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Diäten? Nein danke! Warum wir genüsslich schlemmen

Diäten? Nein danke! : Warum wir genüsslich schlemmen
© Dan Gold/Unsplash
Das Ringen mit der Figur kennt jede Frau. Die meisten fühlen sich zu dick. Aber hat Hungern jemals geholfen? Diese Menschen verzichten nicht mehr aufs Essen

„Ich wollte gern dünner sein und schön gefunden werden“

Kristina Diener, 28, war schon als Teenager auf Diät. Ein Job-Angebot ließ sie umdenken

Als Kind war mir mein Übergewicht egal – die Erwachsenen machten es zum Thema, meine Eltern, die Ärzte. Erst als ich ins Teenie-Alter kam und mich zum ersten Mal verliebte, wollte ich gern dünner sein und schön gefunden werden. Von da an, also etwa mit zwölf Jahren, hab ich andauernd Diäten gemacht. Aber langfristig hat sich nie etwas verändert: Ich blieb bei Konfektionsgröße 44/46. Damit hab ich mich eigentlich erst vor vier Jahren angefreundet, als ich von einer Plus-Size-Agentur angesprochen wurde, ob ich als Model arbeiten möchte. Meine Auftraggeber sagen immer: „Bitte bleib so, wie du bist!“ Und ich mag auch nicht auf ein Glas Wein und Süßes verzichten, ich bin ein Genussmensch. Mir ist wichtig, dass meine Kurven straff sind, deshalb mache ich Sport, tanze Salsa und Forró.

„Ich bin mehr als mein Aussehen“

Tanja Marfo, 33, weiß: Weniger Gewicht bringt nicht mehr Zufriedenheit

Als Teenager habe ich mehrmals erfolgreich abgenommen. Was mich erstaunt hat: Ich wurde prompt anders behandelt, bekam viel mehr Aufmerksamkeit und Bestätigung. Das hat mich richtig gestört, denn ich war ja immer noch dieselbe, mit allen Stärken und allen Unsicherheiten. Schon damals hab ich begriffen: Ich bin ich. Und ich muss mich nicht normalisieren, um glücklich zu sein. Mein Höchstgewicht von 220 Kilo möchte ich nicht zurück, aber ich habe aufgehört, mein ganzes Leben ums Essen kreisen zu lassen. Interessanter Effekt: Je weniger ich darüber nachdenke, umso mehr nehme ich ab. Aber darum geht es mir gar nicht. Ich höre auf meinen Körper, liebe mich selbst. So banal das klingen mag, für mich ist das der Schlüssel zu allem. Auch mein Partner hat mir gezeigt, dass ich mich schön finden darf, so wie ich bin. Und überhaupt, dass ich als Übergewichtige alles machen darf. Auch Kanufahren und Arschbomben im Schwimmbad.

„Diäten machen mich heute nicht mehr verrückt“

Iris Bader, 62, ist gelassen geworden – im Laufe der Zeit

Wenn ich heute zurückblicke, staune ich ein bisschen. Ich war nie übergewichtig, habe aber ständig gegen die berühmten drei Kilo zu viel gekämpft. Anfang der 70er war die Atkins-Diät total angesagt, also habe ich mich quasi nur von Fleisch ernährt. Sehr gewöhnungsbedürftig, wie so vieles, das ich ausprobiert habe: die Eier-Diät, die Hollywood-Diät, die Ananas-Diät – und immer hatte ich die Kilo bald wieder drauf. Später habe ich mich lange aus beruflichen Gründen mit Themen rund um Ernährung und Figur beschäftigt und weiß, dass Frauen ab 30 alle zehn Jahre drei Kilo zunehmen. Bei mir haut das hin, ich bin neun Kilo schwerer als damals. Aber heute mache ich mich damit nicht mehr verrückt. Ich arbeite als Freelancer, mein Mann und ich leben das halbe Jahr auf Korfu. Der mediterrane Lebensstil macht es mir leicht, mich genussvoll und gesund zu ernähren. Seit den Wechseljahren habe ich diesen kleinen Rettungsring, der geht auch durch Sit-ups nicht mehr weg. Aber das ist eben so.

