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BRIGITTE Diät 2021 BRIGITTE Balance 2021: Meditation

Brigitte Balance Konzept 2021: Frau meditiert
© Thomas von Aagh
Gar nicht so easy, sein Leben auf gesund umzukrempeln. Vor allem, wenn‘s für länger sein soll. Wie wir loslegen und vor allem dranbleiben, erklärt unser Achtsamkeitsexperte Boris Bornemann.

1. Anfang des Jahres nehmen sich alle vor, gesünder zu leben. Wie finde ich raus, ob ich das auch selber wirklich will?

Bei allen Vorhaben, die uns so durch den Kopf geistern, ist es gut, unsere Motivation zu prüfen. Worum geht es mir? Sind es andere Personen, die mich drängen? Folge ich den diffusen Vorstellungen eines gelungenen Lebens aus den hochpolierten Bildern eines Lifestyle-Blogs, in dem alle immer schlank sind und nur Salat essen? Oder gibt es wirklich ein tiefes eigenes Anliegen? Wir können uns hinsetzen und fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Oder: Was wünsche ich mir von Herzen? Uns Zeit nehmen, den atmenden Körper spüren, Bilder und Gefühle entstehen lassen. Wenn wir so mit uns allein sind, fallen die von außen eingegebenen Vorstellungen allmählich ab. Wir spüren deutlicher, was es ist, was wir uns selbst für unser Leben wünschen.

2. Warum fällt uns Veränderung oft so schwer?

Weil sie Kraft braucht, und vor allem ausdauernde Motivation. Unser Nervensystem funktioniert wie ein System vieler Wasserkanäle. Einige dieser Kanäle sind sehr tief gegraben, führen sehr viel Wasser. Das sind unsere stärksten, ältesten Gewohnheiten. In einem schmalen, neu angelegten Kanal fließt das Wasser zunächst nur sehr zaghaft. Wir müssen beständig an den Schleusen stehen und die Ströme umleiten – also bemerken, wenn wir wieder dabei sind, unserer alten Gewohnheit zu folgen, und uns an unseren Wunsch erinnern, etwas Neues auszuprobieren. Aber je häufiger uns das gelingt, umso mehr fließt das Wasser ganz von selbst: Die neue Gewohnheit hat ihre Bahn gefunden.

3. Etwas zu wollen und etwas zu machen, ist ein Unterschied. Wie komme ich ins Tun?

Wichtig ist, dass ich mich immer wieder an meine Motivation erinnere, sie im Körper spüre. Eine tägliche Meditationspraxis kann dabei helfen. Wir setzen uns hin, spüren uns. Machen uns klar, was wir uns wirklich wünschen. Dabei lassen wir auch die angenehmen Gefühle zu, die mit unserem Wunsch verbunden sind. Wie schön es wäre, beweglicher und gesünder zu sein. Wie viel befreiter wir atmen würden, wenn wir nicht mehr rauchen würden. Dann planen wir einen konkreten Schritt, erstmal nur für diesen Tag: 20 Minuten Yoga. Oder: Heute rauche ich nur am Abend. Ich empfehle, das Verhalten schrittweise zu ändern und sich selbst feiern, wenn etwas gelungen ist. Das Dopaminsignal, also die Freude und das Glücksgefühl, ist wichtig, um neue Gewohnheiten zu verankern.

4. Wie finde ich das Ziel und den Weg, die zu mir passen?

Eine US-Studie belegt, dass uns Ziele am glücklichsten machen, die auf persönliches Wachstum abzielen: auf Intimität, Freundschaft, Selbstakzeptanz. Oder Ziele, bei denen wir das Gefühl haben, zu einer besseren Welt beizutragen. Wenn wir rein auf äußere Dinge wie Aussehen oder Geld fixiert sind, macht uns das hingegen weniger froh. Wir sollten also schauen, dass sich unsere Neujahrsvorsätze, zum Beispiel gesünder zu essen, sich mehr zu bewegen oder sich um sein psychisches Wohlergehen zu kümmern, mit diesen glücksfördernden, höheren Zielen verbinden. Wie werde ich zum Beispiel durch Sport agiler, entspannter oder bekomme mehr Energie? Wie hilft mir das dabei, mich mit anderen besser zu verbinden und ein sinnstiftendes Leben zu führen?

