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Interview Doc Fleck: Heißhunger kann auch Herzenshunger sein!

Doc Fleck: Frau starrt auf Kuchen
© innatyshchenko / Adobe Stock
Heißhungerattacken können den Vorsatz, sich gesünder zu ernähren, ganz schnell zunichte machen. Doc Fleck verrät im Interview, wie das Phänomen entsteht und welche Tricks im Akutfall helfen.

Was hat es mit Heißhunger eigentlich so auf sich? Ist der körperlich oder eher psychisch?

Doc Fleck: Heißhunger ist potenziell durch beide Phänomene ausgelöst. Es gibt zum einen den seelischen Hunger, Herzenshunger. Wenn man sich schon sehr früh immer mit Essen belohnt hat oder belohnt wurde, spürt man vielleicht in einem Moment der Leere, Langeweile oder des Ärgers so einen Hunger.

Der klassische Heißhunger im körperlichen Sinne macht sich dagegen durch ein starkes Gefühl der Unterzuckerung bemerkbar, das zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass man zittrig wird. Das sollte man sehr ernst nehmen, denn das ist ein Zeichen, dass man schon auf der Rampe zur Insulinresistenz steht oder bereits insulinresistent* ist. Deswegen darf Heißhunger nie eine Bagatelle sein, man sollte ihn als Warnzeichen verstehen. Ein Tipp dazu ist, mal beim Hausarzt den Nüchternblutzucker bestimmen zu lassen, um eine potenzielle Gefahr für Diabetes Typ II früh erkennen zu können.

Und wie entsteht Heißhunger im körperlichen Sinne genau?

Je stärker die Kohlenhydratdichte eines Lebensmittels ist, desto stärker ist auch der Blutzuckerreiz und damit die Insulinantwort des Körpers. Der Blutzucker sinkt aber auch nach dem Essen schnell wieder ab und dann kommt der Heißhunger. Wenn man dieses Phänomen versteht, kann man ihm aber auch wunderbar vorbeugen, indem man versucht, den Blutzucker im Laufe des Tages stabil zu halten und auch die Mahlzeiten so auszuwählen, dass sie möglichst keinen starken Blutzuckerreiz setzen. Dabei helfen clevere Kombinationen, zum Beispiel ein gesunder Bio-Apfel mit einer Handvoll Nüsse, Kerne oder Samen, das mindert den Blutzuckerreiz.

Doc Fleck: Porträt von Doc Fleck
Doc Fleck ist als RTL-Gesundheitsexpertin im TV und durch ihren Podcast bekannt
© Brita Sönnichsen

Viele Menschen unterschätzen, wie viele kohlehydratdichte Lebensmittel sich im Alltag zusammenfinden. Das sind nicht nur die klassischen Süßigkeiten wie Kuchen oder eine Brezel, die Puddingschnecke oder das Stück Schokolade oder auch die Hustenbonbons, die zwischendurch gelutscht werden. Das sind auch die Cerealien wie ein Müsli, Knäckebrot oder Pumpernickel. All das sorgt für einen potenziellen Blutzuckerreiz.

Und wie stelle ich eine Mahlzeit am besten sinnvoll zusammen?

Eine clevere Mahlzeit ist vor allem eiweiß- und ballaststoffreich und enthält gesunde Fette. Also ein hoher Gemüseanteil, ein paar Kräuter und Eiweiß aus einer Quelle, die zu einem passt. Fett macht tatsächlich gar keinen starken Blutzuckerreiz, damit kann man das Heißhungerphänomen auch wunderbar abstellen. 

Auch Bitterstoffe müssen auf den Teller. Sie dämpfen Heißhunger und sind elementar für die Gesundheit, die guten und schlank machenden Darmbakterien arbeiten damit. Bitterstoffe stecken zum Beispiel in Rucola, Löwenzahn, Chicorée oder Radicchio. Auch schwarzer Kaffee oder grüner und schwarzer Tee enthalten einige Bitterstoffe. Meinen Patienten empfehle ich auch, sich mehrmals täglich Bitterstoffe als Spray zwischen den Mahlzeiten auf die Zunge zu sprühen. Tropfen gehen auch, aber die Präparate sollten alkoholfrei sein.

Mit welchen Lebensmitteln kann ich Heißhunger bekämpfen?

Zunächst einmal wird Hunger oft mit Durst verwechselt. Wenn man Heißhunger verspürt, sollte man als erstes mindestens ein großes Glas zimmerwarmes Wasser trinken. Und dann ist auch hier die Kombination wichtig, zum Beispiel freut sich der Magen über was Ballaststoffreiches, also eine große Portion Gemüse oder eine Gemüsesuppe. Und dazu vielleicht noch etwas Eiweiß wie ein hart gekochtes Ei oder eine Handvoll Nüsse, Kerne, Samen. Die liefern Eiweiß, Fett und Ballaststoffe gleichermaßen. Eine solche Kombination aus Eiweiß und gutem Fett hat einen sättigenden Effekt und stellt den Heißhunger unmittelbar ab.