„Ich wollte mich zierlich hungern“

Christine Schaum, 40, war nie dick, nur groß

Ich war immer schon ein Stück größer als alle anderen Mädchen. Meine Mutter ist auch recht hochgewachsen und hat mir eher besorgt vermittelt: „Pass auf, dass du nicht zu viel wirst!“ Weiblichkeit stand für mich seitdem für Zierlichkeit, Zartheit – also das Gegenteil von mir. Ich bin 1,87 Meter und habe als Schwimmerin und Surferin zudem breite Schultern. Und bei so einer Statur können ein paar Kilo mehr tatsächlich schnell wuchtig wirken. Diäten gehörten also lange zu meinem Leben. Ich wollte mich zierlich hungern. Einmal fast bis zum Kreislaufkollaps. Eigentlich habe ich erst da begriffen, dass ich nie eine 36 tragen werde. Irgendwo hab ich diesen Satz gelesen, der hat mir gefallen: „Strong is the new skinny.“ Stark und groß kann eben doch weiblich und schön sein. Ich hoffe, meine Tochter wird auch richtig in die Höhe wachsen, damit ich ihr das mitgeben kann.

„Es ging mir miserabel“

Nicole Jäger, 33, ist Ernährungsberaterin und Autorin des Buches „Die Fettlöserin – eine Anatomie des Abnehmens“

Zwanzig Jahre habe ich mich durch Diäten gequält, am Ende wog ich 340 Kilo. Das wusste ich allerdings nicht, denn keine Personenwaage trägt so viel. Es ging mir miserabel, ich litt unter Schmerzen, konnte kaum noch stehen. Ich hatte kein Leben mehr. Eines Nachts plötzlich diese Angst: Mein Herz macht nicht mehr mit! Da wurde mir klar, dass ich mich auf einen anderen Weg begeben muss. Ich habe aufgehört, Diät zu halten, und angefangen zu essen. Ohne Schuldgefühle, ohne Verzicht. Dann statt drei Schokoriegel eben nur zwei und einen Apfel. Und ich habe mich gefragt, warum ich so viel esse, wonach ich mich in diesen Momenten wirklich sehne. Heute weiß ich: Übermäßiges Essen ist nur ein Symptom – bei mir für ein fehlendes Selbstwertgefühl. Wenn ich erwähne, dass ich Ernährungscoach bin, werde ich manchmal zweifelnd gemustert. Aber warum sollten nur schlanke Menschen übers Essen und Abnehmen reden? Bisher habe ich 170 Kilo abgenommen. Aber mein Ziel ist keine Zahl auf der Waage, sondern Zufriedenheit.

„Ihr Diät-Trip brachte uns auseinander“

Für Marc Rohde, 41, geht Liebe auch immer durch den Magen

Meine Ex-Freundin hatte eine sehr gute Figur. Trotzdem setzte sie sich eines Tages in den Kopf, sie müsse abnehmen, und hielt fortan streng Diät. Dabei ging es ihr nicht um ihre Gesundheit, sie wollte nur dünner sein. Ihr Essverhalten hat in unserer Beziehung einiges angerichtet: ausgiebig frühstücken, zusammen kochen oder beim Italiener mal fünfe gerade sein lassen – das alles ging nicht mehr. Von Genuss und Lebensfreude keine Spur. Außerdem verbrachten wir immer weniger Zeit miteinander. Während ich trainierte oder laufen ging, saß sie auf dem Sofa. Mehr Sport und weniger Hungern hätten unserer Beziehung gutgetan – und ihr ebenso. Als Personal Trainer weiß ich, wovon ich rede. Heute ist es für mich undenkbar, mit einer Frau zusammen zu sein, die eine derart negative Einstellung zum Essen und zu ihrem Körper hat.

„Ich wollte ihr ein Vorbild sein“

Gianfranca Puddu, 50, begriff den Diät-Wahnsinn, als ihre Tochter‘ immer dünner wurde

Vor zehn Jahren habe ich angefangen, Öffentlichkeitsarbeit im Lifestyle-Bereich zu machen, und habe gelernt, dass Essen dort als Disziplinlosigkeit gilt. Mittags war ich oft die Einzige, die sich beim Inder um die Ecke ein Gericht geholt hat und nicht nur ein Mango-Lassi. Aber dann hab ich mich doch von dieser Attitüde anstecken lassen und mich mit Weight Watchers auf Größe 36 verkleinert. Nach vier Jahren in der Diät-Mühle fiel mir auf, dass meine Tochter, damals 16, immer dünner wurde – Konfektionsgröße 32 bei 1,80 Meter. Da wusste ich schlagartig, dass ich vor allem auch meine Ernährung überdenken muss. Es war nicht leicht, ihr beizubringen, regelmäßig und gesund zu essen, einem Hungergefühl nachzugehen und Appetit zuzulassen. Zum Glück hat sie schnell gemerkt, dass es im Leben auf andere Dinge ankommt und dass Dünnsein keine Leistung und kein Wert an sich ist. Ich bin heute auf Veranstaltungen oft die Frau mit dem größten Umfang – bei Größe 40. Das macht mir aber gar nichts.

Weitere spannende Themen findet ihr auf dem Special zur Curvy-Week

Barbara

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