5. Und wie starte ich am besten?

Wir dürfen ruhig da loslegen, wo uns die Veränderung am leichtesten fällt. Entweder, weil es ein kleiner Schritt ist, zum Beispiel immer die Treppe anstatt des Aufzugs oder der Rolltreppe zu nehmen. Oder weil wir aus irgendeinem Grund sehr motiviert sind, genau dieses Ziel als erstes anzugehen. Wenn wir eine Veränderung umgesetzt haben, entsteht Energie, die eine Kettenreaktion in Gang bringen kann. Denn erstens sind wir stolz, dass wir etwas geschafft haben. Zweitens kommen wir überhaupt ins Handeln. Und drittens setzt die Veränderung selbst meist Kraft frei: Wenn wir eine Runde laufen gehen, statt weiter fernzusehen, sind wir hinterher zufriedener, besser durchblutet, wacher. So haben wir Kraft, die nächste Veränderung anzugehen – es entsteht eine Aufwärtsspirale. Es ist auch wichtig, Geduld zu haben. Manchmal merken wir schon nach wenigen Tagen Sport und veränderter Ernährung, dass es uns besser geht. Andere Veränderungen brauchen allerdings mehr Zeit, manchmal Monate.

6. Plötzlich ist da dieses Motivationsloch, ich habe keinen Bock mehr. Wie schaffe ich es, dranzubleiben?

Es hilft sehr, von vornherein anzunehmen, dass es Schwierigkeiten auf dem Weg geben wird, uns aber täglich an die Motivation und unser Ziel zu erinnern. Wir können unseren Veränderungsprozess als eine Art Heldenreise begreifen. Zu Anfang gibt es die Verlockungen und das große Versprechen, für das wir aufbrechen. Und zwischendurch begegnen uns Hindernisse. Prüfungen, die es zu meistern gilt. Manchmal scheinen sie beängstigend groß. Auch wenn wir uns manchmal wünschen, dass immer alles einfach wäre: Würden wir einen Film sehen wollen, in dem es keine Schwierigkeiten gibt? Eben! Das Leben wird auch durch seine Herausforderungen lebenswert.

7. Mich überfällt oft Heißhunger auf Schokolade oder Chips. Was nun?

Wir können uns fragen: Wie werde ich mich morgen fühlen, wenn ich aufwache und auf den gestrigen Tag zurückblicke? Manchmal motiviert uns das gute Gefühl, ganz im Einklang mit unseren Vorstellungen gelebt zu haben. Manchmal helfen aber auch nur äußere Kontrollen: Wir müssen die Dinge, die uns schaden, aus dem Haus verbannen – also zum Beispiel gar keine Schokolade einkaufen. Regelmäßige Mahlzeiten sind übrigens eine gute Basis, um den Blutzucker konstant zu halten. So nascht man nicht aus körperlichem Hunger. Oft steckt aber auch ein emotionales Bedürfnis hinter dem Impuls. Dann ist es gut, kurz innezuhalten, den Körper und die Gefühle zu spüren. Um dann noch tiefer zu schauen und zu gucken, welches Bedürfnis hinter dem Gefühl steckt. Zum Beispiel könnte ich merken: Ich bin frustriert. Ich wünschte, ich hätte diese Arbeit bereits abgeschlossen. Dann kann ich mir klarmachen, dass diese schwierigen Gefühle völlig normal sind. Und ich kann mich weiter fragen, was mir jetzt statt naschen gut tun würde – ein Glas Tee trinken vielleicht? Oder Sonne im Gesicht?

8. Muss ich unbedingt meditieren, wenn ich mein Leben verändern will?

Es gibt natürlich auch andere Wege, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Zum Beispiel kann ich ein Coaching machen oder eine Ernährungsberatung. Aber mit Meditation bekomme ich die Mittel selber in die Hand, die mir helfen, mich zu reflektieren und an meinen Zielen dran zu bleiben. Die Forschung zeigt, dass wir durch Meditation unseren Körper besser spüren und unsere Gefühle klarer wahrnehmen. Dadurch essen wir intuitiver und können auch unsere Bedürfnisse deutlicher erkennen. Uns auf eine liebevolle, unterstützende Art täglich selber zur Seite zu stehen – das lernen wir durch Meditation.

Dr. Boris Bornemann, 36, ist Psychologe, Neurowissenschaftler und die Stimme der Meditations-App "Balloon" (borisbornemann.de)

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