, was die Schadstoffbelastung angeht. Bei Importen, etwa aus Indien, Thailand, Kenia oder Ägypen finden sich dagegen immer wieder zu hohe Pestizidwerte, vor allem in Weintrauben, Erdbeeren und Paprika.
Was ist bei Bio besser? Ob aus Südamerika oder vom Mittelmeer – Biogemüse und -obst enthält mit Abstand die geringsten Rückstände an schädlichen Substanzen. Außerdem enthalten sie mehr Nährstoffe (Vitamin C, sekundäre Pflanzenstoffe) und weniger Wasser.
Was tun? Konventionelles Obst und Gemüse ist okay, wenn ihr saisonal und regional einkauft. Dann ist die Belastung mit Nitrat und Spritzmitteln am geringsten und der Nährstoffgehalt am höchsten. Auch holländische Produkte schneiden bei Tests häufig gut ab. Wer kleine Kinder hat oder sich nicht kümmern möchte, was wann wo Saison hat, ist mit Bio-Produkten besser bedient.
Milch gilt im Hinblick auf die klassischen Belastungen mit Pestiziden als "sauber". Rückstände liegen allenfalls im Bereich der Nachweisgrenze. Dennoch ist Milch nicht unproblematisch. Sie kann als Folge der Behandlung kranker Milchkühe Antibiotikarückstände enthalten. Diese nachzuweisen, ist kostspielig und langwierig und wird daher selten gemacht.
Was ist bei Bio besser? Bio-Kühe werden im Krankheitsfall homöopathisch oder mit pflanzlichen Mitteln behandelt–- Antibiotika sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Die Tiere stehen nicht ausschließlich im Stall, sondern dürfen auch raus. Statt Kraftfutter fressen sie Gras, Heu, Grünfutter und Rüben aus Öko-Anbau. Das Futter verändert auch das Fettsäuremuster der Milch – sie enthält mehr lebenswichtige Omega-3-Fettsäuren.
Was tun? Bei Milch empfiehlt es sich, auf die Bio-Variante zurückzugreifen.
Käse ist oft weniger "Natur", als man denkt. Er reift mit gentechnisch erzeugtem Enzym (Chimosin). Manche Sorten werden mit Nitrat konserviert, und bei Schnitt- und Hartkäse wird die Rinde oft mit dem Antibiotikum Natamycin behandelt. In Frischkäsezubereitungen können Verdickungsmittel stecken. Ist alles gesundheitlich nicht bedenklich, solange ihr die Schnittkäse-Rinde großzügig abschneidet und eure Nitratzufuhr insgesamt begrenzt (Nitrat steckt zum Beispiel in Treibhaus-Gemüse).
Was ist bei Bio besser? Bio-Käse reift mit natürlichem Labenzym oder mit Lab aus Schimmelpilzkulturen, sodass auf Gentechnik verzichtet werden kann. Der Käse wird nur in streng reglementierten Fällen mit Zusatzstoffen behandelt. In der Regel schmeckt Bio-Käse intensiver und immer wieder anders: Er ist weniger genormt, und die verwendete Milch stammt von Weidekühen, die Grünfutter fressen.
Was tun? Generell seid ihr mit Bio auf der sicheren Seite. Nur bei Schweizer Bergkäse darf es auch konventionelle Ware sein, denn der kommt ebenfalls ohne Antibiotika-Behandlung aus. Bei konventionellem Weich- und Frischkäse enthalten naturbelassene Sorten (ohne Beigabe von Kräutern, Lachs, Schinken oder ähnlichem) die wenigsten Zusatzstoffe.
Die große Brotvielfalt, die wir so schätzen, hat ihren Preis. Es geht nicht ohne Zusatzstoffe bei der Brotherstellung, etwa Hydrokolloide, Säuren, Emulgatoren. Für abgepacktes Brot sind auch Konservierungsstoffe zugelassen. Je ausgemahlener und heller das Mehl, desto weniger Geschmack und Gesundheit stecken in Brot und Brötchen. Zumindest was Schadstoffe angeht, werden keine nennenswerten Mengen gefunden. Aber: Im konventionellen Getreideanbau kommen Pilz-, Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel zum Einsatz, und die landen auch im Mehl.
Was ist bei Bio besser? Durchweg Vollkorn, keine chemisch-synthetischen Zusatzstoffe. Der Biobäcker arbeitet mit Biohefe, Sauerteig und Backferment aus Honig. Und er lässt dem Brot Zeit, zu gehen. Deshalb schmeckt es gehaltvoller.
Was tun? Wer pure Natur möchte, kauft beim Bio-Bäcker. Das Brot ist außerdem lange haltbar. Aber seine feste Konsistenz und der kräftige Geschmack sind nicht jedermanns Sache.