Sind manche Menschen anfälliger für Heißhunger als andere?

Ja, das kann man schon aus der Praxis herleiten. Es lohnt sich beispielsweise, das viszerale Bauchfett analysieren zu lassen. Das schmiegt sich um die Bauchorgane und ist eine richtige Entzündungsfabrik. Menschen mit einem stark erhöhten Viszeralfett sind auch wegen dieser Entzündungsdynamik potenziell eher gefährdet.

Viszerales Bauchfett haben ja auch viele schlanke Menschen, ohne es zu wissen. Wie kann ich herausfinden, ob ich betroffen bin?

Auch da würde ich empfehlen, mindestens einmal im Jahr den nüchternen Blutzuckerspiegel bestimmen zu lassen. Man kann zwar auch den Bauchumfang messen, da gibt es ja klassische Kriterien. Aber aus meiner Erfahrung heraus ist das nicht sensitiv genug, deswegen bin ich Fan der Blutzuckerwerte. Auch ein äußerlich schlanker Mensch kann ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes, Demenz und Krebs haben, wenn er zum Beispiel eine nicht erkannte entzündliche Dynamik hat.

Generell versuche ich deshalb Menschen schon in ihren jungen Jahren dazu zu bringen, sich eigenverantwortlich um eine gute Vorsorge zu kümmern. Denn ich sehe da einen großen Mangel in unserem System. Ich glaube auch, dass in vielleicht schon einigen Jahren viele Kosten durch die Kassen nicht mehr getragen werden. Also es wird darauf hinauslaufen, dass jeder Mensch so früh wie möglich viel Eigenverantwortung übernehmen sollte. Und am besten beginnt man dafür direkt damit, sich mit Ernährung, Bewegung und Schlaf individuell auseinanderzusetzen.

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Die meisten von uns haben ja viel Stress im Alltag, in dem es eher schwierig ist, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Wie können wir Heißhunger da trotzdem vermeiden?

Wir brauchen Struktur. Regelmäßige Mahlzeiten beispielsweise beugen Heißhunger vor. Wenn der Körper spürt, da versorgt mich jemand regelmäßig, hat derjenige auch eine bessere Stoffwechselkonditionierung. Unregelmäßiges und kohlenhydratreiches Essen ist auf Dauer potenzielles Gift. Und dann muss man auch immer schauen, was zu einem persönlich passt. Nicht jeder ist zum Beispiel geeignet für Intervallfasten. Auch hier ist das Zauberwort: Individuelle Gesundheit, also auch individuelle Verträglichkeit und individuelle Vorlieben.

Die meisten Menschen sind mit einem klassischen 3-Mahlzeiten-Prinzip oft gut beraten. Manche brauchen aber auch Zwischenmahlzeiten. Und dann spielt wie gesagt noch die Zusammenstellung des Tellers eine Rolle. Der halbe Teller sollte grün und ballaststoffreich sein, dazu Kräuter, Gewürze, eine Daumennagelgröße Fett und eine Handvoll Eiweiß aus einer Quelle, die man mag und verträgt. Kohlenhydrate wie Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln sollten nur einen kleinen Anteil ausmachen. Damit hat man das Problem Heißhunger in der Regel sehr galant im Griff.

Wie sieht es bei Getränken aus?

Die dürfen wir natürlich auch nicht aus den Augen verlieren. Ein Blutzuckerreiz entsteht ja nicht nur durch Limonaden oder Energydrinks, sondern beispielsweise auch durch Milchkaffee. Am besten ist es, überwiegend Wasser oder ungesüßten Kräutertee zu trinken.

Stimmt es, dass ich mehr Heißhunger habe, wenn ich schon viele Diäten hinter mir habe?

Ja, genau deshalb funktionieren die auch nicht. Darum ist es ein Jammer, dass so viele Menschen sich immer wieder auf Diätversprechen verlassen, anstatt eine individuell passende, gesunde und auch genussfreudige Ernährungsumstellung anzugehen. Und natürlich machen sich viele Menschen ihren Stoffwechsel durch radikale Diäten kaputt. Nachgewiesen ist inzwischen auch, dass Eiweißshake-Kuren mit Süßstoffen die Darmflora ungünstig beeinflussen können. Mit den einfachen Lebensmitteln, die ich genannt habe, kann man wunderbar auch so ein Wohlfühl- und Idealgewicht ansteuern und erfolgreich halten.

*Anmerkung der Redaktion: Bei Insulin handelt es sich um ein körpereigenes Hormon, welches die Kohlenhydratenergie aus der Nahrung ins Blut schleust, um den Blutzucker wieder absenken zu können. Je höher der Blutzuckerreiz, desto mehr Insulin wird ausgeschüttet, um den Zuckerwert auf Normalniveau zu bringen. Bei einer Insulinresistenz schafft es der Botenstoff aber nicht oder nicht ausreichend, den Blutzucker zu senken.

Brigitte

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