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Jivamukti-Yoga Was ist dran am Lieblings-Yoga der Profis?

Jivamukti-Yoga: Mann macht Yoga
© mirzamlk / Shutterstock
Eigentlich hatte BRIGITTE.de-Mitarbeiterin Denise Klink mit Yoga nichts am Hut – zu ruhig und zu vergeistigt. Das dynamischere Jivamukti-Yoga wollte sie jetzt dennoch ausprobieren. Immerhin macht es auch Sharon Stone und Sting fit.

Meine erste Yogastunde vor ein paar Jahren war ein Flop: erdrückende Stille und unglaubliche Ernsthaftigkeit. Danach blieb ich lieber bei meinem wöchentlichen Herumgehampel zu lustiger Popmusik in der Gruppe, das auch Aerobic genannt wird.

Ein neuer Yoga-Trend aus den USA mit dem exotischen Namen "Jivamukti" hat mich jetzt aber doch wieder neugierig gemacht. Zwar werden auch hier die traditionellen Yoga-Positionen, die so genannten Asanas, geübt, jedoch läuft dabei laute Musik. Bei Popmusik und Sanskrit-Gesängen sind angeblich schon Madonna, Sharon Stone und Sting fit geworden. Ob das auch was für mich ist?

Als ich das Yoga-Studio betrete, liegt ein süßlicher Geruch in der Luft, der an Schokokuchen erinnert. Im hellen Kursraum versammeln sich die Teilnehmer in einer Sitzecke mit braunen Riesenkissen. In der Mitte dampft "Heiße-Liebe-Tee", es gibt vegane Gummibärchen. Ein paar Teilnehmer nippen bedächtig an ihren Tassen.

Dann erklärt die Lehrerin den Neuen, worum es bei Jivamukti-Yoga geht. Zum ersten Mal höre ich das Wort richtig ausgesprochen: mit einem weichen "J". Dschiewaaamuktiee. Das klingt gut und steht für "die Befreiung der Seele". Dahinter verbergen sich die fünf Säulen der Lehre: Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Hingabe (Bhakti), die Kraft des Klanges (Nada), Meditation und das Studium der Schriften. Uff. Ich bin beeindruckt.

Statt der erhofften Popmusik entweichen den Boxen eher meditative Klänge. Dann bekommt jede Teilnehmerin ein Blatt mit Sanskrit-Texten überreicht. Alle singen der Lehrerin nach, die mit monotoner Stimme die Sanskrit-Laute vorträgt. Üblich ist beim Jivamukti-Yoga zum Beispiel das Friedensgebet: "Sarvay bhavantu sukhinah". Die beim Singen entstehenden Vibrationen sollen gut für den Körper sein - so wie eine Massage von innen.

"Ich werde euch in der Stunde viel anfassen" , kündigt die Lehrerin an. "Das gehört dazu". Dann stellt sie ihre Hilfsmittel vor: Menthol-Gel und Lavendel-Lotion. Wir sollen an jemanden denken, dem wir unsere Energie in dieser Stunde schicken möchten. An einen Menschen, der sie braucht, an das Universum oder an etwas, das größer ist als wir. Mir fällt nichts und niemand ein, außerdem habe ich das Gefühl, meine Energie gleich selbst ganz gut brauchen zu können.

Schon bei der ersten Figur, dem nach unten gerichteten Hund, habe ich die Hände der Lehrerin im Nacken. Sorgfältig massiert sie das Menthol-Gel in meinen Nacken ein. Ich stehe bewegungslos da und spüre, wie es anfängt zu brennen. Währenddessen geht die Lehrerin reihum und verpasst jedem ihre Menthol-Behandlung.

Was dann folgt, ist eine reguläre Yoga-Stunde: Nacheinander werden die Asanas geübt. Der musikalische Hintergrund reicht von waberndem Ethno-Sound bis hin zu Vogelgezwitscher. Ich bin enttäuscht. Die Dynamik, die ich mir erhofft hatte, gibt es nicht. Stattdessen statisches Abspulen der Figuren ohne fließende Übergänge.

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Um mich herum lauter angestrengte Gesichter, keine freudige Ekstase. Bald tun mir meine Knie weh. Unter den aufmerksamen Augen der Lehrerin versuche ich dennoch, mein Bestes zu geben.

Als wir beim Schulterstand sind ("dem Besten, was Yoga zu bieten hat") und ich mit temporärem Doppelkinn versuche, meine Beine über meinem Kopf zu halten, sagt die Lehrerin zweimal hintereinander laut "Shanti, Shanti-Frieden". Ich verstehe erst "Fliegen" und frage mich, ob ich etwas falsch mache. Doch dann wiederholt sie "FRIEDEN!" und erzählt, dass man durch Yoga begreife, wie wichtig Frieden auf der Welt sei und dass man vielleicht durch Frieden die Welt noch retten könne. Was das mit meiner angestrengten Haltung zu tun haben soll, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.

Noch fünf Atemzüge und das Licht geht aus. Wir dürfen entspannen. Dazu kann sich jeder ein Augenkissen auf das Gesicht legen, das nach Lavendel riecht. "So, jetzt bekommt Ihr alle noch eine Nackenmassage", kündigt die Lehrerin an. Ein paar Handgriffe mit der Lavendelcreme, dann stehen auch schon die Teilnehmer der nächsten Stunde vor der Tür.

Ich bin erleichtert, dass es vorbei ist. Aus mir wird wohl kein Yogi mehr. Und für eine bessere Welt esse ich lieber ein paar vegane Gummibärchen.

Was ist Jivamukti-Yoga?

"Jivamukti" ist die hippere Form des traditionellen Ashtanga-Yogas und wurde 1984 von Sharon Gannon und David Life in den USA entwickelt. Im New Yorker Studio der Jivamukti-Erfinder trifft man Künstler, Popstars oder Schauspieler wie Uma Thurman und Sharon Stone. Jivamukti-Yoga besteht im Unterschied zum eher statischen Hatha-Yoga aus fließenden Bewegungsabläufen, die beinahe tänzerisch ineinander übergehen und alle Muskelgruppen trainieren. Zum spirituellen Part gehört das Singen von Mantras, Meditation und Lektionen über Glück. Jivamukti-Yoga ist etwas für Leute, die klassisches Yoga mögen und den spirituellen Hintergrund noch etwas mehr ausleben möchten. Es soll zu mehr Bewusstsein, Mut und Stärke führen. Wichtig: Man muss schon einigermaßen fit und beweglich sein, denn Jivamukti ist eine der anstrengenden Yoga-Arten.

Du willst auch?

"Jivamukti" ist eine geschützte Bezeichnung. 20.000 Euro kostet einen Trainer die komplette Zusatzausbildung, die insgesamt 500 Stunden dauert. Vielleicht ist das der Grund, warum man einen "Jivamukti"-Trainer in Deutschland lange suchen muss. "In ganz Deutschland gibt es vielleicht vierzig zertifizierte Trainer", schätzt die Hamburger Jivamukti-Lehrerin Andrea Kubasch. Etwas Recherche im Netz lohnt sich also!

Text: Denise Klink Fotos: Fotolia.com Brigitte

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