Getreide von konventionellen Herstellern ist häufig mit Pestiziden verunreinigt. So hatte die Zeitschrift Öko-Test das Pflanzenschutzmittel Glyphosat in Haferflocken, Mehl und Brötchen gefunden. Das Mittel zählt zu den meistverwendeten Herbiziden und wird auch als Reifebeschleuniger im Getreideanbau eingesetzt.
Was ist bei Bio besser? Im Bio-Getreide-Anbau sind Pestizide tabu. Außerdem enthalten Müslimischungen keine geschwefelten Früchte (Schwefel verhindert Verfärbungen, kann aber bei empfindlichen Menschen zu Kopfschmerzen führen). Auch ist die Gefahr, dass Nüsse mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin belastet sind, sehr gering. Denn hier wird wirklich jede Nuss einzeln kontrolliert. So penibel sind die konventionellen Anbieter nicht – Verbraucher müssen sich auf die routinemäßigen Kontrollen der Behörden verlassen.
Was tun? Ob man nun selber mischt oder ein Fertig-Müsli kauft – am besten Bio. Aber Achtung: Bio-Müslis sind nicht zwangsläufig zuckerärmer. Sie können Honig enthalten, der fast genau so viele Kalorien liefert wie Zucker. Insbesondere crunchige Zutaten haben meist einen Zucker- oder Honigüberzug.
Seit 2012 sind tierquälerische Legebatterien verboten. Doch viele Betriebe in den EU-Mitgliedsstaaten haben die Umstellung auf tiergerechte Haltungsformen nicht geschafft. Daher wird noch bis 2020 sogenannte Kleingruppenhaltung in "ausgestalteten Käfigen" geduldet, die zwar etwas mehr Platz, Sitzstangen, Nester und Einstreu für die Hennen vorsieht, mit artgerechter Tierhaltung aber nichts zu tun hat. Eier aus dieser Produktion tragen die "3" als erste Ziffer im Stempel. Auch Bodenhaltung ist nicht artgerecht (der Stempel auf dem Ei beginnt mit "2"), hier müssen sich bis zu 6000 Hennen einen Stall teilen. Nur wenn sie dabei auch Zugang nach draußen haben (mindestens 4 Quadratmeter pro Tier), darf von Freiland-Haltung gesprochen werden (erkennbar an der "1" im Stempel).
Was ist bei Bio besser? Bio-Legehennen haben zwar nicht mehr Auslauf als herkömmliche Freilandhennen, bekommen aber spezielles Futter, das zu 85 Prozent biologisch sein muss. Das Hühnerfutter enthält weder Farbstoffe noch Wachstumsförderer oder gentechnisch verändertes Soja.
Was tun? Vorteil für Bio-Eier. Aber Eier von freilaufenden Hühnern sind fast genauso empfehlenswert, mal abgesehen davon, dass im Dunkeln bleibt, ob die Tiere gentechnisch verändertes Soja gefressen haben. Immerhin: Durch das Grünfutter haben die Eier einen hohen Vitamin-A-Gehalt.
Fleisch und Wurst enthalten zwar keine Schwermetalle oder Pestizidrückstände. Doch oft landen Antibiotika auf unserem Teller, mit denen die Tiere behandelt wurden. In Wurst findet sich häufig ein Cocktail an Zusatzstoffen: Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Konservierungsmittel. Die gelten in den verwendeten Mengen als gesundheitlich unbedenklich.
Was ist bei Bio besser? Die artgerechte Aufzucht. Die Tiere stammen oftmals von alten Tierrassen, sind robuster und werden bei Krankheit zunächst mit Naturheilmitteln behandelt. In die Wurst kommen keine Geschmacksverstärker, Phosphate oder Farbstoffe. Allerdings wird Wurst meist gepökelt – mit Nitritpökelsalz behandelt, damit sie eine frische rot Farbe hat. Dies ist laut EU-Öko-Verordnung eingeschränkt erlaubt. Einige Bio-Anbauverbände machen es, andere wie Demeter oder GÄA verzichten darauf.
Was tun? Fleisch und Wurst von Tieren kaufen, die artgerecht gehalten und gefüttert werden. Das garantieren die Bio-Bauern. Sehr strenge Regeln hat auch Neuland, ein Verband konventionell arbeitender Landwirte. Inzwischen bieten aber auch kleinere, regionale Erzeuger sehr gute Qualität – fragt euren Metzger bzw. Fleischer.
Fisch, roh oder geräuchert, enthält in der Regel keine Schadstoffe. Ausnahmen: In fetteren Arten wie Tunfisch und Heilbutt reichern sich Umweltgifte (Quecksilber, Dioxine, Tributylzinn) an. Bei ein- bis zweimal Fisch pro Woche ist das kein Thema. Schwangere und kleine Kinder sollten diese Fische nicht essen. Die wichtigeren Themen bei Fisch sind heute allerdings Überfischung und Fangmethoden. In dieser Hinsicht sind besonders Aal, Rotbarsch, Kabeljau und Schwertfisch bedroht.
Was ist bei Bio besser? Der Fisch wird zwar gezüchtet, hat aber viel Platz und frisst Öko-Futter. Auf Antibiotika wird verzichtet. Eine verlässliche Adresse ist der Öko-Verband Naturland. Nach seinen Richtlinien werden Forellen, Lachs, Shrimps, Tilapia, Pangasius, Wolfsbarsch und Dorade weltweit in Aquafarmen gezüchtet. Relativ neu ist das Label "Naturland Wildfisch", mit dem nachhaltige Fischerei sowie Verzicht auf kritische und umweltschädigende Fangmethoden zertifiziert werden.
Was tun? Die erste Wahl ist auf jeden Fall Bio-Fisch. Eine gute Alternative ist konventioneller Fisch mit MSC-Siegel (Marine Stewardship Council für Fisch aus Wildfang) bzw. ASC-Siegel (Aquaculture Stewardship Council für Fisch aus Aquakultur). Diese Produkte empfiehlt auch der WWF (World Wide Fund for Nature) in seinem Einkaufsratgeber Fisch. Kleiner Wermutstropfen: Das Futter für Zuchtfische darf gentechnisch verändert sein.
Etwa 80 Prozent des in Deutschland gekauften Honigs kommen aus dem Ausland. In Importhonig aus Mittel- und Südamerika können Rückstände von Arzneimitteln und Antibiotika sein. Außerdem wurden bei Checks von Stiftung Warentest oder Öko-Test gentechnisch veränderte Organismen (GVO) entdeckt. Honig deutscher Herkunft (siehe Etikett) muss strengen Anforderungen genügen. Jedoch tauchen auch hier immer wieder Spuren von Schadstoffen oder Verunreinigungen auf.
Was ist bei Bio besser? Insgesamt gelten strenge Bestimmungen für Bienenhaltung und Honigqualität. Die Bienen bauen ihre Waben selber und müssen den Honig nicht in künstlichen Waben ablegen. Milben, die die Bienenvölker befallen können, werden mit Ameisensäure statt mit Antibiotika bekämpft. Bienenstöcke werden in der Regel im Bereich von Ökofeldern angesiedelt. Da die Tiere aber einen großen Radius haben, ist nicht immer auszuschließen, dass sie auch Abstecher auf ökologisch bewirtschaftete Felder unternehmen.
Was tun? Bio ist besser, auch aus Gründen des Tierschutzes.
Für Babynahrung (Säuglingsflaschennahrung und Beikost) gelten in Bezug auf die Zusammensetzung, die Verwendung von Zusatzstoffen, die bakteriologischen Anforderungen und Grenzwerte für Rückstände und Schadstoffe besonders strenge gesetzliche Regelungen. So sind etwa Farb-, Geschmacks- und Konservierungsstoffe verboten. Dennoch kaufen Mütter mehr und mehr Öko-Babynahrung, deren Anteil auf über 40 Prozent angestiegen ist.
Was ist bei Bio besser? Die Grundprodukte sind aus Öko-Produktion, enthalten weniger Schadstoffe, mehr natürliche Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Ein Hauptproblem bei Gemüse ist Nitrat (besonders betroffen sind Spinat, Rote Bete, Kohlrabi und Karotten), da ist man bei Bio auf der sicheren Seite.
Was tun? Wenn es um Gemüsebrei geht, kann man getrost zu konventionell erzeugter Babykost greifen. Die Gläschen enthalten fast immer Bio-Gemüse, sonst könnten die Hersteller nicht die strengen Anforderungen im Bezug auf Nitrat einhalten. Bei Milchprodukten und Fleisch gilt das gleiche wie für Erwachsene – siehe unter dem betreffenden Stichwort. In der Regel enthalten Öko-Produkte gesündere Fettsäuren, mehr Geschmack und weniger künstliche Aromen – und davon können gerade Kinder profitieren.
Buchtipp: Bio von A - Z
Viele der oben aufgeführten Informationen stammen aus dem Ratgeber: "Das Bio-Food Handbuch" von Udo Pini (H. F. Ullmann Publishing, 24,90 Euro). 900 Seiten, gefüllt mit allem, was ihr je über Bio-Lebensmittel und den Bio-Kosmos wissen wolltet – bzw. wissen solltet. Lesefreundlich dank alphabetischer Aufbereitung von "Aale" bis "Zygophyllaceen" – Pflanzen im Mittelmeerraum, deren Knospen als "wilde Kapern" geschätzt werden.